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Dachse fressen Eisweintrauben weg

Auch Waschbären werden für Winzer im Elbtal zum Problem. Die Tiere sind geschickt und haben Hunger.

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Von Christiane Raatz

Elbland. Den Tieren hat es geschmeckt: Dachse haben den Eiswein-Bestand eines Radebeulers Winzers vernichtet. „Einige Hundert Kilogramm Riesling-Trauben in bester Lage, dem Radebeuler Goldenen Wagen“, sagte Karl Friedrich Aust. Auf vier langen Rebzeilen hatte der Weinbauer die Trauben hängenlassen, um daraus die begehrte Rarität zu keltern.

Bei der Eisweinlese muss es über mehrere Stunden mindestens minus sieben Grad kalt sein, damit die Trauben beim Keltern noch durchgefroren sind. Den wirtschaftlichen Schaden beziffert Aust auf 5 000 bis 7 000 Euro. Ein halber Liter Eiswein wird für mehr als 50 Euro verkauft.

Am vorvergangenen Wochenende, als der Winzer nach den Trauben sehen wollte, bemerkte er die abgefressenen Reben. „Die Netze, die wir zum Schutz vor Vogelfraß gespannt hatten, waren geöffnet und flatterten im Wind.“ Aust vermutete zunächst Waschbären und borgte sich eine Wildkamera beim Forstamt. Am nächsten Morgen in der Dämmerung schoss der automatische Apparat ein Foto – darauf war ein Dachs zu sehen. Über den Schock half Aust hinweg, dass die Ernte in diesem Jahr insgesamt sehr gut ausgefallen ist. „Der Dachs weiß eben, was schmeckt“, sagte der Winzer mit Blick auf die späten, aromatischen Trauben. Im nächsten Jahr will er am Goldenen Wagen allerdings keine Trauben für Eiswein hängenlassen.

Auch Winzer Enrico Friedland aus Radebeul hatte in diesem Jahr mit gefräßigen Räubern zu kämpfen – allerdings mit Waschbären. „Die Tiere sind Feinschmecker, plündern gern Traubenbestände“, so der Winzer. In diesem Sommer hatten sie es vor allem auf die Bacchus-Reben abgesehen. „Da waren nur noch die Stilgerüste übrig.“ Mit Hilfe von Lebendfallen fing Friedland drei Waschbären und ließ sie von einem Jäger abholen. „Für uns Winzer sind die Tiere seit etwa fünf Jahren ein Problem.“ Auch die Winzergenossenschaft Meißen berichtet von Waschbären in Cossebaude, Radebeul und Meißen.

Auch wenn sich in der Summe die wirtschaftlichen Schäden in Grenzen halten – für den einzelnen Winzer ist der Verlust der Trauben bitter, so der Vorsitzende des Weinbauverbandes Sachsen, Christoph Reiner. Reiner, der auf dem Weingut Schloss Proschwitz arbeitet, kennt das Problem mit Räubern wie Waschbären und Dachsen. So gibt es etwa in den Weinbergen auf der linken Elbseite große Dachsbauten, selbst hohe Zäune um die Bestände könnten die Tiere nur schwer fernhalten.

Bitte nicht füttern

Laut Förster Marko Groß vom Revier Moritzburg werden Waschbären straff bejagt. Die Tiere fühlen sich gerade in einer Teichlandschaft mit Schilf wohl, räubern mit Vorliebe Nester von Bodenbrütern. Pro Jahr werden etwa 80 Waschbären in der Gegend geschossen. „Sie haben keine natürlichen Feinde und vermehren sich.“ Groß warnte davor, die possierlichen Tiere zu füttern. Dachse stellen aus Förstersicht dagegen kein großes Problem dar und werden nicht streng bejagt.

Von April 2015 bis Ende März 2016 wurden in Sachsen knapp 9 900 Waschbären erlegt, die Zahl hat sich in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht. Laut Umweltministerium sind die aus Nordamerika stammenden Waschbären inzwischen flächendeckend in Sachsen verbreitet. Schwerpunkte liegen in den östlichen und nördlichen Regionen Sachsens. Experten rechnen mit einer weiteren Ausbreitung des Waschbären auch in Städten.

Die heimische Fauna leidet stark darunter, dass sich die Tiere vermehren. Umweltschützer beklagen den Rückgang von Möwen an der Elbe. Im Teichgebiet von Moritzburg holen sich Waschbären auch Kraniche und Eulen. Zum Speiseplan des Raubtieres zählen auch Stockenten. Waschbären können sogar Rehkitze töten und Fische aus dem Moritzburger Teich angeln. Die Tiere können Pfoten wie Hände nutzen, heben Steine genauso wie Dachziegel hoch. Sie öffnen Hasenställe und plündern Hühnerställe.

In Sachsen wurden im vergangenen Jagdjahr auch rund 2 700 Dachse erlegt – auch hier hat die Zahl zugenommen. 2009/2010 waren es noch knapp 1 800 Tiere. Laut Ministerium richten die Tiere vereinzelt in der Landwirtschaft, etwa auch im Maisanbau, Schaden an. (SZ/dpa)