Von Ralph Schermann
Görlitz. Eine Bürgerinitiative wird die Görlitzer Verkehrsplanung auch künftig begleiten – die Interessengemeinschaft Verkehr (IGV). Nachdem es seit dem Ausscheiden von Manfred Rimbach, dem langjährigen Leiter, vorübergehend etwas ruhiger um diese Gruppe wurde, orientiert sie sich jetzt neu. „Nach einer Bedenkzeit habe ich mich bereit erklärt, die IGV Görlitz zu leiten“, sagte Peter Demme auf der jüngsten Zusammenkunft der Mitglieder.
Als Polizeibeamter war Demme bisher stets beratender Gast der Initiative, in der er nun in seiner Freizeit aktiv mitarbeitet. Wie viele andere der IGV hat er eine Ingenieurausbildung vorzuweisen, wie es der Grundsatz des Gremiums sein soll: „Wir verstehen uns als Bürgerbeteiligung mit überdurchschnittlicher Fachkenntnis und themenbezogen auf den Straßenverkehr.“ Den Schwerpunkt der Gruppe bilden ehemalige Leiter von Verkehrsunternehmen.
Die Interessengemeinschaft geht auf das Jahr 2003 zurück. Damals startete die Stadtverwaltung Görlitz eine Art Vorläufer der heutigen bürgerschaftlichen Aktion „Ich bin Görlitz“, aus der die Bürgerräte verschiedener Stadtteile hervorgingen. Die Aktion vor 14 Jahren nannte sich „Modellprojekt Mensch – Stadt – Umwelt – Verkehr“ und hatte die Stärkung von ehrenamtlichem Engagement zum Ziel. In diesem Rahmen wurden mehrere Interessengemeinschaften gebildet, geblieben davon ist lediglich die Gruppe Verkehrsexperten, die sich 2003 um Manfred Rimbach fanden. „Nach Ablauf des Vorhabens wollten wir uns weiter einbringen“, begründete Rimbach. Spontan sicherten Stadtplanungschef Lutz Penske und Verkehrsplaner Hans-Jürgen Hennig Unterstützung zu. Hennigs Nachfolger, der heutige Verkehrsplaner der Stadtverwaltung, Jens Kunstmann, hält das weiterhin so: „Weil das alles Leute aus der Branche sind, hilft uns ihr Rat sehr. Seit Jahren legen sie der Stadtplanung regelmäßig Ideen vor und beraten auch gemeinsam mit Sachgebietsleitern der Stadtverwaltung und der Polizei. Wir wissen dieses Engagement zu schätzen, auch wenn sich nicht alle Ideen verwirklichen lassen“, sagt Kunstmann. Genau daran will auch Peter Demme als der neue IGV-Leiter anknüpfen. „Wir werden künftig weniger konzeptionell arbeiten, denn das ist Sache der Verwaltung. Wir verstehen uns als fachliche Unterstützer im Vorfeld.“ Schon im Stadium von Ideen und ersten Entwürfen wollen sie sich einbringen, wollen Varianten diskutieren und Hinweise geben. „Wir wollen nicht erst meckern, wenn Planungen öffentlich werden, sondern schon vorher mit das suchen, was für die Bürger unter den rechtlichen und sachlichen Zwängen am besten ist“, erklärt Peter Demme. Dabei will die IGV Mittler sein, wenn es zwischen objektiven Planungsgründen und subjektivem Empfinden der Bürger Verständnisprobleme gäbe.
Das zu erreichen, versteht sich die IGV jetzt mehr als Sammler und Bündler von Interessen. „Wir werden auf Stadtratsfraktionen zugehen und auch auf die neuen Bürgerräte, werden Vereine einbeziehen und Betroffene berücksichtigen.“ Damit meint Peter Demme vor allem Senioren- und Behindertenverbände: „Das ist in Görlitz wichtig. Hier sind immerhin 32 Prozent der Einwohner über 60 Jahre alt, was sich auch so in den Unfallstatistiken entsprechend widerspiegelt.“ In der Bürgerinitiative bewertet werden auch die verschiedenen Straßennutzer. Die Radfahrer werden stärker als bisher bei jeder Planung zu berücksichtigen sein, Fußgänger brauchen spezielle Orientierungen im Straßenverkehr, sogar die neue Elektromobilität wurde beim ersten Treffen unter neuer Leitung schon angedeutet. Für all das gilt zudem: regelmäßige Diskussionsrunden ja, aber auch direktes Einbringen und Vor-Ort-Termine. Schon früher halfen Mitglieder der IGV der Stadtverwaltung bei Verkehrszählungen und Kontrollen, trugen dabei zur Konkretisierung von städtischen Vorhaben wie dem Parkleitsystem oder den Verkehrsplanungen zur Sächsischen Landesausstellung hilfreich bei. Diese begleitende Arbeit wird auch weiter zugesichert.
Etwa zehn, zwölf Mitglieder vereinte die IGV bisher, sie alle wieder zu aktivieren, haben sich Peter Demme und die IGV-Urgesteine Stefan Schmidt und Ulrich Kind vorgenommen. Auch nach neuen, fachlich geeigneten Mitgliedern wird ausgeschaut. Damit diese Initiative noch lange besteht.