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Da haben wir den Salat

Deutschlands größte Molkerei wird um eine Feinkostfabrik ergänzt: In Leppersdorf schafft die Müller-Tochter Homann 800 Stellen. Anderswo fallen fast doppelt so viele weg.

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© Thorsten Eckert

Von Georg Moeritz

Eiersalat mit Schnittlauch, Würzige Remoulade oder Zigeunersauce – solche Lebensmittel sollen in drei Jahren aus einer großen sächsischen Fabrik in die Supermarkt-Regale kommen. Was die Feinkostfirma Homann bisher in Dissen in Niedersachsen und in drei kleineren Fabriken herstellt, wird künftig neben Deutschlands größter Molkerei in Wachau-Leppersdorf zusammengerührt. So hat es Besitzer Theo Müller am Freitag bekannt gegeben.

Müllers Feinkost-Marke zeigt sich großzügig: In einem Gewinnspiel unter dem Motto „Deutschland isst draußen“ verlost Homann derzeit zum Beispiel 10 000 Tankgutscheine zu je fünf Euro. Dem Wirtschaftsstandort Sachsen verspricht Müller eine Investition von 500 Millionen Euro für die neue Fabrik. Mehr als eine Milliarde hat Müller nach eigenen Angaben bereits in den Standort Leppersdorf gesteckt. Dort arbeiten 2 500 Menschen, künftig 3 300: Sie nehmen Milch an und überwachen stählerne Tanks und Verpackungsanlagen. In der Sachsenmilch-Fabrik stehen Maschinen, die gleichzeitig eine Kunststofffolie in Becherform ziehen, von oben Milchreis hineinfüllen und gleich den Deckel andrücken. So modern wird wohl auch die Salat- und Soßenfabrik, die ab 2020 auf dem Gelände an der Autobahn 4 stehen soll. Sie kann auch dieselben Lastwagen nutzen.

40 Standorte in ganz Europa hat Müller nach eigenen Angaben untersuchen lassen. Vier Homann-Fabriken seien veraltet und müssten geschlossen werden. 1 500 Arbeitsplätze fallen dort weg, wenn die 800 neuen eingerichtet sind. Den Mitarbeitern soll „vorrangig ein Wechsel an den Standort Leppersdorf angeboten werden“, hieß es am Freitag in einer knappen Mitteilung der Unternehmensgruppe Theo Müller. 800 Arbeitsplätze, diese Zahl spielte erst am Tag zuvor in Sachsen eine Rolle: So viele sollen im Waggonbauwerk Görlitz gefährdet sein, sobald rationalisiert wird.

Sachsens Landesregierung zeigte sich über Müllers Ankündigung erfreut. Zwar gab es keinen Pressetermin mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wie bei den jüngsten Ansiedlungszusagen von Bosch und Philip Morris. Schließlich kam viel Kritik aus Niedersachsen. Doch Tillich nannte Müllers Entscheidung einen „tollen Beweis für den Investitionsstandort Sachsen“. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) zeigte Bedauern für die Beschäftigten in den „veralteten Werken“. Doch Dulig sagte auch, der Arbeitsmarkt im vorwiegend betroffenen Osnabrücker Land sei „sehr aufnahmefähig“ für jene, die nicht nach Sachsen umziehen könnten. Geschlossen werden allerdings auch zwei kleinere Fabriken in Bottrop im Ruhrgebiet und in Floh-Seligenthal in Thüringen.

Der Osnabrücker Landrat Michael Lübbersmann sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, in Niedersachsen sei „wirklich alles Menschenmögliche getan worden, um die Bedingungen der Müller-Gruppe zu erfüllen“. Dort wie in Leppersdorf gibt es ein angeblich baureifes Grundstück an der Autobahn. Müller hatte im April angekündigt, Leppersdorf sei Favorit für den Neubau, doch er habe noch nicht entschieden.

Worüber noch zu verhandeln war, sagte Müller nicht. Der Homann-Gesamtbetriebsratschef Andreas Straede legte Homann einen Alternativvorschlag vor. Demnach würde der Konzern 100 Millionen Euro für einen Sozialplan sparen, wenn er in Dissen bliebe. Doch dieser Vorschlag sei wohl nicht ernsthaft geprüft worden, sagte Straede am Freitag laut Osnabrücker Zeitung. Dissens Bürgermeister Hartmut Nümann klagte, Theo Müller wolle sich „wahrscheinlich ein Denkmal in Leppersdorf setzen“. 2004 hatte Müller schon die Käserei Loose mit 130 Stellen in Niedersachsen geschlossen und die Produktion nach Leppersdorf verlagert.

Der zuständige Dresdner Gewerkschafts-Geschäftsführer Volkmar Heinrich äußerte sich am Freitag nicht. Zuvor hatte die Gewerkschaft darauf hingewiesen, dass die Tariflöhne in Sachsen deutlich niedriger seien als im Westen und die Molkerei den Tarifvertrag auch nicht anerkenne. Heinrich vermutet, dass die Fabrik auch polnische Arbeitskräfte anwerben wird.

Nach Kritik aus Niedersachsen wegen der Verlagerung äußerte sich Dulig zurückhaltend wegen der Subventionen. Auf Nachfrage bestätigte das Ministerium, dass bis zu 25 Prozent infrage kommen. Ein Rechtsanspruch besteht laut Sächsischer Aufbaubank nicht. Doch Dulig sicherte zu, bis zur Grenze des Erlaubten zu zahlen. Der Antrag an die EU sei gestellt.