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Damit Jennifer wieder lachen kann

Jennifer Bulang hat einen Traum: Tore werfen für die Görlitzer Handballerinnen – vor 500 Zuschauern. Nach einer Schockdiagnose geht es jetzt aber um viel mehr. Jeder kann helfen.

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© privat

Von Frank Thümmler

Das sind die schönsten Momente im Leben der 16-jährigen Jennifer Bulang: Ausgelassen jubeln, Erfolge feiern – inmitten ihrer Handball-Freundinnen von Koweg Görlitz und vom OHC Bernstadt. Ihr großer Traum: die erste Frauenmannschaft von Koweg Görlitz, in der voll besetzten Jahnsporthalle ein Tor werfen, die tolle Stimmung als Spielerin auf dem Feld erleben. Das alles ist jetzt erst einmal weg – Blutkrebs, eine Vorstufe davon.

Jennifer spielt schon seit neun Jahren Handball, fast immer bei Koweg Görlitz und leistungsorientiert. Im Klartext: drei- bis viermal Training pro Woche, fast an jedem Wochenende Spiele – eine Riesenbelastung für Jennifer und ihre Eltern. Zur Familie gehört noch der elfjährige Justin, der beim NFV Gelb-Weiß Görlitz dem Ball nachjagt und dort zu den vielversprechenden Talenten zählt.

Für Jennifer ist der Handball trotz des Aufwandes ein Riesenspaß – ihr liebstes Hobby. Sie spielt Rückraum Mitte, kann auch mit links passen, ist so etwas wie die Spielmacherin und gibt als aufgewecktes Mädchen die Kommandos. Weil es vor gut einem Jahr in Görlitz keine B-Juniorinnen Mannschaft gibt, wechselt sie nach Bernstadt, hat auch die Vorbereitung in dieser Saison dort angefangen. Anfang September ändert sich alles. Sie bekommt schlecht Luft, ist konditionell nicht so gut drauf wie sonst und vor allem: Sie hat blaue Flecken am ganzen Körper.

Im Frühjahr noch hatte sie die auf den Handball geschoben. Da prallt man schon mal gegen jemanden, wird hart angefasst. Anfang September aber ist Sommerpause, schon seit Monaten. Und die blauen Flecke sind trotzdem da. Sie geht zum Arzt und wird in die Kinderabteilung des Klinikums überwiesen. Dort wird ihr Blut abgenommen. Dann der Anruf: Die Blutwerte seien im Keller und sie müsse zu weiteren Untersuchungen nach Dresden, in die dortige Kinderklinik. Dort hört sie das erste Mal das Wort Leukämie. „Blutkrebs, das war ein Riesenschock“, sagt sie. „Und man fragt sich: Warum? Ich habe gesund gelebt, Sport getrieben, mich eigentlich gut gefühlt.“

Alle sieben Tage Transfusionen

Drei Tage ist sie in Dresden. Die Diagnose erhärtet sich, steht schließlich fest: MDS – myelodysplastisches Syndrom. Dabei verlieren die Zellen des Knochenmarks ihre Fähigkeit, reife Blutzellen zu bilden. Wenn es im Körper zu wenige rote Blutzellen gibt, kommt es zu einer Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff und damit zu verminderter Leistungsfähigkeit und andauernder Müdigkeit. Die Symptome verschlimmern sich nach und nach. Vorübergehende Rettung bringen Bluttransfusionen. Jennifer erhält alle sieben Tage Transfusionen, ihr Blut wird praktisch ausgetauscht.

Heilen, und damit ihr Leben retten, kann aber nur eine Stammzellentransplantation. Diese Chance besteht nur deshalb, weil Jennifers allgemeiner Gesundheitszustand gut ist. Aber es muss ein Spender gefunden werden. Unter den 5,7 Millionen registrierten Spendern der Deutschen Knochenmarksspenderpartei (DKMS) findet sich keiner, bei dem die Gewebemerkmale ausreichend übereinstimmen. Die Chance, so jemanden zu finden, ist in der Familie am größten – aber Fehlanzeige. Also müssen neue Spender her. Und die Wahrscheinlichkeit, dass es Treffer gibt, ist in der Heimatregion des Erkrankten am größten, belegen alle Erfahrungen.

Am 5. Dezember, von 11 bis 16 Uhr, findet im Augustum-Annen-Gymnasium in Görlitz eine Typisierungsaktion statt, organisiert vom Görlitzer Pflegedienst „Lebenswert“, der Familie und der DKMS. Je mehr kommen, desto größer die Chancen für Jennifer.

Ungewollte Popularität

Die Unterstützung, die das 16-jährige Mädchen und ihre Familie erhalten, ist enorm, die ungewollte Popularität ihr fast peinlich. Die Handballvereine OHC Bernstadt und Koweg Görlitz werben für die Typisierungsaktion, stellen Helfer. Jennifers „Dreamteam“, die Görlitzer Koweg-Handballerinnen, haben vor dem Heimspiel am Sonntag mit einem Plakat dafür geworben. Jennifers Schulklasse unterstützt sie. Landrat Bernd Lange ist Schirmherr, genauso wie der Zgorzelecer Bürgermeister Rafal Gronicz, der auch im Ostteil der Stadt eine Typisierungsaktion organisiert. Viele medizinisch Ausgebildete stehen als Blutabnehmer (für ein Fünf-Millimeter-Röhrchen) zur Verfügung: Auch Helfer für die Datenerfassung, den Auf- und Abbau, die Verpflegung usw. sind schon da, werden aber auch noch gesucht (Email-Adresse für Interessenten: [email protected]).

Begleitet wird die Görlitzer Aktion am 5. Dezember von einem kleinen Rahmenprogramm. Entertainer Thomas Maika und Gitarrenkünstler Marc Winkler sorgen für Unterhaltung. Es gibt Suppe, Kuchen, Glühwein … Jetzt müssen nur noch möglichst viele potenzielle Stammzellenspender kommen. Es ist ein kleiner Pieks. Es entstehen dem Spender keine Kosten. Und es kann Jennifer Bulang die schönsten Momente in ihrem Leben zurückbringen. Damit sie wieder lachen kann – so wie auf dem Foto.

Was man wissen muss

Registrierungsaktion für Jennifer am 5. Dezember, 11 bis 16 Uhr in Görlitz, Augustum-Annen-Gymnasium (Annengasse 4), hinter dem Dicken Turm

Wer kommt als Spender infrage? Jeder zwischen 17 und 55 Jahre, gute Gesundheit, mindestens 50 kg, kein starkes Übergewicht (BMI ‹ 40)

Was wird gemacht? Es werden fünf Milliliter Blut abgenommen, um die Gewebemerkmale bestimmen zu können, und persönliche Daten erfasst.

Was passiert bei einer Spende? In 80 Prozent wird ähnlich wie bei einer Plasmaspende Blut entnommen, nachdem zuvor fünf Tage lang ein Medikament verabreicht wurde, dass die Anzahl der Stammzellen steigert. Beim Rest wird Knochenmark unter Vollnarkose direkt entnommen. Kosten entstehen keine, Verdienstausfall wird bezahlt.

Gibt es weitere Termine für Jennifer? Das ist nicht geplant. Wer am 5. Dezember verhindert ist, kann sich auch beim Hausarzt oder der DKMS direkt (www.dkms.de) registrieren lassen.

Wie kann man noch helfen? Mit Geldspenden. Nach Angaben der DKMS kostet jede Registrierung 40 Euro. Ohne Spenden funktioniert das System nicht. Für Jennifer hat die DKMS ein Spendenkonto eingerichtet: Berliner Bank, IBAN DE61 1007 0848 0151 2318 05, BIC DEUTDEDB110.