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Dachse auf dem Vormarsch

Die kleinen Raubtiere fühlen sich auch im Rödertal immer wohler. Den Schaden haben Gartenbesitzer.

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© Wolfgang Wittchen

Von Ingolf Reinsch

Der Gast kommt ungebeten und immer dann, wenn Jürgen Hölzel gerade den Rasen gemäht hat. Der Rammenauer konnte in diesem Jahr darauf wetten: Am folgenden Morgen wird ein Teil seiner Wiese am Haus wieder „umgackert“ sein. „Es sind jedes Mal etwa zehn Quadratmeter, auf denen es etliche trichterförmige Löcher gibt“, sagte er der SZ. Die sind bis zu zehn Zentimeter tief. Mehrmals schon in diesem Jahr musste der Rammenauer deshalb die Harke nehmen, und das beschädigte Stück Wiese planieren. Zum Glück wächst das Gras immer wieder schnell nach. Nicht nur sein Grundstück sei betroffen, sondern auch das eines Nachbarn, berichtet Jürgen Hölzel. Und überhaupt machen sich die Dachse auch immer mehr in der Gegend, im Rödertal zwischen Dresdner Heide und den Wäldern bei Rammenau zu schaffen.

Der Dachs war da. Er hinterließ auf der Wiese im Garten trichterförmige Löcher.
Der Dachs war da. Er hinterließ auf der Wiese im Garten trichterförmige Löcher. © privat

Klar möchte er gern wissen, wer der „Störenfried“ in seinem Garten ist. Er tippte erst auf den Waschbären, dann auf den Dachs. Mit der zweiten Vermutung liegt er offenbar richtig. Ein von der SZ befragter Gartenexperte und das Landratsamt bestätigen das anhand von Fotos.

Schäden durch Dachse keine Seltenheit mehr

In der Region sind es nun die ersten Fälle, die bekannt werden. Auch aus Dresden sind Fälle längst bekannt. Anderswo sind Schäden durch Dachse in Gärten dabei längst keine Seltenheit mehr. Unter anderem Zeitungen in Süddeutschland berichten darüber. „Die Schäden sprechen eindeutig für einen Dachs. Im Grunde macht er von oben das, was der Maulwurf von unten macht: Er wühlt die Erde auf, um Würmer oder Engerlinge zu finden“, sagt Wolfgang Friebel, Gartenmeister in der Pillnitzer Schlossanlage und Autor der SZ-Ratgeberseite. Da der Dachs ein Einzelgänger ist, scheint es auch nur ein Tier zu sein, das in jenem Teil Rammenaus unterwegs ist, in dem Familie Hölzel wohnt. Für einen sicheren Schutz muss der Zaun des Grundstücks so stabil und hoch sein und tief in den Boden reichen, dass die kleinen Raubtiere nicht drunter und drüber kommen. Nahezu aussichtslos. „Wenn das Gelände nicht sicher eingezäunt werden kann, hilft nur Vergrämen. Vielleicht kann auch der Jäger helfen“, rät Wolfgang Friebel.

Waschbär, Fuchs, Marder & Co. sind nicht mehr nur in den Dörfern, sondern längst auch in den Städten zu Hause. Nun also auch der Dachs? Verlässliche Zahlen, wie viele Tiere dieser Art es im Landkreis Bautzen gibt, liegen nicht vor. „Das hängt damit zusammen, dass der Dachs kein geschütztes Tier ist und dass deshalb kein Monitoring erfolgt“, sagt Sabine Rötschke, Sprecherin des Landratsamtes. Die Kreisjagdbehörde hat allerdings die Zahlen jener Dachse, die zur Strecke gebracht wurden. Im jüngsten Jagdjahr 2015/16 waren es kreisweit 315, einige mehr als in den Jahren zuvor. 2014/15 wurden 260 Dachse geschossen, im Jahr zuvor 297. Eine Tendenz, ob es mehr Dachse gibt und sie möglicherweise bald flächendeckend zur Plage werden, lässt sich daraus (noch) nicht ableiten. Ein Patentrezept, wie man einen Dachs aus seinem Garten vertreibt, gibt es auch nicht. Eine Möglichkeit sei es, die Tiere mit Gerüchen zu vertreiben, heißt es. Dachse sind Nasentiere. Den Geruch von Hunden oder Pfeffer mögen sie nicht. „Also Hundehaare oder Pfeffer streuen oder einen Hund im Garten markieren lassen“, empfiehlt zum Beispiel Wildtierbiologin Sandra Gloor vom Schweizer Projekt stadtwildtiere. Im Allgemeinen gilt: Wildtiere nie füttern, Mülltonnen gut schließen und vielleicht den Dachs auch tolerieren, sagt sie.

Tiere dürfen nicht getötet werden

In Haus- und Hofgärten ist es den Eigentümern bzw. Nutzern aber auch erlaubt, einen Dachs zu fangen – auch dann, wenn sie keinen Jagdschein besitzen. Töten dürfen sie diese Tiere aber nicht ohne Weiteres. Dafür müssen sie im Besitz eines Jagdscheines sein oder die erforderliche Sachkunde nachweisen. Können sie das nicht, müssen sie ein gefangenes Tier einem Jäger übergeben. Das Gleiche gilt auch für andere unerwünschte tierische Besucher, wie Füchse, Marderhunde, Nutrias, Minke, Waschbären und Wildkaninchen.

Gefahren für den Menschen gehen von einem Dachs nicht aus, versichern Experten. Obwohl das Tier wehrhafter sei als der Fuchs, eher dem Wildschwein ähnlich, mit dem es die Eigenschaft des Allesfressers teilt. Ob Wurzeln, Vogeleier, Mäuse – Dachsen ist alles recht. Potenziell könnten daher auch Dachse – wie alle Mäusefresser – den Fuchsbandwurm übertragen, das sei jedoch ausgesprochen selten. Trotzdem raten Fachleute dringend davon ab, einen Dachs anzufassen. Er könnte sich wehren.

Auch Maulwürfe und Waschbären sorgen für Schäden

Eine größere Plage als der Dachs ist in Städten und Dörfern der Waschbär. Er begnügt sich nicht mit einfachen Grabungen wie der Dachs. Waschbären sind sehr geschickt und versuchen, „hinter die Kulissen“ zu gelangen, sagt Gartenexperte Wolfgang Friebel. Der Waschbär öffnet ganz geschickt Abfalltonnen, Verkleidungen und dringt auch in Gebäude ein. „Auf keinen Fall sollten Lebensmittel und andere fressbare Materialien auf den Kompost oder anderweitig im Freien abgelegt werden. Dann darf man sich über solchen Besuch nicht wundern“, so Wolfgang Friebel.

Maulwürfe, von den meisten Hobbygärtnern, ebenfalls nicht gern gesehen, stehen unter Schutz und dürfen nur vertrieben, aber nicht getötet werden. „Im Grunde ist es ein gutes Zeichen, wenn der Maulwurf im Garten wühlt, denn da gibt es genügend Regenwürmer und die sind gut für den Boden“, sagt der Pillnitzer Experte. Dabei ist er sich dem Problem durchaus bewusst. „Auch wir haben im Schlosspark da manchmal so unsere Sorgen.“ Manchmal hilft viel Lärm (zum Beispiel tobende Kinder oder Rasenmäher), um diese Tierchen zu vertreiben. Kehrt dann wieder Ruhe ein, kommen die Maulwürfe meist zurück.