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Dachdecker im Extraeinsatz

Sturm Friederike brachte den Handwerkern viele Reparaturaufträge. So viel Personal dafür ist eigentlich gar nicht da.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia und Peter Redlich

Radebeul/Großenhain. Der Sturm war kaum vorüber, da klingelte bei den Radebeuler Gebrüdern Slawick das Telefon beinahe ohne Unterlass. René Slawick in der Werkstatt an der Wasastraße im Osten Radebeuls: „25 Anfragen haben wir bisher bekommen. Wir geben uns Mühe, allen zu helfen.“

Quer durch die Stadt von Radebeul-Ost über Oberlößnitz bis in den Westen hat Tief Friederike mit über 100 km/h Windgeschwindigkeiten Dächer aufgerissen. „Vor allem an Häusern, deren Ziegel keine Sturmklammern haben“, sagt René Slawick. In den 1990er-Jahren wurde diese Klammer zwischen Ziegel und Dachlatte an vielen Häusern vernachlässigt. Jetzt würden manche in windigen Gebieten wieder nachrüsten, so die Radebeuler.

Zimmerermeister Alexander Wujczyk aus Großenhain arbeitete eigentlich an einem Holzrahmenbau für ein Treppenhaus, als er den Anruf erhielt. „Du musst mir dringend helfen“, bat ihn Martin Wannrich, Jungmeister wie er, mit einer Dachdeckerfirma in Skäßchen. Nach dem verheerenden Sturm Friederike vorigen Donnerstagabend klingelte in der Firma Wannrich das Telefon fast ohne Unterlass. Zahlreiche Hausbesitzer hatten Schäden und wollten sie rasch reparieren lassen. Doch die sieben Leute der Dachdeckerei waren eigentlich in der Winterpause.

Freilich kam Alexander Wujczyk, der auch eine Dachdeckerausbildung hat, seinem Freund zu Hilfe. „Am Donnerstag und Freitag gingen über 100 kurzfristige Reparaturanfragen ein“, erzählt der Großenhainer. „Davon haben wir schon am Freitag 21 Aufträge abarbeiten können, am Sonnabend waren es dann noch einmal ein Dutzend.“ In drei Teams rückten die Handwerker den Schäden im Großenhainer Land zu Leibe. Die Mitarbeiter wurden aus der Winterpause geholt und stiegen mit langen Leitern aufs Dach: Ziegel wurden auf Kleinflächen wieder eingesetzt, Firste aufgemörtelt. „Von einem Tag auf den anderen waren fast alle einsatzbereit“, freut sich Martin Wannrich. Seit Montag hat er nun noch einen weiteren Helfer: Zimmermann Sandro Richter. Die Anrufe gingen teils bis abends 20 Uhr ein. „Wenn das Dach offen ist, fürchten die Leute zurecht Folgeschäden und brauchen dringend Handwerker“, sagt Alexander Wujczyk. Im tornadoerprobten Großenhainer Land wissen die Dachdecker, dass dann schnelle Hilfe wichtig ist.

„Sagen Sie doch mal Ihrem Dachdecker ein Dankeschön, wenn nichts passiert ist“, schlägt der regionale Innungsobermeister Roberto Heilscher aus Diera-Zehren vor. Gerade bei solchen Stürmen zeige sich, welche Dächer solide und mit Qualität gedeckt wurden – und welche vielleicht nicht. Ihn selber hätten solche guten Worte schon erreicht. „Das hört man freilich gerne“, so der Schieritzer Dachdeckermeister. Allerdings hatte auch er schon circa 60 Aufträge nach „Friederike“. Noch sei der Berg an Reparaturen riesig. Roberto Heilscher befürchtet gar, deswegen an diesem Freitag nicht zum sächsischen Dachdeckertag ins Vogtland fahren zu können. „Die Leute sind nicht gerade geduldig.“ Es gab aber auch Lob von der Feuerwehr Naundorf für die schnelle Hilfe am Freitag, als 140 Quadratmeter Dach bis 20 Uhr abends mit einer Notsicherung versehen wurden. Auch die Versicherungen wollen jetzt Angebote mit Foto, auch wenn sie noch so klein sind. „Das kostet Zeit, die wir bei dem Fachkräftemangel eigentlich gar nicht haben.“

Hinzu kommt der milde Winter. Rohbauer und Maurer haben auf vielen Baustellen guten Vorsprung und damit keine Winterpause. Planmäßig feste Baustellen werden eher ausgeführt. Die Dachdecker wissen also gerade vor Arbeit nicht wohin. Pro Beschäftigten seien im Schnitt derzeit 20 Schäden zu bearbeiten. Geduld ist also erforderlich. Dachdecker Lutz Krause aus Lampertswalde musste gestern an der Berufsschule Poststraße mit dem großen Kran reparieren. Bei Ulrich Held aus Großenhain kam am Dienstag Auftrag Nummer 100 an.