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Christoph fliegt nach Südafrika

Ein junger Sohländer will ein Jahr Sozialdienst leisten. Für seinen Eigenanteil ist er noch auf Spendensuche.

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© Nikolai Schmidt

Von Ralph Schermann

Manche machen Ferien in Binz. Andere auf Mallorca. Oder in Oberstdorf. Christoph Schnerr nicht. Er reist bald nach Potchefstroom. Von dieser Ferienregion haben Sie noch nie gehört? Es ist ja auch keine. Der 19-Jährige macht dort nicht Urlaub, sondern absolviert einen sozialen Dienst. Ein Jahr lang bleibt er in Potchefstroom.

Der Ort mit dem schwer auszusprechenden Namen liegt 14 000 Straßenkilometer von Görlitz entfernt mitten in Südafrika. Siebeneinhalb Tage wäre ein Auto unterwegs, und weil das niemand macht, hat auch Potchefstroom, 120 Kilometer von Johannesburg entfernt, einen Flugplatz. Denn die Stadt ist alles andere als unscheinbar: 44 000 Einwohner leben dort, im umgebenden Landkreis sind es 162 000, dazu kommen 27 000 Studenten der auch in Europa bekannten North-West-University. Und das Kinder- und Jugendheim „Abraham Kriel“, benannt nach Paul Abraham Kriel (1850 - 1928), einem niederländischen Waisenhausbegründer. Auf den Weg dorthin bereitet sich Christoph Schnerr vor.

Warum er das tut? „Weil ich noch nicht weiß, was ich werden will“, lautet die verblüffende Antwort des jungen Mannes. Soeben hat er am Beruflichen Schulzentrum Görlitz seine Ausbildung beendet und das Abi in der Tasche. Studieren möchte er, doch für eine Richtung hat er sich noch nicht entschieden. Dafür aber für eine Zwischenlösung: „Ich will erst einmal ein Jahr etwas machen, was anderen hilft, eine Art freiwilliges soziales Engagement“, berichtet der in Sohland am Rotstein Aufgewachsene. Wenn, dann sollte es aber etwas im Ausland sein: „Es muss nicht die deutsche Komfortzone sein, ich will viel lieber fremde Kulturen entdecken, mich neuen Herausforderungen stellen“, schwärmt Christoph Schnerr, der bisher schon Italien und England auf Schüleraustauschen kennenlernte. Nach intensiver Suche entschied er sich für eine Bewerbung im Projekt „Weltwärts-Freiwilligendienst“ beim DSJW, dem Deutsch-Südafrikanischen Jugendwerk.

Das war alles andere als eine Ferienvorbereitung für Mallorca: Einem Orientierungsgespräch folgte eine englische Bewerbung, dann sichtete ein Büro in Südafrika die deutschen Unterlagen, ehe im Februar die Zusage eintraf: Christoph Schnerr gehört zu jenen 54 Deutschen, die aus 250 Bewerbern auserwählt wurden.

Seitdem gehen die Vorbereitungen weiter: Visabeschaffung, Versicherungen, Finanznachweise, Impfungen. Immer näher rückt der Tag des Abfluges: Am 17. August beginn für den jungen Sohländer das Abenteuer Afrika. Ein Jahr werden die Eltern ihren Sohn vermissen. „Na ja, anfangs waren sie nicht so erfreut, aber sie haben es akzeptiert und unterstützen mich nun, wo sie können“, sagt Christoph. Immerhin ist der Kontakt zum Elternhaus und auch zu Christophs Schwester dank Internet und Mobilfunk heute kein Problem mehr. Ein Problem ist lediglich noch die Finanzierung der Projektteilnahme. Während die Masse davon die Bundesrepublik Deutschland übernimmt und dafür regelmäßig Berichte aus Südafrika einfordert, muss der Freiwilligendienstler selbstständig noch 2.500 Euro Beteiligungskosten aufbringen. Dafür wirbt der Sohländer jetzt um Spenden. „Auch über kleine Summen freue ich mich sehr, und für jede kann es über den Entsenderdienst auch für die Steuer Spendenquittungen geben.“ In seinem Wohnort hat er Handzettel verteilt und nutzt auch soziale Netzwerke für Spendenbitten.

Das Heim „Abraham Kiel“ ist wie ein kleines Dorf. 250 Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen und im Alter von vier bis 17 Jahren sind dort in mehreren Häusern untergebracht. In einem Haus leben 24 Jungs, die Christoph Schnerr als Helfer betreuen wird und dafür ein eigenes Zimmer in dem Gebäude bekommt. Tagsüber kommen noch ein Sozialarbeiter und ein Erzieher dazu. Der Helfer steht beim Wecken, bei den Mahlzeiten, aber auch bei Hausaufgabenbetreuung und für Freizeitgestaltung zur Seite. Für die eigene Freizeit bleiben nur jene Stunden, in denen die Kinder in einer der 17 Schulen des Ortes sind. Zweierlei allerdings sieht er jetzt schon als gewöhnungsbedürftig: Täglich muss er um 4.30 Uhr aufstehen, um seine Zöglinge pünktlich 5 Uhr wecken zu können. Und das durchaus vielseitige Essen wird dominiert von Pap, einem Maisbrei, „der wohl nur Südafrikanern schmeckt, aber sehr gehaltvoll ist: Man nimmt kräftig zu“, befürchtet der sportlich stets aktive Christoph Schnerr auch für sich.

Woher er das von der Kalorienbombe weiß? Aus Gesprächen mit Helfern, die vor ihm dort waren. Und überhaupt hat auch Görlitz regelmäßig Beziehungen zu Potchefstroom. Die dortige Universität hat schon so manchen Studenten mehrere Monate an die hiesige Hochschule entsandt, auch südafrikanische Professoren weilen gelegentlich zu Studienaufenthalten an der Hochschule Zittau/Görlitz. Vielleicht ein Wink für Christoph Schnerr, wenn er sich nach seiner Rückkehr dann für eine Studienrichtung entscheiden muss.

Spendeninteressenten für das soziale Jahr Christoph Schnerrs melden sich bitte bei der Sächsischen Zeitung. Wir leiten die Angebote weiter: 03581 47105250.

[email protected]