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Daheim im Schloss

Ortrud Rentsch lebt seit drei Jahren im betreuten Wohnen in Gröba. Von ihrem Zimmer aus hat sie sogar Elbblick.

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© Sebastian Schultz

Von Dörthe Gromes

Riesa. Der Umzug von der eigenen Wohnung ins Pflegeheim oder ins betreute Wohnen fällt den meisten Menschen schwer. Die Strehlaerin Ortrud Rentsch entschied sich vor drei Jahren mit ihrem damals noch lebenden Mann für diesen Schritt. Sie hat ihn nicht bereut: „Besonders gefällt mir, dass ich nun in einem Schloss wohne“, erzählt sie. Außerdem sei ein Altbau ohnehin gemütlicher als ein neugebautes Haus.

Besonders schätzt sie den Blick ins Grüne. Kunstblumen und schöne Gegenstände sind überall sorgsam dekoriert.
Besonders schätzt sie den Blick ins Grüne. Kunstblumen und schöne Gegenstände sind überall sorgsam dekoriert. © Sebastian Schultz
Von 1949 bis 1972 beherbergte das Schloss schon einmal ein Seniorenheim. Damals hieß es „Clara Zetkin“.
Von 1949 bis 1972 beherbergte das Schloss schon einmal ein Seniorenheim. Damals hieß es „Clara Zetkin“. © Sebastian Schultz

Ihre Wohnung befindet sich im zweiten Stock des Gröbaer Schlosses, in dem seit 2012 Senioren betreut wohnen können. Das heißt, die Bewohner bekommen von den rund 40 Mitarbeitern bei den Dingen Hilfe, die sie allein nicht mehr bewältigen können. Träger der Einrichtung ist das Unternehmen Advita Pflegedienst, das voraussichtlich im Herbst in Riesa-Weida ein weiteres Haus eröffnen wird.

Ortrud Rentsch sitzt im Rollstuhl und ist froh, dass sie die Unterstützung bekommt, die sie braucht. „Von oben bis unten ist hier ein gutes Team“, sagt die 90-Jährige. Zu den Pflegekräften, die unter anderem aus Sibirien, Kasachstan und der Ukraine kommen, hätte sie ein sehr gutes Verhältnis, Probleme mit der Sprache gäbe es keine.

Die Fenster ihrer Zweizimmer-Eckwohnung blicken sowohl in den grünen Schlosspark vor dem Haus als auch hinüber zur Elbe. Das helle, großzügige Wohnzimmer beherbergt auch eine kleine Kochnische. Zwar wird für die Bewohner im Haus gekocht, aber wer möchte, kann sich seine Mahlzeiten auch selbst zubereiten. Diejenigen, die das Essen nicht zusammen mit den anderen Senioren im Speisesaal einnehmen mögen, bekommen es aufs Zimmer gebracht. – Ortrud Rentsch jedoch schätzt die Geselligkeit, die diese gemeinsamen Mahlzeiten bieten. „Das Essen schmeckt fast immer“, kommentiert die Seniorin die Leistung der zwei hauseigenen Köche.

Einen Teil der Möbel aus ihrer alten Wohnung konnte Ortrud Rentsch auch in ihrem neuen Quartier wieder aufstellen. Auf dem Couchtisch liegt eine geklöppelte Tischdecke, auf der neben einer Blumenvase zwei Fellhäschen sitzen. In der Schrankwand stehen etliche Kristallgläser und bunte Vasen, außerdem viele Bücher.

Vier Jahrzehnte lang hat Ortrud Rentsch Deutsch, Erdkunde und Astronomie an der Mittelschule in Strehla unterrichtet. „Ich war sehr gern Lehrerin. Mit 60 Jahren bin ich dann in Rente gegangen“, erinnert sie sich. Einige ihrer ehemaligen Schüler würden sie auch heute noch besuchen kommen.

Höhepunkte ihres Berufslebens seien die Klassenfahrten nach Rostock gewesen: „Davon schwärmen manche Schüler bis zum heutigen Tage“, sagt sie. In der Hansestadt ist Ortrud Rentsch aufgewachsen, ihr Vater sei sogar einige Jahre lang Oberbürgermeister der Stadt gewesen. „Nach Strehla bin ich der Liebe wegen gekommen“, sagt die frühere Lehrerin verschmitzt. Dekorative Wandteller mit maritimen Motiven erinnern an ihre mecklenburgische Herkunft.

Ihre ganze Wohnung – insgesamt gibt es 17 im Schloss – ist behindertengerecht umgebaut. Türen und Durchgänge sind so breit, dass ein Rollstuhl durchpasst. Von der Wohnungstür sind es nur wenige Meter bis zum Fahrstuhl. Aufgrund ihrer Behinderung ist Ortrud Rentsch aber nur noch selten unterwegs. „Die Ärzte kommen zum Glück zum Hausbesuch vorbei“, sagt sie. Alle 14 Tage fährt am Schloss ein Verkaufswagen vor, bei dem sich die Senioren mit Lebensmitteln eindecken können. „Es findet sich immer jemand, der einem etwas mitbringt“, erklärt die Rentnerin. „Es ist wichtig, gute Leute um sich zu haben“, gibt sie dem Besuch mit auf den Weg.

Wohnen Sie auch „anders“? Dann melden Sie sich bei uns in der Lokalredaktion Riesa: [email protected] oder telefonisch unter Telefon 03525 72415715. Ihr Wohnort – ob Riesa, Strehla, Nünchritz, Zeithain oder Gröditz – spielt dabei keine Rolle. Wir freuen uns!