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Crystal-Dealer vor Gericht

Zwei Großenhainer sollen eine Minderjährige mit Drogen versorgt haben – die verwickelt sich aber in Widersprüche.

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© Archiv/Klaus-Dieter Brühl

Von Manfred Müller

Großenhain/Riesa. Großenhains Drogensumpf – die PR-Bar in der Marktgasse – scheint zwar trockengelegt, aber an anderer Stelle blüht der Handel mit Crystal Meth offenbar weiter. Darauf deutet zumindest ein Verfahren hin, das zurzeit vorm Amtsgericht in Riesa läuft. Zwei Großenhainern wird dort vorgeworfen, Drogen an ein minderjähriges Mädchen abgegeben und damit gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen zu haben. Beide, so scheint es, gehörten früher zum Kundenkreis der PR-Bar. Deren Chef, Peter R., sitzt im Knast. Der Großenhainer bekam fünf Jahre aufgebrummt, weil er in Tschechien große Mengen Crystal einkaufte und in der Röderstadt vertickte.

Anna O. stand ebenfalls vor Gericht und zog die Glaubwürdigkeit der Zeugin über ihre Anwältin in Zweifel. Strategie oder Tatsache?
Anna O. stand ebenfalls vor Gericht und zog die Glaubwürdigkeit der Zeugin über ihre Anwältin in Zweifel. Strategie oder Tatsache? © SZ
Nexhat B. hatte sich offenbar schon länger in der PR-Bar mit Crystal versorgt und hat wohl auch selbst Drogen abgegeben, sagt eine Zeugin.
Nexhat B. hatte sich offenbar schon länger in der PR-Bar mit Crystal versorgt und hat wohl auch selbst Drogen abgegeben, sagt eine Zeugin. © SZ

Anna O. und Nexhat B. hatten sich in der PR-Bar offenbar mit Crystal versorgt, es zum Teil selbst konsumiert, aber auch in kleineren Portionen weiterverkauft. So zumindest stellt es die Zeugin Sandy W. dar, die in den Jahren 2013/2014 gelegentlich auf die Tochter der Angeklagten aufpasste und sich auch sonst ziemlich oft in der Wohnung aufhielt. Sandy W. war damals noch keine 18 Jahre alt und will sowohl von Anna O. als auch von Nexhat B. in zwei oder drei Fällen Crystal bekommen haben – meist ohne finanzielle Gegenleistung. Die beiden Angeklagten schweigen dazu – sie machen von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, was vom Gericht nicht gegen sie ausgelegt werden kann.

Allerdings hat Anna O. mit ihrer Rechtsanwältin eine Erklärung eingereicht, in der sie die Glaubwürdigkeit der Zeugin arg in Zweifel zieht. Diese habe schon öfter unwahre Behauptungen aufgestellt – sei es, um sich wichtig zu machen oder um sich an anderen zu rächen. In diesem Falle sei wohl ein misslungenes Tattoo, das die Angeklagte ihr gestochen habe, der Grund für die Anschuldigungen. Tatsächlich macht Sandy W. vor Gericht dann widersprüchliche Aussagen. Die Ereignisse lägen immerhin anderthalb bis zwei Jahre zurück, begründet sie die offensichtlichen Abweichungen von den polizeilichen Vernehmungen.

Die Staatsanwaltschaft hat das offenbar vorausgesehen und eine lange Liste mit weiteren Zeugen aufgestellt. Darunter Peter R. und zwei seiner Bardamen, die ebenfalls wegen Drogenhandels verurteilt wurden. Die Drei können oder wollen aber nichts zur Aufklärung beitragen. Immerhin identifiziert R. den Angeklagten als Stammgast in der PR-Bar. Aber der sei nur wegen der Spielautomaten gekommen und habe sich hin und wieder Geld geliehen. Tatsächlich ist „Nex“ eine bekannte Figur in der Großenhainer Drogenszene. Fast jeder Crystal-Junkie kennt den schmächtigen Mann albanischer Herkunft. So auch Sarah L., die eine Zeit lang zur Szene gehörte. Sie bestätigt auch, dass „Nex“ und Anna O. hin und wieder eine „Line“ spendierten. Ob allerdings die minderjährige Sandy zu den Empfängern gehörte, kann die Großenhainerin nicht sagen.

Am Ende einigen sich Anklagevertretung und Verteidigung darauf, weitere Zeuge anzuhören. Richter Alexander Keller setzt einen neuen Verhandlungstermin für den 20. Dezember an. Keller hatte bereits die Prozesse gegen die PR-Bardamen geleitet und dort auch Verurteilungen erwirkt. Im Falle der möglichen Kleindealer vom Radeburger Platz ist die Beweislage allerdings bisher ziemlich dünn. Wohl deshalb verließen Anna O. und Nexhat B. den Riesaer Gerichtssaal leichtfüßig und mit einem Lächeln auf den Lippen.