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„Da hilft nur durchzuziehen“

Trixi Steiner, Generation Praktikum, hat Firma und Familie und leitet trotzdem ihr Herzensprojekt Semperopernball.

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© Sven Ellger

Sie gilt als die rechte Hand von Semperopernball-Chef Hans-Joachim Frey und erscheint wie ein Irrlicht immer dort, wohin sich als nächstes die Scheinwerfer wenden. Seit zwölf Jahren organisiert Trixi Steiner den Semperopernball mit. Die Strippenzieherin hinter den Kulissen sieht man selten sitzen. Doch für ein Gespräch mit der Sächsischen Zeitung lässt sich die 37-Jährige auf einer Couch im Taschenbergpalais nieder. Zu Hause in Passau essen ihre beiden kleinen Kinder wahrscheinlich gerade Abendbrot, mit Papa oder den Großeltern, die Trixi Steiner in der heißen Phase der Ballplanung den Rücken freihalten. Für die Orgaleiterin ist der Tag um halb sieben lange nicht zu Ende. Trixi Steiner spricht über durchgearbeitete Nächte, laute Musik im Büro und Gänsehaut-Momente einer einzigartigen Veranstaltung.

Kommt bei so viel Planungsarbeit der Blick für die Schönheit nicht zu kurz?

Für mich hat der Semperopernball auch nach zwölf Jahren noch etwas Magisches. Wenn am Mittwochabend vor dem Ball die Stuhlreihen aus dem Saal ausgebaut sind und sich die Oper in einen Ballsaal verwandelt, stehe ich jedes Jahr einen Augenblick lang still in der Königsloge und atme tief durch. Das ist für mich ein ganz besonderer Moment. Egal, wie aufreibend die Vorbereitungen sind, der Zauber bleibt. Für uns alle ist der Ball ein absolutes Herzensprojekt.

Wer sind Sie alle? Hinter einem Event mit vielen Tausend Gästen muss ein großer Stab stecken.

Veranstaltet wird das Mammut-Projekt vom Semper Opernball Verein mit 16 Mitgliedern und sechsköpfigem Vorstand. Sie alle sind dem Projekt seit erster Stunde verbunden, der Vorstand lenkt unter der Leitung von Hans-Joachim Frey die Geschäfte. Ich bin Mitglied im Vorstand und gleichzeitig freiberufliche Projektleiterin, was heißt, ich halte mit meinen Kollegen der Geschäftsstelle, Andrea Mylo und Tobias Schönfeld, alle organisatorischen Fäden zusammen. Am Ballabend arbeiten mehr als 2 000 Leute für das Event, das braucht ein gutes Zusammenspiel aller Beteiligten. Neben unseren treuen und sehr engagierten Partnern unterstützen uns rund 80 ehrenamtliche Helfer. Auch ohne sie wäre ein so großes Ereignis nicht möglich.

Sie sind von Passau über Teneriffa nach Dresden gekommen. Wie das?

Ich habe Kulturwirtschaft studiert und mich danach ganz unbescheiden bei der Semperoperndirektion beworben. Es gab zwar keine Stelle, aber ich bekam das Angebot, als Projektassistentin im Ball-Büro mitzuarbeiten. Meine Familie war ganz stolz: die berühmte Semperoper! Dass ich, typisch Generation Praktikum, kaum Geld verdiente, war erst mal unwichtig. Sechs Monate vor dem ersten Semperopernball habe ich angefangen. Das Ganze war anfangs ein wunderbar hemdsärmeliges Projekt. Einen kleinen Teil dieses Herangehens haben wir uns neben der notwendigen Professionalität bis heute bewahrt.

Und was ist anders geworden?

Wir sind noch immer ein kreatives Team, das für eine Idee brennt und sie mit Leben füllt. Hier und da haben wir ein wenig an Leichtigkeit verloren. Das kommt mit der wachsenden Erfahrung und dem großen Erfolg. Die Öffentlichkeit hat inzwischen eine viel höhere Erwartung an uns, und wir haben mehr zu verlieren. Heute ist der Ball ein 2,3-Millionen-Projekt, angefangen haben wir mit 1,2 Millionen Euro. Aber ein unkonventioneller Anpacker muss man für solch ein Vorhaben trotzdem bleiben.

Bei Generation Praktikum sind Sie nicht stehen geblieben. War der Ball Ihr Sprungbrett?

Erst einmal ins kalte Wasser vom Sprungbrett und sich beweisen. Nach sechs Monaten als Praktikantin wurde mir die Stelle als Projektleiterin angeboten. Inzwischen mache ich das seit elf Jahren und bin seit zwei Jahren im Vorstand. Während meines Kulturwirtschaftstudiums habe ich auf Teneriffa zwei Jahre für das Management der Kongress- und Konzerthalle Auditorio de Tenerife gearbeitet. Dadurch brachte ich gute Erfahrung in der Veranstaltungsplanung mit nach Dresden. Heute bin ich freiberuflich und organisiere auch andere große Kulturprojekte. Viel früher noch habe ich Tanz studiert. Wie Leistungssport prägt er fürs Leben. Mir hat er viel Disziplin und Durchhaltevermögen beigebracht.

Rutscht Ihnen auch mal eine der vielen Strippen aus der Hand?

An den letzten Tagen vor jedem Semperopernball überfällt mich manchmal die Frage: Was haben wir bloß das ganze Jahr über gemacht, warum ist noch immer so viel zu klären? Da könnte man schon mal die Nerven verlieren. Aber erstens: Die Situation ist normal, zahlreiche Dinge lassen sich nur so kurzfristig ordnen. Und zweitens: Da hilft nichts außer durchzuziehen, eben die Nerven zu bewahren und das auch auszustrahlen. Unser tolles Team ist da eine große Stütze. Wir machen im Büro auch mal nachts laute Musik an und arbeiten die letzten Tage beinahe durch. Manches kann man im Vorfeld gar nicht planen, da funktioniert nur Improvisation,

Zum Beispiel?

Oft denke ich an den Besuch des Präsidenten von Senegal. Er reiste mit einer riesigen Gefolgschaft an. Bei ihrer Ankunft war die ganze Lobby des Kempinski-Hotels voller Menschen in prachtvollen Gewändern. Die Begleiter folgten ihrem Staatsoberhaupt auf Schritt und Tritt. Das war später bei der Verleihung des St. Georgs Ordens auch so, sie kamen einfach alle mit auf die Bühne. Erst war ich perplex. Das Protokoll sah ja etwas ganz anderes vor. Dann habe ich nach dem Motto „Alle mir nach!“ den Arm hochgerissen und die Menschentraube wie eine Stadtführerin zum Bühnenrand geführt. Darüber lachen wir heute noch.

Das Protokoll – ein Mysterium?

Zumindest eine spannende Angelegenheit: Sind alle Preisträger, Laudatoren und Vip-Gäste da? Sind alle zum richtigen Zeitpunkt da? Sind nur diejenigen da, die da sein sollen? Halten sich alle an den Zeitplan? Da kann viel passieren.

Thema Zeitplan: Auch der ist eine heikle Angelegenheit.

Ja, aber unserseits haben wir das sehr gut im Griff. Natürlich ist es schwer, Gäste oder Laudatoren, die Reden halten, zeitlich zu steuern. Aber dieses Jahr haben wir uns vorgenommen, nach zwei Stunden wirklich den Tanz zu eröffnen.

Wie geht es nach der Balleröffnung für Sie weiter?

Mich begleitet die ganze Nacht lang eine positive Anspannung. Nach dem Eröffnungsprogramm geht es mit dem Mitternachtsact, dem Vip-Empfang und der Charity-Aktion weiter, außerdem gibt es Livemusik in allen vier Ballsälen. Wir kümmern uns neben den Gästen weiterhin um die Künstler, Preisträger, Laudatoren und prominenten Gäste. Um Punkt fünf Uhr morgens geht in der ganzen Oper das Arbeitslicht an. Nach so langer Vorbereitung und einem rauschenden Fest zu erleben, wie plötzlich die Tischdecken weggezogen, der Blumenschmuck fortgerissen, die Dekorationen aus dem Saal geschleppt werden, das ist schon ernüchternd. Wir treffen uns ab sechs Uhr im Kempinski zum Frühstück. Da trinkt manch Ballgast im Wollpulli seinen ersten Kaffee, und wir stecken noch in unseren Ballkleidern. Ich rette gerne unsere Blumen aus der Oper und verteile sie beim Frühstück, das ist lustig.

Mit Blick auf die kommenden Semperopernbälle: Für welchen prominenten Gast würden Sie gern einmal sorgen?

Es gibt immer Träume und Wünsche. Vor allem sind wir sehr froh über die hervorragenden Gäste, die wir schon nach Dresden geholt haben. Im Moment richtet sich mein Augenmerk natürlich auf die Preisträger vom nächsten Ball am 3. Februar.

Das Gespräch führte Nadja Laske.