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Damit der Klang stimmt

Im Kulturpalast wird jedes Detail geplant und der Denkmalschutz streng beachtet. Das gilt aber nicht für die Treppengeländer.

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© Norbert Neumann

Von Bettina Klemm

Der Anspruch ist hoch: Dresdens Kulturpalast soll eine Akustik erhalten, die sich mit den besten Sälen weltweit messen kann. So kann die Dresdner Philharmonie in etwa eineinhalb Jahren in höchster Qualität zu hören sein. Um das zu erreichen, arbeiten die Architekten des Hamburger Büros gmp, Gerkan, Marg und Partner, eng mit den Akustikern des niederländischen Unternehmens Peutz Akustik zusammen.

Ein kleines Stück vom künftigen Konzertsaal ist bereits aufgebaut. Das Modell in Originalgröße dient der Feinabstimmung.
Ein kleines Stück vom künftigen Konzertsaal ist bereits aufgebaut. Das Modell in Originalgröße dient der Feinabstimmung. © Norbert Neumann
Fassungslos schaut Architekt Christian Hellmund auf die Treppengeländer. Sie müssen alle erneuert werden.
Fassungslos schaut Architekt Christian Hellmund auf die Treppengeländer. Sie müssen alle erneuert werden. © Norbert Neumann

Der neue weinbergförmige Saal wird kleiner und vor allem an den Seiten schmaler. Er bietet künftig Platz für 1 785 Konzertbesucher. Für die Feinplanungen hat das 1954 gegründete Unternehmen Peutz ein Modell im Maßstab 1:10 anfertigen lassen. „Wir arbeiten zudem mit verschiedenen Laboren zusammen, um beispielsweise die Qualität verschiedener Materialien zu überprüfen“, erklärt Margriet Lautenbach von Peutz Akustik. Die Planungen führten dazu, dass der Saal etwas höher als ursprünglich vorgesehen wird und so ein größeres Volumen erhält.

Für die letzte Feinplanung wurde jetzt eine mehr als fünf Meter lange Musterachse im Originalmaßstab geschaffen. So lassen sich Struktur der Gipswände, Faltung der Decke, indirekte Beleuchtung sowie Parkett und Wandverkleidung aus Roteiche gut erkennen. Die Wandteile sind mindestens 40 Kilogramm je Quadratmeter schwer und setzen eine umfangreiche Stahlkonstruktion voraus. Die Faltung der Decke in Form von spitzen Dreiecken lässt sich später auch noch ein wenig nachjustieren, um den Klang zu optimieren. Die Stühle wurden extra für den Konzertsaal entworfen. Im Saal wird von oben nach unten gebaut. Erste Deckenelemente sind auf eine Stahlunterkonstruktion gesetzt.

Frauke Roth, Intendantin der Dresdner Philharmonie, bereitet bereits die Saison 2017/18 vor. Sie geht fest davon aus, dass der Kulturpalast zum 31. März 2017 übergeben wird. Das Umbauprojekt liege im Plan, auch die Kosten werden nach derzeitigem Stand eingehalten, versichert Bauherr Axel Walther von dem städtischen Unternehmen KID. In den Kulturpalast ziehen neben der Philharmonie die Städtischen Bibliotheken und die Herkuleskeule ein.

Das 1969 eröffnete Gebäude steht unter Denkmalschutz. Es bleibt in seiner äußeren Gestalt weitgehend erhalten, versichert gmp-Architekt Stephan Schütz. Auch das Foyer und die Kunstwerke stehen unter Schutz. Jedes Detail wird streng mit dem Denkmalschutz abgestimmt. Im ersten Obergeschoss ist derzeit eine Musterdecke mit Lampen und Hinweisschildern angebracht. Es handelt sich um eine „Mogidecke“, eine monolithische Gipskonstruktion. „Wir haben sehr viel experimentiert. Während der Ausschreibung kam ein Vertreter der Firma Lindner und erzählte, dass er in seiner Jugend als Stuckateur derartige Decken eingebaut hat“, erzählt KID-Projektleiter Thomas Puls. Nun werden die Deckenplatten wie einst gegossen.

Im Original blieben auch die Treppen erhalten. Deren Stufen und Geländer wurden sorgsam mit Holz verkleidet, um sie während der Bauphase zu schützen. Nun ist der zuständige Architekt Christian Hellmund sehr enttäuscht. Weil der Abstand zwischen den Streben im Geländer 14 Zentimeter beträgt, aber nur zwölf gestattet sind, müssen nun alle Geländer erneuert werden. Das sind etwa 700 laufende Meter und sehr hohe Zusatzkosten. Für 100 Meter sind etwa 100 000 Euro zu bezahlen. Beim Anatomischen Theater in Berlin beispielsweise gebe es Ausnahmeregelungen. Dort hat sich die Denkmalpflege durchgesetzt. Das würde sich Hellmund auch für den Dresdner Kulturpalast wünschen.