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Chaos am Strand

Das Wochenende am Berzdorfer See brachte überfüllte Parkplätze. Staus und Wildparker behinderten den Linienbus.

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© Nikolai Schmidt

Von Ralph Schermann

Zwei Seiten, eine Meinung: Ein so gut besuchtes See-Wochenende habe ich noch nicht erlebt! So fasst es Schönau-Berzdorfs Bürgermeister Christian Hänel für die Blaue Lagune ebenso wie für den Nordstrand der Geschäftsführer vom K9 Units Wach- und Sicherheitsdienst Görlitz, Dieter Baran, zusammen. Doch bei aller Freude ärgern beide sich auch: Der Ansturm war „pures Chaos“. Nicht, weil so viele Gäste an den Berzdorfer See kamen, sondern weil die Parkplätze überfüllt waren.

Gefährlich: Kein Platz für Retter

Gerade das aber ist nicht nur für die Erholungssuchenden nervig, sondern kann zur Gefahr werden. Uwe Restetzki, Leiter der Görlitzer Feuerwehr, weiß, dass ein Herankommen an Einsatzorte bei verstellten Anfahrtswegen schwierig ist: „Die vorgegebenen Zeiten sind dann nicht mehr einzuhalten, wenn man sich vortasten muss.“ Rettungsgassen zu bilden, scheint auf engen Ortsstraßen ohnehin noch weniger als auf Autobahnen machbar. Schlimmstenfalls müssten sich die Wehren eine Auffahrt auf den Radweg suchen, um auf dem dann an den Ereignisort heranzukommen. „Für diesen Fall haben wir mittlerweile auch Schlüssel für alle Schranken rund um den See mit an Bord“, berichtet Restetzki.

Zum Glück waren an dem überfüllten Wochenende keine Rettungsdienste im Einsatz, sieht man von den Schauübungen der Wasserwacht ab. Anderen aber bereiteten die Abstellmöglichkeiten durchaus Probleme. „Konnten wir am Sonnabend alles noch in den Griff bekommen, war am Sonntag die Parkfläche am Nordstrand restlos gefüllt“, berichtet Dieter Baran. „Deshalb blieb uns nichts anderes übrig, als die Parkplatz-Zufahrt zu sperren, um keinen sinnlos weiter blockierenden Suchverkehr zuzulassen.“ Wirksam wurde die Sperrung um 13.30 Uhr, erst gegen 16 Uhr entspannte sich die Lage. Der gefährliche Nebeneffekt: Ab der Einfahrt von der B 99 aus staute sich der Verkehr und behinderte die Durchfahrten auf der Bundesstraße. „Leider liegt das auch mit an unvernünftigen Bürgern“, zählt der K9-Geschäftsführer auf: „Da wird diskutiert, da stellen Leute provokativ ihr Auto einfach hin, um sich zu Fuß einen Überblick vom Parkplatz verschaffen zu wollen, da machen ganz Schlaue uns auch die vier, fünf für Behinderte freigehaltenen Stellflächen streitig.“ Auf Facebook ergänzt See-Besucher Sebastian Pietschmann: „Auf der B 99 kam es fast zu Unfällen.“ Wie es der Zufall wollte, waren auch der Polizeidirektion längere Zeit die Hände gebunden, statt entstandene Staus abzusichern: Sowohl im Polizeirevier Zittau (zuständig für die Blaue Lagune) als auch im Revier Görlitz waren viele Streifen mit der Aufnahme von Verkehrsunfällen überbelastet. Am Wochenende krachte es auf den Straßen der Oberlausitz immerhin insgesamt 65-mal, es gab 16 Verletzte.

Drastisch: Problem für „Lauffaule“

Bei Diskussionen über das Parken von Autos wird stets auch über die Gebühren diskutiert. „Völlig überhöht“, schimpft Elvira Müller, und eine Reihe ihrer Facebook-Freunde formulieren das noch drastischer. Andere sehen es realistisch, wie Carolina Kasperski: „Für den ganzen Tag parken finde ich vier Euro nicht zu teuer.“ Auch Volker Schlenker ist die Gebühren-Debatte leid: „Autos verbieten, dann ist Ende mit so einem Unsinn.“ Dem folgt Stephan Kunze: „Wie wäre es, wenn das lauffaule Volk sich mal in den Bus setzt, statt sich über Parkgebühren aufzuregen? Dann hätte man auch keine Wildparkerei. Aber nein, lieber direkt mit dem Auto am besten noch in den See fahren ... Na ja, zumindest Auswärtigen bleibt natürlich nichts anderes übrig.“

Nervig: Verbote werden missachtet

Genau darin liegt ein Problem. Wer sich all die geparkten Fahrzeuge näher anschaut, weiß den Berzdorfer See längst in der überwiegenden Hand von Besuchern aus Polen und Tschechien. Und selbst das Umsteigen auf den Stadtbus wäre an diesem Wochenende nicht empfehlenswert gewesen: „Weil sich überall die Autos stauten, hatte der Bus keine Chance, seinen Fahrplan einzuhalten. Den Ärger dafür bekamen die Busfahrer ab, und die können am allerwenigsten dafür“, schreibt Besucher Matze Langer. Mehr noch: Am Nachmittag steckte der Bus komplett fest. „Es ging nicht mehr vor und nicht zurück“, berichtet Norbert Weigt. Der Betriebsleiter der Verkehrsgesellschaft Görlitz (VGG) fuhr nach dem Notruf des Busfahrers selbst an den Berzdorfer See und erkannte schnell die Ursache: „Das Dilemma fand sich zwischen der Gärtnerei Tauchritz und der Zahlstelle zur Blauen Lagune. Um die Parkgebühr zu sparen, stellten Autofahrer ihre Wagen links und rechts dieser Zufahrt ab und engten sie dadurch unzulässig ein. Irgendwann kam der Bus nicht mehr weiter – und genau da kam reichlich Gegenverkehr. Damit war das Chaos an dieser Stelle perfekt.“ Für Norbert Weigt liegt es auf der Hand, dass „Gebührensparer“ diese Situation auslösten. „Denn auf dem Parkplatz an der Lagune selbst war zu jener Zeit ausreichend Platz, selbst am langen Berg in Richtung Aussichtsturm wurden Stellflächen bereitgehalten.“ Mit Bürgermeister Hänel will die VGG deshalb nun darüber sprechen, die Zahlstelle möglicherweise besser weiter in Richtung Tauchritz zu verlagern.

Dass auch für die Wildparker mehr ordentliche Parkflächen möglich waren, liegt an drei neuen Arealen an der Blauen Lagune. Noch sind diese gar nicht dauerhaft für die Gäste geöffnet, doch wegen der beginnenden Seewoche hatte die Gemeinde Schönau-Berzdorf am Wochenende eine weitere Ausnahme gemacht. Insgesamt gab es 560 Stellflächen, darüber hinaus stand auch die künftige Campingplatz-Fläche zum Parken offen. Zumindest am Sonntag war alles zeitweilig belegt. Das wirkte auch zurück auf die Zufahrt zum Seglerhafen. Skipper, die mit ihren Boots-Trailern nicht durchkamen, waren sauer.

Erfreulich: Chaos beweist Potenzial

Dennoch kann Christian Hänel dem Parkdilemma sogar Positives abgewinnen: Das Wochenende war Beweis dafür, dass der See Potenzial hat, Leute anzulocken. Vor weiteren Wochenenden mit Parkchaos fürchtet er sich aber nicht. Denn die Gästezahl am See sei wetterabhängig. Deshalb gab es dieses Jahr bisher keine Schwierigkeiten mit den Kapazitäten: „Und die vielleicht zwei, drei Chaos-Wochenenden im Jahr müssen wir einfach aushalten.“

Mitarbeit: Susanne Sodan