Cathrin Reichelt
Im stockfinsteren Industriestadion wuseln zwei kleine Lichter hin und her. Es sind Jörg Bottner und Lutz Noss. Sie treffen die Vorbereitungen für ein ganz besonderes Silvesterspektakel. Sie bauen ein Feuerwerk auf, das Christian Quosdorf bei Hitradio RTL gewonnen hat. Als Lichtquelle nutzen die beiden Pyrotechniker nur zwei winzige Stirnlampen.
Die Männer sind schon vor 20 Uhr im Stadion. Denn bis alles perfekt ist, brauchen sie drei bis vier Stunden. Direkt neben der Weitsprunggrube setzen sie mehrere Metallgestelle aneinander. In jedem befestigen sie mehrere Rohrgestelle für die Feuerwerksbomben. Jedes Gestell wird in eine andere Richtung gedreht und fixiert. „Das nennt sich fächern“, erklärt Jörg Bottner. Schließlich sollen die Feuerwerkskörper nicht alle senkrecht nach oben sausen, sondern in der Breite ein schönes Bild geben.
30 Gestelle bauen die beiden Männer der Firma Matthias Kürbs aus Dohna auf. Sie bilden zusammen 258 Abschussvorrichtungen. In jede steckt Lutz Noss eine Feuerwerksbombe. „Zwei wären verheerend. Sie würden eine Doppelreaktion auslösen, bei der keiner vorhersehen kann, was passiert“, so Bottner. Die Feuerwerksbomben sehen aus wie Maisenknödel in Plastikbeuteln. „Ja, wir füttern die Vögel im Flug“, sagt Jörg Bottner lachend.
120 Kilo Feuerwerksbomben verschwinden in den Abschussrohren. Darunter sind 15 Kilo Schwarzpulver als Antrieb. Die einzelnen Feuerwerksbomben sind mit Kabeln verbunden. Die werden später aber nicht mit einem Streichholz oder Feuerzeug gezündet, sondern elektronisch. Das Gerät dazu sieht aus wie ein Schaltkasten in Form eines Laptops. An den schließen die Pyrotechniker auch noch einige Feuerwerksbatterien an. Sie sind ähnlich aufgebaut, wie die, die es im Handel gibt. Ab statt 40 Schuss sind hier 200 drin.
Mit geübten Handgriffen setzen die beiden jeden „Maisenknödel“ und jede Schnur an die richtige Stelle. Seit zehn Jahren verbringt Jörg Bottner so seinen Silvesterabend. Lutz Noss weiß nicht genau, wie lange er schon dabei ist. Für beide ist es ein Nebenjob. Bottner ist im Hauptberuf Mechatroniker, Noss Regalbauer. Aber wäre es nicht schöner, Silvester mit der Familie oder Freunden zu feiern? „Wir machen das aus Spaß an der Sache. Und wenn wir in Dresden sind, kommt die Familie auch manchmal vorbei“, meint Jörg Bottner. Außerdem sei der Pyrotechniker ein Beruf, der die Dankbarkeit der Menschen noch direkt erfahre. Die Männer sind aber nicht nur zu Silvester aktiv, sondern werden das ganze Jahr über in ganz Deutschland für Volksfeste, Firmenfeiern und Hochzeiten gebucht. Auch fürs Fernsehen haben sie schon Raketen steigen lassen.
Dass es in Hartha ein ganz besonderes Feuerwerk gibt, hat sich herumgesprochen. Nicht nur der Gewinner Christian Quosdorf, seine Lebensgefährtin Katja Wendler und die fünfjährige Tochter Lenny-Sophie finden sich um Mitternacht im Industriestadion ein, sondern halb Hartha ist auf den Beinen. Sie erleben, wie die Pyrotechniker Sterne, Blumen, aber auch Smileys und Mickymäuse in den Himmel malen. Nach zehn Minuten ist das Spektakel vorbei. Während sich die Zuschauer auf den Heimweg machen, beginnen die Pyrotechniker mit dem Abbau. Der dauert etwa eine Stunde. Danach suchen sie mit ihren Lampen das Stadion nach Überresten des Feuerwerks ab. Aufräumen gehört auch dazu.