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Damit es nicht mehr stinkt

Jetzt im Frühjahr wird Gülle auf die Felder in der Oberlausitz ausgebracht – mit einem besonderen Verfahren.

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© Uwe Soeder

Von Stefan Schramm

Aus großer Entfernung betrachtet, hat die monströse Maschine da auf dem Feld beim Malschwitzer Ortsteil Brießnitz etwas von einem riesigen Lkw aus dem Bergbau oder einem Mähdrescher. Doch bei näherem Hinsehen wird schnell klar: Sie dient einem anderen speziellen Zweck. Sie ist dazu da, Gülle in die Erde zu bringen. Und zwar möglichst geruchlos. Denn ab und an rümpften Anwohner die Nase. Das vor allem aus Urin und Kot landwirtschaftlicher Nutztiere bestehende Gebräu sei eine Geruchsbelästigung und auch eine Gefahr für Gewässer, sagen sie. Die würden von organischen Stoffen verschmutzt.

Das hochtechnisierte Gefährt gehört der Budissa Agrarprodukte AG mit Sitz in der Bautzener Ortschaft Niederkaina. Das Unternehmen betreibt auf mehr als 9 000 Hektar Fläche im Bautzener Umland Landwirtschaft, der größte Teil davon sind Äcker. Mit 200 Arbeitsplätzen ist es ein wichtiger Arbeitgeber in der Region. In den Budissa-Ställen stehen unter anderem rund 10 000 Schweine und mehr als 5 000 Rinder. Allein in der Milchviehanlage Preititz leben 2 000 Kühe. „Die Tiere werden hauptsächlich mit Gras- und Maissilage sowie Kraftfutter von eigenen Feldern ernährt“, erklärt Thomas Rönsch von der Budissa.

Wichtige Nährstoffe für Pflanzen

Was vorn reingeht, muss hinten aber auch wieder raus. Kurzum: Bei der Tierhaltung fällt Gülle an, und zwar in großen Mengen, zu Tausenden Tonnen pro Jahr. „Manche Leute sagen scherzhaft, die Milch sei nur das Nebenprodukt bei der Gülleproduktion“, lacht Thomas Rönsch. In Wahrheit kommt aber auch der Gülle eine wichtige Funktion zu: Sie enthält wichtige Nährstoffe für die Pflanzen, die sie aber nur während ihrer Wachstumsphase benötigen. Deshalb sieht man jetzt zu Beginn der Vegetationszeit vermehrt Gülletraktoren auf dem Lande. Im November, Dezember und Januar darf Gülle nicht auf Feldern verteilt werden. Um sie unter anderem während dieser Zeit zu speichern, gibt es bei der Budissa in Kleinbautzen ein 30 000 Kubikmeter fassendes Güllelager.

„Aus der DDR-Zeit verfügen wir über ein unterirdisches Pipeline-System, über das die Gülle zu Entnahmestationen gepumpt wird“, erklärt Rüdiger Proft, der bei der Budissa in Preititz die Pflanzenproduktion leitet. Ein Traktor oder ein Lkw mit einem Gülletank müsse nur eine der Entnahmestationen ansteuern und dann auf kurzen Wegen zu dem jeweiligen Feld fahren, das gedüngt werden soll. Dort übernimmt dann die Maschine. Der Fahrer manövriert den Tankstutzen an den Güllebehälter und saugt damit die Gülle heraus. Über ein Leitungssystem wird sie dann direkt in die zuvor aufgerissene Erde eingebracht. Direkt nachdem der Grubberzinken die Erde passiert hat, fällt sie wieder zurück und deckt die aufgetragene Gülle gleich wieder ab.

Mit Anwohnern arrangieren

„Da ist absolut nichts zu riechen“, sagt Rüdiger Proft, als er unmittelbar neben der Maschine steht. Über zwei dieser Gülleausbringer verfügt das Unternehmen. Jede schafft rund 1 000 Kubikmeter pro Tag. Etwa 25 Kubikmeter Gülle werden pro Hektar verteilt – oder besser: untergegrubbert. Eine neue Gesetzgebung sieht vor, dass dieses System obligatorisch ist. Die Gülle darf nicht oberflächlich verteilt, sondern muss gleich eingearbeitet werden. „Wir machen das schon seit 1996“, sagt der Budissa-Vorstandsvorsitzende Johannes Pietschmann. Deshalb gebe es heute nur noch selten Probleme mit Anwohnern. „Wir arrangieren uns und gehen aufeinander zu“, sagt Johannes Pietschmann. Dazu gehöre zum Beispiel auch, dass man zum Sonntagvormittag nun nicht gerade auf ortschaftsnahen Feldern Gülle verteilt. Seit nunmehr acht Jahren enthalte die Budissa-Gülle zudem einen Zusatzstoff. Dieser sogenannte Stabilisator binde die wichtigen Stickstoffverbindungen als natürlichen Pflanzendünger länger und belaste somit das Grundwasser weniger. Das System sei empfehlenswert.

Doch die Budissa weiß das „Abfallprodukt“ Gülle auch auf andere Art und Weise zu nutzen. Seit 2007 ließ das Unternehmen vier Biogasanlagen an seinen Standorten in Preititz, Kubschütz, Oberförstchen und Niederkaina bauen. Befeuert werden sie vor allem mit Gülle, aber auch mit Futterresten und Mais. Dadurch erzeugt das Unternehmen Strom, den es dann verkauft und ins öffentliche Netz einspeist. Zudem entsteht bei dem Prozess Wärme, mit der die Budissa Ställe, Produktionshallen, Büros und Wohnungen beheizt.