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Casinobesuche mit fremdem Geld

Ein Bischofswerdaer muss für zwei Jahre und fünf Monate ins Gefängnis. Das Gericht sieht ihn voll schuldfähig.

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© Uwe Soeder

Von Constanze Knappe

Für zwei Jahre und fünf Monate muss Patrick H. ins Gefängnis. Mit diesem Urteil hat das Landgericht Görlitz am Dienstag in der Verhandlung der Außenkammer Bautzen die Berufung des ehemaligen Bischofswerdaer Fußballstars „als unbegründet verworfen“. Im Sommer 2015 war dieser zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Das Amtsgericht Bautzen sah es als erwiesen an, dass Patrick H. die Firmenkonten des einstigen Arbeitgebers, des Bischofswerdaer Anwalts Jürgen Neumann, um 187 000 Euro erleichterte. Die Berufung hatte H.s Anwalt Frank Hengst damit begründet, dass es seinem Mandanten zu leicht gemacht worden sei, über Jahre unbemerkt Geld auf sein privates Konto abzuzweigen. Zudem sollte ein Gutachten klären, ob aufgrund einer krankhaften Spielsucht eine verminderte Schuldfähigkeit vorliegt. Am Dienstag wurde der Fall vor dem Landgericht nun noch einmal aufgerollt.

Wie eine Bombe war die Enthüllung im Dezember 2014 in Bischofswerda geplatzt. Jedoch erst nach und nach stellte sich das ganze Ausmaß heraus. Nach seiner ersten polizeilichen Vernehmung im Mai 2014 hatte sich Patrick H. seinem Chef offenbart. Aber nur insofern, dass er Gelder genommen und diese durch Verzicht auf einen Teil des Lohns wieder ausgeglichen habe. Selbst da habe Patrick H. noch gelogen, so der als Zeuge geladene Jürgen Neumann. Und H. habe danach weitergemacht. Alles in allem waren dem ehemaligen Rechtsanwaltsfachangestellten vor dem Amtsgericht 860 Fälle der Veruntreuung zwischen 2012 und 2014 zur Last gelegt worden. 21 Seiten macht die tabellarische Aufstellung dessen in den Prozessakten aus. Der durch Unterschrift seines Chefs freigegebenen wöchentlichen Sammelüberweisung fügte Patrick H. im Nachhinein stets mehrere Posten zur Überweisung auf das eigene Konto hinzu. Mit fiktiven Verwendungszwecken getarnt, sodass es lange Zeit unbemerkt blieb.

260 000 Euro verspielt

Anders als zuvor das Amtsgericht fasste nun das Landgericht mehrere an jeweils einem Tag begangene Straftaten zu jeweils einer zusammen. Der Einfachheit halber, wie der Vorsitzende Richter Volker Dratwinski begründete. Aber auch, weil es nach Ansicht von Staatsanwalt Jens-Hagen Josinger ein öffentliches Interesse gebe, dass Beträge unter 50 Euro nicht wegen Geringfügigkeit unter den Tisch fallen. Trotz allem bleibt der Vorwurf, dass sich Patrick H. in 345 Fällen unter Missbrauch der Kontobefugnis dauerhafte Einnahmen erschlich. Bezahlt hat der 31-Jährige davon Möbel und Geschenke, finanzierte aber vor allem seine Spielsucht. Die begann ganz harmlos mit Taschengeld am Spielautomaten, führte über Casinobesuche in Dresden, eine Pokerrunde in Bischofswerda zu Online-Wetten an Handy und Computer. 260 000 Euro Verlust brachte Patrick H. die Spielsucht ein. Der Kontrollverlust dabei sei Ausdruck einer Persönlichkeitsstörung, argumentierte die Verteidigung.

Eine krankhafte Spielsucht hatte bereits das Fachklinikum Wiesen bescheinigt, wohin sich Patrick H. aus freien Stücken zu Jahresbeginn zur Therapie begab. Nach Aussage von Katrin Thienel sei die Diagnose der Spielsucht gegeben. Für zwei Stunden wurde die Verhandlung unterbrochen, damit die als Gutachterin bestellte Psychologin des Fachkrankenhauses Arnsdorf mit dem Angeklagten reden konnte. Die vom Klinikum Wiesen ausgemachte narzisstische Persönlichkeitsstörung bestätigte die Gutachterin nicht. Im Gegenteil. Patrick H. baute sich Parallelwelten auf. Er kam seinen Arbeitspflichten nach, trainierte zwei Kindermannschaften und spielte selbst in der ersten Männermannschaft des BFV 08. Er kam den Pflichten einer neuen Partnerschaft und den Kreditrückzahlungen nach. „Es war ihm wichtig, nach außen hin zu funktionieren. Eine gravierende Beeinträchtigung des Steuerungsvermögens kann ich da nicht erkennen“, sagte die Sachverständige. „Es geht nicht um Wortglauberei. Aber wenn die Schwere der Beeinträchtigung nicht gegeben ist, stellt sich auch die Frage nach der Minderung der Fähigkeit zur Einsicht nicht“, so der Richter. Das war letztlich ausschlaggebend dafür, dass das Gericht eine Minderung der Schuldfähigkeit nicht erkennen konnte.

Wiedergutmachung in Raten

Die Verteidigung hielt eine Strafe von einem Jahr und neun Monaten, möglichst als Bewährung, für angemessen. Anwalt Frank Hengst begründete dies mit dem Willen zur Wiedergutmachung. 150 Euro pro Monat zahlen die Eltern seit vorigem Jahr an Jürgen Neumann. Patrick H., der seit Kurzem eine Arbeit als Tischlergehilfe hat, bot an, den Betrag mit der ersten regulären Lohnzahlung zu erhöhen. Nach der stationären arbeitet er nun zuverlässig die 50 Termine einer ambulanten Therapie ab und ist Mitbegründer der ersten Selbsthilfegruppe Spielsucht in Dresden. Der Staatsanwalt hielt Patrick H. zugute, dass er vollumfänglich geständig sei. Eine Strafe auf Bewährung käme jedoch nicht infrage. Die Kanzlei habe nicht nur hohen finanziellen Schaden erlitten, sondern auch großen Vertrauensverlust bei Mandaten, insofern seien die Folgen noch gar nicht absehbar. Zwei Jahre acht Monate forderte deshalb der Staatsanwalt. Das Gericht blieb mit seinem Urteil darunter. Auch weil Patrick H. durch mangelhafte Kontrolle die Betrügerei leicht gemacht worden war.

Gegen das Urteil kann bis Dienstag Antrag auf Revision eingereicht werden. Allerdings befasst sich das Revisionsgericht dann nicht noch einmal mit der Anklageschrift, sondern lediglich damit, ob Rechtsfehler unterlaufen sind.