Merken

Büxt Emma nach Neukirch aus?

Eine Berlinerin glaubt auf einem Foto in der SZ ihre vermisste Katze zu erkennen. Sie täuscht sich.

Teilen
Folgen
© privat

Von Constanze Knappe

Eine scheinbar herrenlose Katze – und doch zwei Besitzerinnen? Der SZ-Beitrag „Tierquäler setzt Katzen aus“ (2. Februar) ließ nicht lange auf Reaktionen warten. Zwei Frauen meldeten sich bei der SZ, die das Bild des schwarz-weißen Tieres in der Zeitung gesehen hatten und meinten, es sei ihre entlaufene Katze. Eine Leserin rief aus Neustadt an, die andere aus Berlin.

Eine Neukircher Katzenfreundin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, hatte das Tier Ende vergangenen Jahres an einem beliebten Spazierweg nahe ihres Heimatortes entdeckt. Sie näherte sich der Katze, erwarb ihr Vertrauen, konnte sie streicheln. Schließlich nahm sie die Katze zu Hause auf und rettete sie so vor dem sicheren Hunger- oder Kältetod. Das Tier hatte damals ein relativ dünnes Fell. Die Neukircherin schlussfolgerte daraus, dass die Katze zuvor in einem Haus gelebt hatte und noch nicht lange Zeit ihrem Schicksal in freier Natur überlassen war. Schon seit dem Sommer waren ihr an der gleichen Stelle zwei Katzen aufgefallen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt worden waren. Eine hatte Ähnlichkeit mit der schwarz-weißen Katze. „Beide Tiere hätten von derselben Mutter abstammen können“, sagt die Neukircherin.

Katze lebt eigentlich in Bretnig

Marleen Hartmann aus Berlin vermutete nun, dass das in der Zeitung abgebildete Tier ihre Katze sei. Das klingt ziemlich abenteuerlich. Es ist aber leicht zu erklären. Marleen Hartmann zog der Arbeit hinterher nach Berlin. Ihre 15 Jahre alte Katze lebt seitdem bei ihrer Mutter in Bretnig. Die Katze war Freigängerin, kam aber regelmäßig zum Fressen nach Hause in die Garage. Nicht so am vierten Advent. Seitdem war Emma spurlos verschwunden. Da sie ursprünglich aus Ohorn stammte, wurde dort zuallererst nach ihr gesucht. Außerdem im Tierheim in Bretnig-Hauswalde und überall sonst in der Umgebung. Sogar Plakate haben Marleen Hartmanns Mutter und ihre Schwester aufgehängt. Doch ohne Erfolg. Emma blieb verschwunden.

Hilfe bei Fundtieren

Tierheim Bloaschütz: in Bautzen, Bloaschütz 32a, 035937 80290. Hier kann man sich tagsüber hinwenden. Unter anderem die Stadt Bischofswerda und die Gemeinde Neukirch haben mit diesem Tierheim Verträge zur Aufnahme von Fundtieren abgeschlossen.

Tierheim Bretnig-Hauswalde: Röderhäuser 4, in Bretnig-Hauswalde, Telefon: 035955 72604

Polizei, Standort Bischofswerda, Telefon: 03594 7570: Sie hilft bei Notfällen in den Abend- und Nachtstunden, wenn die Tierheime nicht besetzt sind.

1 / 3

Als nun das Bild von der in Neukirch gefundenen Katze in der SZ erschien, glaubten Mutter und Schwester ihren Augen nicht zu trauen. Ganz aufgeregt riefen sie bei Marleen Hartmann in Berlin an – und die wandte sich nicht weniger aufgeregt an die SZ. „Unsere Katze sieht der auf dem Foto zum Verwechseln ähnlich. Die Zeichnung, die Kopfform, das kann nur unsere Emma sein“, war Marleen Hartmann überzeugt. Und wie ihre Katze nach Neukirch gekommen sein soll, dafür hatten die Frauen eine einleuchtende Erklärung. Die Schwester von Frau Hartmann wohnt in Neukirch. Die Katze hätte also durchaus in Bretnig unbemerkt ins Auto der Schwester klettern und in Neukirch ebenso unbemerkt aus dem Auto verschwinden können – um dann jedoch hilflos in der unbekannten Umgebung herumziehen zu müssen.

Katze würde nicht freiwillig ausreißen

Unmöglich ist das nicht, sagt Elvira Langnickel vom Tierschutzverein in Bischofswerda. „Allerdings klettern Katzen nur in Autos, die sie sehr gut kennen. Zudem gibt es unter ihnen etliche, die regelrecht Angst vor Fahrzeugen haben und diese gänzlich meiden“, sagt sie. Dass sich die Katze zu Fuß von Bretnig nach Neukirch aufgemacht hat, schließt Elvira Langnickel aus. Aber nicht etwa wegen der Entfernung. „Von Schönbrunn aus hat sich mal eine Katze über die B 6 und Kynitzsch nach Neukirch begeben, wo sie 26 Stunden später wieder aufgetaucht ist“, erzählt die Bischofswerdaerin. Es ist bekannt, dass Katzen Hunderte Kilometer überwinden und das sogar über längere Zeiträume. Allerdings immer auf dem Weg zurück in ihr angestammtes Zuhause – nie umgekehrt. Zudem würde eine Katze, die zwar Freigängerin, aber an die regelmäßige Fütterung bei Menschen gewöhnt ist, nicht freiwillig in einen Wald ausreißen, wo sie sich das Revier mit einem Fuchs teilen und womöglich sogar darum kämpfen müsste. „Mit dem Fußballen orientieren sich Katzen am Magnetfeld der Erde und dem Stand der Sonne, wenn sie nahe genug an ihrer alten Heimat sind, auch an Gerüchen“, erklärt die Tierschützerin, die noch ein Beispiel parat hat. „Ein von Schirgiswalde aus nach Ringenhain vermittelter Kater war dort nach zwei Tagen verschwunden und tauchte vier Tage später in Schirgiswalde wieder auf.“ So selten sei das also tatsächlich nicht.

Merkwürdig war Marleen Hartmann erschienen, dass die gefundene Katze sich anscheinend auf Anhieb mit anderen Katzen und sogar mit Hunden verträgt. Dies sei eher untypisch für Emma. Trotz dieses kleinen Dämpfers wollte sie die Hoffnung aber nicht aufgeben. Nach Vermittlung durch die Redaktion setzte sie sich mit unserer Leserin in Neukirch in Verbindung. „Ich bin sehr traurig, dass es doch nicht unsere Katze ist“, so Frau Hartmann. Es hatte sich herausgestellt, dass das Tier in Neukirch zwar sehr große Ähnlichkeit mit Emma aufweist, aber wesentlich jünger ist.

Happy End für Nele

Die Neukircher Familie nannte die Katze Nele. Die Familie, bei der schon eine Katze und auch zwei Hunde leben, hat Nele inzwischen zum zweiten Mal impfen und will sie auch noch sterilisieren lassen. „Wir werden sie behalten“, so die Entscheidung. Für Nele ein Happy End.