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Damit ein Kind nicht in die Krise führt

Fast 2.000 werdende Eltern suchten Rat beim Roten Kreuz. 400 mehr als vor fünf Jahren. Neben Abtreibung geht es dabei oft um Geldfragen.

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Von Juliane Richter

Immer mehr Schwangere suchen sich Hilfe bei der Beratungsstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Dresden. Nutzten im Jahr 2005 noch 1.546 werdende Eltern das Beratungsangebot, waren es fünf Jahre später bereits 1935 Ratsuchende. „Die Zahlen für 2010 haben wir noch nicht komplett, aber wir gehen von einer weiteren Steigerung aus“, sagt Sabine Richter, Leiterin der Beratungsstelle.

Jede sechste Frau sucht Rat zum Thema Abtreibung. Die meisten werdenden Eltern brauchen jedoch Hilfe in Fragen rund ums Geld. Besonders oft kommen alleinerziehende Mütter zur Beratung. „Ständig gibt es gesetzliche Änderungen, wie zum Beispiel, dass seit diesem Jahr das Elterngeld auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird“, sagt die Beratungsstellen-Leiterin Sabine Richter. 80 Prozent der Ratsuchenden leben von Hartz-IV.

Auch Cornelia Rönitzsch und ihr Partner Thomas Küchler haben sich vor der Geburt ihrer Tochter Melina an das DRK gewandt. „Ich habe zwar schon eine zwölfjährige Tochter. Seit der ersten Geburt hat sich mit den ganzen Anträgen aber viel verändert. Wir wollten einfach sicher gehen, dass wir alle nötigen Schritte zur richtigen Zeit machen“, sagt die 36-jährige Mutter.

Geld für die Erstausstattung

Die Beratungen sind für Hilfesuchende kostenlos. Die Experten des DRK zeigen den angehenden Eltern verschiedene Fördertöpfe auf, um mit finanzieller Hilfe den Start mit Kind zu meistern.

Dazu gehört auch der Antrag an die Stiftung „Familien Stärken“, die einkommensschwachen Familien die Erstausstattung des Neugeborenen finanziert. Diese Chance haben auch Melinas Eltern genutzt und Kinderwagen und -bett gekauft. Thomas Küchler arbeitet als Lokführer, doch sein Geld reicht derzeit nicht, um die Familie zu ernähren. Deshalb sind sie auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Je nach Einkommen werden den Eltern von der Stiftung einmalig bis zu 900 Euro zur Verfügung gestellt. „2010 haben wir gemeinsam mit den Schwangeren 230 Anträge an die Stiftung gestellt. Knapp 124000 Euro wurden daraufhin ausgezahlt“, sagt Sabine Richter. Doch viele Eltern wissen nicht, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt und dass der Antrag bis zur 20.Schwangerschaftswoche gestellt werden muss.

Damit es nach der Geburt des Kindes zu einem reibungslosen Ablauf der Behördengänge kommt, ist ein fester Zeitplan notwendig. Cornelia Rönitzsch und Thomas Küchler waren während der Schwangerschaft einmal im Monat in der Beratung. „Wir haben gemeinsam alle Anträge auf Elterngeld, Kindergeld und für die Stiftung fertig gemacht. Und natürlich kamen auch solche Dinge wie die Krankenversicherung fürs Kind hinzu“, sagt der 46-jährige Küchler.

Seine Partnerin ließ sich schon einmal von Sabine Richter helfen und vertraut ihr. „Schon lange vor meiner Schwangerschaft war ich hier zur Lebensberatung. Damals war ich arbeitslos und alleinerziehende Mutter. In langen, intensiven Gesprächen hat mir Frau Richter geholfen, wieder neuen Lebensmut zu fassen.“

Wenig später fand sie in Thomas Küchler einen neuen Mann. Als dann die Schwangerschaft feststand, suchte Cornelia Rönitzsch wieder die DRK-Beraterin auf und fand erneut Hilfe. „In meinem Alter war ich ja eine Risikoschwangere. Die Aussagen der Ärzte haben mir schon manchmal Angst gemacht.“ Die vertrauten Gespräche mit Sabine Richter gaben ihr die nötige Gelassenheit zurück.

Aktenordner unterm Arm

Am 18. August 2010 kam dann Tochter Melina gesund auf die Welt. Vater Thomas Küchler klemmte sich einen dicken Ordner unter den Arm und erledigte die Behördengänge. „Wir waren so gut vorbereitet, dass alles ganz schnell und unkompliziert ging.“

DRK-Beratungsstelle, Bremer Straße 10d, Sprechzeit Mo 14–16; Di/Do 8–18; Mi 9–17; Fr 9–12 Uhr oder telefonisch unter 4678108.