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Bunker unterm Körnerplatz gefunden

Arbeiter haben den Eingang zu einem unterirdischen Gangsystem freigelegt. Davon gab es in der Stadt Döbeln noch mehr.

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© André Braun

Von Cathrin Reichelt

Döbeln. Sie arbeiten in vielen Bereichen und haben schon viel gesehen – aber soetwas noch nicht. Beim Baggern auf dem Körnerplatz haben Sven Reichel und Udo Melzer von der Elektrofirma Bauer den Eingang zu Splitterschutzgräben aus dem Zweiten Weltkrieg freigelegt. Die mit Bruchsteinen gefüllte Öffnung befindet sich nur etwa 50  Zentimeter unter der Oberfläche.

Dr. Michael Strobel, Referent des Landesamtes für Archäologie, wundert sich darüber, dass es in einer Kleinstadt wie Döbeln solche intensiven Luftschutzmaßnahmen gab. Dokumente über die Art des Baus existieren offenbar nicht. Aber der Döbelner Joachim Braun erinnert sich. „Als Kind war ich vier bis fünfmal dort drin“, sagt der heute 80-Jährige. Er spricht von einem Drei-Gängesystem, das sich unter den gesamten Körnerplatz erstreckt hat. Neben dem Eingang an der Waldheimer Straße habe es noch einen im Bereich der Körnerplatzschule und einen zwischen der Ampel und der Gaststätte Erholung gegeben. Jeder Eingang war mit einer massiven Tür verschlossen. „Wenn Fliegeralarm war, wurden sie geöffnet“, sagt Joachim Braun.

Mit Taschenlampen haben er und seine Freunde die Gänge nach Kriegsende erkundet. „Eingestiegen sind wir immer von der Waldheimer Straße aus. Da haben uns die Russen nicht so schnell entdeckt“, erzählt der Senior. Die russischen Soldaten hatten in der Körnerplatzschule ihre Kommandantur, bevor sie ins Rathaus umzogen.

Viel zu sehen gab es in den Gängen nicht: Graue Wände, ein paar Bänke, die an den Wänden befestigt waren und eine Notbeleuchtung, die aber nach dem Krieg nicht mehr funktionierte. „Die Gänge waren etwa 2,20 Meter hoch“, schätzt Braun. Wahrscheinlich seien sie um 1943 gebaut worden. Von wem ist nicht mehr nachvollziehbar. Etwa Anfang der 1950er Jahre seien die Decken eingebrochen und die Gänge damit verfüllt worden. „Die Wände müssten noch vorhanden sein“, vermutet Joachim Braun.

Die Splitterschutzgräben am Körnerplatz waren aber nicht die einzigen in Döbeln. Heimatfreund Horst Schlegel erinnert sich noch an ähnliche Anlagen unter dem Niedermarkt, zwischen der Bach-schänke und der Turnhalle an der Rößchengrundstraße sowie an den Wappenhenschanlagen.

Öffnung wird wieder verfüllt

Obwohl der Eingang am Körnerplatz schon teilweise geöffnet ist, will Archäologe Michael Strobel die Gänge nicht intensiver erforschen. „Es besteht kein Anlass, weiter reinzugraben“, sagt er. Trotzdem soll in der kommenden Woche der Eingang noch etwas mehr freigelegt und nachgeschaut werden, ob sich dahinter noch eine Tür verbirgt. Die Dokumentation der Arbeiten übernimmt der Döbelner Hobbyhistoriker Andreas Riethig. Später soll der Bereich wieder verfüllt werden.

„Wir müssen uns nun überlegen, ob Plan A noch funktioniert oder wir einen Plan B brauchen“, sagt Carsten Thomas von der Firma Bauer. Die hatte am Körnerplatz ein neues Trafohaus gesetzt. Beim Schachten für die dazugehörigen Elektroleitungen waren die Mitarbeiter auf den Bunker gestoßen. Rund 80 Zentimeter tief müssen die elf bis zwölf Kabel in den Boden. Den dafür nötigen Graben in einer anderen Richtung zu schachten, gestaltet sich schwierig. Das Denkmal auf dem Körnerplatz darf in seiner Standfestigkeit nicht gefährdet und die Bäume nicht beschädigt werden. Deshalb wird die Firma sogenannte Suchschlitze anlegen, um den günstigsten Weg zu finden.

Das Trafohaus ist statt in den Boden, auf einen Sockel gesetzt worden und mit einer Mauer umgeben. Das soll möglichen Flutschäden vorbeugen. Die Mauer wird später noch von außen mit Erde angefüllt und bepflanzt.