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„Da weiß ich, wofür ich mich verausgabe“

Extrem-Radler Frank Höfer sammelt Spenden für eine Beinprothese, die einer jungen Ortranderin mehr Lebensqualität schenken soll.

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© Anne Hübschmann

Von Manfred Müller

Böhla b.O. Mit fünf Jahren musste Sarah ein Bein amputiert werden. Ein bösartiger Tumor ließ den Ärzten keine Wahl. Aber die Tragödie ging weiter. Der Knochen wuchs schneller als die Stumpfhaut, so dass das Mädchen ständig unter Schmerzen litt. Sarah bekam eine Beinprothese, die aber durch das Körperwachstum oft ausgetauscht werden musste. Das funktionierte – auch durch den Finanzbedarf – nicht so schnell wie eigentlich notwendig. Der Beinstumpf war oft blutig gerieben, und Sarah konnte kaum gehen. Außerdem war die Krankenkassenprothese im Fußgelenk steif und funktionell wie ästhetisch nicht so ausgereift, wie es heute technisch möglich wäre.

Das war die Situation, als Frank Höfer vor vier Jahren auf Sarahs Schicksal aufmerksam wurde. Der Böhlaer ist ein passionierter Radsportler, der auch vor extremen Herausforderungen nicht zurückschreckt. Er plante zu dieser Zeit gerade, die 1200 Kilometer lange Strecke von Ortrand nach London in 48 Stunden zu bewältigen. Warum die Mühen der Fahrt und die öffentliche Aufmerksamkeit nicht mit einem guten Zweck verbinden? „Da weiß ich wenigstens, wofür ich mich verausgabe“, sagte sich der Böhlaer.

Grundstein gelegt

Damit war der Grundstein gelegt für eine Spendensammlung, die rund 25 000 Euro einbringen sollte. Soviel kostet eine moderne Beinprothese mit elektronischem Kniegelenk. Im Jahr 2014 startete Frank Höfer eine zweite Spendenfahrt. Diesmal von Ortrand nach Neapel – 1728 Kilometer in 96 Stunden. Zwischendurch versäumte er keine Gelegenheit, seine Aktion bekannt zu machen: bei Vorträgen, Auftritten in Rundfunk und Fernsehen. Er nahm Kontakt zur Niederlausitzer Medizintechnikfirma Kröger auf, die sich bereiterklärte, eine maßgeschneiderte Prothese zu beschaffen und das Projekt zu unterstützen. „Wir haben uns mit dem Mädel hingesetzt und gefragt, was sie mit ihrem Leben anfangen will“, sagt Frank Höfer. Erklärtes Ziel war, Sarah möglichst viel Lebensqualität zu schenken. Niemand sollte auf den ersten Blick erkennen, dass sie eine Beinprothese trägt. Sarah ist jetzt 18. Seit dem Sommer trainiert sie mit der neuen Prothese. Die Spendenaktion läuft allerdings noch. „Uns fehlen etwa 1600 Euro“, erklärt Höfer. „Es wäre schön, wenn sich noch jemand ein Herz fasst, so dass wir unser Ziel in den nächsten Wochen schaffen.“ Ab einer Summe von 20 Euro gibt es ein Autogrammfoto von der Spendenfahrt nach London: Frank Höfer auf der Tower Bridge.

Reifenpanne in Dresden mit 12

Er sei zuvor schon einige Jahre ganz im Stillen minutiös geplante Radtouren gefahren, erzählt der Böhlaer. An die Ostsee, nach Paris, nach Dänemark. Immer mit einer sehr sportlichen Zeitvorgabe. Lebensgefährtin Peggy und Tochter Lisa stellten das Versorgungsteam. „Mein größter Ansporn ist, wenn jemand sagt, das würde ich sowieso nicht schaffen“, erklärt der 41-Jährige. Schon mit zwölf Jahren schwang sich der gebürtige Lauchhammeraner aufs Rad und strampelte einfach mal so nach Dresden – ohne dass die Eltern davon wussten. In der Elbestadt hatte er dann noch eine Reifenpanne – hilfsbereite Leute brachten ihn mit dem Auto nach Hause. Dieses Abenteuer inspirierte Frank Höfer 20 Jahre später zu seinen ersten größeren Touren. Wenn er davon erzählt, hat man den Eindruck, dass es gar nicht so sehr die extreme körperliche Anstrengung ist, die ihn am Radsport reizt. Begeistert erzählt er von der Streckenplanung, vom Energiehaushalt, von der Pulsmessung. Man lerne von Fahrt zu Fahrt neue Details über seinen Körper. Der Extremradler wählt für seine Touren immer einen Termin um den 20. Juni – die längsten Tage im Jahr. Dunkelheit sei demoralisierend, Kälte Gift für die Kondition.

26 Flaschen am Tag

Auf einer Tagesetappe, die schon mal 600/700 Kilometer lang sein kann, verbraucht Frank Höfer 13 Liter Flüssigkeit. „Bei 26 Flaschen am Tag hat man die Sportdrinks irgendwann satt“, sagt er. Zwischendurch dürstet es ihn dann auch mal nach einer simplen Cola. Wenn man den Körper derart beanspruche, komme es außerdem auf eine ausgewogene Ernährung an. Nicht nur Kohlenhydrate, sondern auch Eiweiß und Fett. Deshalb stehen neben Nutellabrötchen auch Ei und Thunfisch in Öl auf dem Speiseplan. Und natürlich die Klassiker Pfirsich, Banane, Schokoriegel. Die größte Tour-Herausforderung? Das sei sicher die Überquerung der Alpen bei seiner Italien-Fahrt gewesen. Und dann der Endspurt über die Serpentinen hinauf zum Gipfel des Vesuvs.

Mittlerweile lässt es Frank Höfer etwas ruhiger angehen. Langstrecken sind erst einmal passé, weil durch die aufwendige Vorbereitung das Familienleben ins Hintertreffen gerät. Er hat sich aufs Zeitfahren verlegt und nimmt übers Jahr an etlichen regionalen Rennen teil. Aber die Erfahrung, für eine gute Sache bis an die körperlichen Grenzen gegangen zu sein, möchte der Leiter eines Ortrander Baustoffhandels nicht missen. „Ich muss mir keine Sorgen um Geld und Gesundheit machen“, sagt er. „Da tut es gut, jemandem zu helfen, der unverschuldet mit einer so schwierigen Lebenssituation fertig werden muss.“

Spendenkonto für Sarah: Frank Höfer, Kontonummer: 13 800 200 30, Bankleitzahl: 18055000, Sparkasse Niederlausitz,

www.physical-border.de (für weitere Infos)