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Büsum muss warten

Ein Handyverkäufer schließt ohne Wissen der Kunden Verträge ab. Die Kunden erhalten Rechnungen, aber keine Handys.

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Von Jürgen Müller

Es ist die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr, da hat ein damals 46-jähriger Mann aus Gauernitz viel Zeit. Mit seiner Frau geht er nach Meißen einkaufen. Bei dieser Gelegenheit möchte er auch gleich einen neuen Handyvertrag abschließen, weil ihm sein damaliger Tarif zu teuer ist. In einem Handy-Laden lässt er sich beraten, gibt dem Verkäufer seine Kundendaten samt Passwort. Der schaut nach, doch hat an diesem Tag angeblich wenig Zeit. Es ist kurz vor Feierabend. Der Mann solle an einem anderen Tag wiederkommen, sagt der Verkäufer.

Doch der lässt die Sache sein. Und ist völlig überrascht, dass er Wochen später eine Rechnung über einen neuen Vertrag von seinem Anbieter erhält. Er storniert die Zahlung, bekommt erneut eine Rechnung. Wieder zahlt er nicht, jetzt wird er angezeigt. Nun setzt sich der Mann mit dem Handyanbieter in Verbindung. Und erfährt, dass ein Vertrag auf seinen Namen abgeschlossen wurde. Das Handy wurde in den Meißner Shop geliefert, den er kurz nach Weihnachten aufgesucht hatte. Doch er hat nie einen Vertrag abgeschlossen, nie Vertragsunterlagen und auch kein Handy erhalten. Dem Gauernitzer ist klar, er wurde betrogen. Ihm gelingt es, den Namen dessen herauszubekommen, der den Vertragsabschluss gemacht hat. Gut, dass es soziale Netzwerke gibt. Bei Facebook findet er den Mann auch mit Foto. Es ist der Verkäufer aus dem Meißner Shop. Er zeigt ihn an. So wie dem Gauernitzer ging es mindestens sechs weiteren Kunden. Ohne ihr Wissen schloss der Angeklagte Verträge, ließ sich die Handys liefern und behielt sie für sich. Die Rechnungen bekamen die völlig überraschten und betrogenen Kunden. Der Grund für seine Betrügereien ist offensichtlich. Der gelernte Koch und Verkäufer, der vier eigene und drei Stiefkinder hat, häufte einen Schuldenberg von 70 000 Euro an. Er befindet sich in Privatinsolvenz, leidet permanent unter Geldmangel.

Ganze vier Tage hatte sich der Richter am Amtsgericht Meißen für dieses Verfahren Zeit genommen. Am Ende kam für den Angeklagten eine Haftstrafe von einem Jahr und acht Monaten ohne Bewährung heraus. Doch er will nicht ins Gefängnis, obwohl er reichlich Hafterfahrung hat. Zehnmal wurde der 37-Jährige bereits verurteilt, meistens wegen Betrugs und Diebstahls. Mehrfach saß der Mann schon im Gefängnis. Bewährungen wurden meist widerrufen, sodass er nach vorzeitiger Entlassung auch die Reststrafen noch absaß. Doch diesmal will er es nicht gewesen sein. Er geht in Berufung gegen das Urteil. Diese Woche wurde am Landgericht Dresden darüber entschieden.

Es wird nicht viel besser für den Angeklagten. Der hatte noch der Richterin erzählt, er wolle „das schlimme Umfeld in Meißen“ verlassen, in Büsum an der Nordsee mit seiner Familie neu beginnen und in einem Hotel anfangen. Nichts als Absichtserklärungen, und dabei bleibt es auch. Denn der 37-Jährige muss erst mal für ein Jahr und drei Monate ins Gefängnis. Dazu verurteilte ihn das Berufungsgericht. Es hält die Täterschaft des Angeklagten für zweifelsfrei erwiesen. Dafür sprechen nicht nur die Zeugenaussagen, sondern auch Dienstpläne, nach denen der Angeklagten zu den Tattagen und den entsprechenden Zeiten als Einziger in dem Handy-Shoptätig war. Der Betreiber der Shops wies nach, dass es durch einen kleinen Trick möglich ist, an die Kundendaten samt Passwörter zu kommen. Die Strafe ist deshalb geringer als in Meißen, weil damals ein anderes Urteil einbezogen und eine Gesamtstrafe gebildet wurde. Diese Einzelstrafe von drei Monaten hat er inzwischen abgesessen, sie kann also nicht mehr einbezogen werden. Auch sah das Landgericht im Gegensatz zum Amtsgericht keine Urkundenfälschung, weil die Originalverträge nicht vorliegen. Die hat der Angeklagte vernichtet. Dieser hätte es aber bedurft, um die Unterschriften zu prüfen. Im Grund wurde jedoch das Urteil des Meißner Amtsgerichtes bestätigt. „Das Meißner Urteil ist fehlerfrei“, bestätigt auch die Staatsanwältin. Und Bewährung kriegt der Bewährungsbrecher und mehrfach Vorbestrafte auch vom Landgericht nicht.