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Bürgermeister einmal anders

Beim Benefiz-Sportabend in Priestewitz zeigen sich Politiker von einer anderen Seite. Eine CDU-Frau wird sogar wild.

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© Anne Hübschmann

Von Jörg Richter

Priestewitz. Vonwegen kleines, zierliches Persönchen. Die Priestewitzer Bürgermeisterin Susann Frentzen hat echte Nehmerqualitäten. Immer wieder setzt sie zum Sprungwurf an und wird von den kernigen Handballern des SV Niederau aufgehalten. Wie ein Kätzchen, das gegen eine Mauer geschmissen wird, prallt sie an ihnen ab und fällt zu Boden. Doch immer wieder steht sie auf. Allein dafür erntet sie viel Respekt bei den Zuschauern in der rappelvollen Priestewitzer Sporthalle. Selbst ihr Niederauer Kollege Steffen Sang ist beeindruckt. „Frau Frentzen haut sich ganz schön rein“, sagt er. „Sie spielt auf alle Fälle mit viel Einsatz.“

Benefizspiel in Priestewitz

In Priestewitz trat das Kuge-Team mit prominenten Gesichtern aus Politik und Sport an.
In Priestewitz trat das Kuge-Team mit prominenten Gesichtern aus Politik und Sport an.
CDU-Landtagsabgeordnete Daniela Kuge wartet auf ein Anspiel.
CDU-Landtagsabgeordnete Daniela Kuge wartet auf ein Anspiel.
Die Niederauer Bürgermeister Steffen Sang als Zuschauer.
Die Niederauer Bürgermeister Steffen Sang als Zuschauer.
Susann Frentzen, die Bürgermeisterin von Priestewitz, will eingewechselt werden.
Susann Frentzen, die Bürgermeisterin von Priestewitz, will eingewechselt werden.

Festen Ton gewöhnt

Die Priestewitzer Bürgermeisterin, die 15 Jahre in Meißen Handball spielte und sogar Männer trainierte, erzielt immerhin zwei Tore. Eins mehr als ihre Teamchefin Daniela Kuge. Die CDU-Landtagsabgeordnete rennt lange Zeit vergeblich ihrem Ehrentreffer hinterher. „Geh doch rüber!“, brüllt sie ihren Gegenspieler an. Der ist sichtlich irritiert, lässt sie beim nächsten Angriff gewähren. Doch da steht ja noch ein Torwart im Kasten. Beim ihm bleibt sie leise. „Ganz so offensichtlich geht‘s nicht“, sagt sie scherzend. Aber es ärgert sie schon, dass sie wieder nicht getroffen hat.

Ehemann Jens Kuge sitzt auf der Auswechselbank. Er schmunzelt. „Sie fängt immer zu brüllen an, wenn sie nicht mehr kann“, sagt er. Das kennt der Uhrmachermeister noch aus ihrer aktiven Handballerzeit beim VfL Meißen. Da war es genau so.

Wesentlich erfolgreicher ist da der Riesaer Oberbürgermeister Marco Müller. Er hat nicht nur das Kuge-Team gegen die Niederauer Allstars mit 1:0 in Führung gebracht. Er trifft immer mal wieder, obwohl er kein gelernter Handballer ist. Sein Jubel kennt keine Grenzen, als ihm sogar ein Hüftwurftor gelingt. Handball zum Genießen. Müller, das Naturtalent!

Doch auch er macht die unliebsame Bekanntschaft mit den Niederauer Handballern. „Das sind echte Profis. Da kriegt man schon mal die Hand ins Gesicht“, sagt Müller. Geschenkt wird hier nichts, auch wenn es sich um ein Benefizspiel handelt, bei dem es eigentlich nur um Spaß und Spenden geht.

Mehr als 1 000 Euro kommen an diesem Abend zusammen. Sie sollen je zur Hälfte der Nachwuchsabteilung des SV Niederau und der Priestewitzer Kita „Villa Kunterbunt“ zugutekommen. „Es gibt eben auch noch was anderes außer Asyl“, sagt Bürgermeisterin Susann Frentzen. „Und das sind unsere Leute.“

Eine willkommende Abwechslung

Neben ihr, Marco Müller und Steffen Sang sind auch die Rathauschefs von Großenhain und Zeithain, Sven Mißbach und Ralf Hänsel, mit in der Halle. Fast alle betonen, dass der Benefizabend, an dem auch Volleyball und Fußball gespielt wird, eine willkommene Abwechslung zum gegenwärtig frustrierenden Politikeralltag sei. Sang spricht sogar selbstironisch von einem „bürgermeistergeschwängerten Turnier“. Das wollte er sich wegen des guten Zweckes nicht entgehen lassen. Auch einen Tag nach seinem 53. Geburtstag nicht. Immer wieder reichen ihm Leute die Hand und gratulieren. „Die Facebook-Gemeinde ist gut informiert“, sagt Sang und bedankt sich für die guten Wünsche. Die Probleme, die er im Zuge der Flüchtlingskrise erlebt, scheinen für diesen Abend fern. Völlig auszublenden vermag er sie aber nicht.

„Dass hier so viele Politiker sind, stört mich überhaupt nicht“, sagt der Priestewitzer Andreas Pluntke. „So ein Benefizabend sollte rein unpolitisch sein.“ Der Sportlehrer, der an der Großenhainer Schachtschule unterrichtet, war zuvor beim Volleyballspiel selbst aktiv. Das gewannen die Niederauer gegen die Priestewitzer knapp mit 2:1 Sätzen. Derweil kämpft Daniela Kuge noch immer mit ihrem ersten Tor. Dass ihre Mannschaft ganz in Schwarz spielt, wenn wundert’s, ist es doch die Farbe der Christdemokraten. Die Landtagsabgeordnete hat eine Erklärung für ihre Torflaute. „Als ich vor drei Jahren meinen ersten Wahlkampf begann, habe ich mit dem Handball aufgehört“, erzählt die 40-Jährige. Und weiter: „Ich habe schon immer gern Handball gespielt, weil man sich anschnauzen kann.“ Nicht zuletzt deshalb seien Handballer für die Politik wie geschaffen, sagt sie.

Kurz vorm Abpfiff gelingt ihr dann doch ihr Tor. Daniela Kuge ist erschöpft. Ihr Blut kocht. Ihre Zunge sitzt locker und schleudert Schimpftiraden gegen den Niederauer Tormann. Er tut ihr den Gefallen und macht einen Schritt zur Seite. Tooor für Kuuuge! Na,also. Es geht doch.