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Bündnis muss ohne Görlitz auskommen

Die Stadt tritt einer Europäischen Koalition gegen Rassismus nicht bei. Um weltoffen zu sein und auch so zu handeln, brauche es keine solche Mitgliedschaft.

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© N. Schmidt

Von Daniela Pfeiffer

„Unsere Erfahrungen mit Flüchtlingen sind vorzeigbar.“ So weit ging der Großteil der Stadträte mit Thorsten Ahrens von den Linken mit. Seine Fraktion hatte angeregt, dass Görlitz zum 1. Januar der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus beitreten soll. Da war es mit der Einigkeit dann aber vorbei. Was folgte, war eine aufgeheizte Debatte – bis hin zu einem Verweis, den der Oberbürgermeister einem Stadtratsmitglied aussprach.

Görlitz müsse sich nicht verstecken, hielt Dieter Gleisberg (CDU) zunächst fest. „Wir müssen uns aber auch kein Mäntelchen überziehen lassen.“ Er lobte die Erklärung, die die Stadt Görlitz schon vor einem Jahr abgegeben hatte. Als damals die Flüchtlingswelle auf dem Höhepunkt war und die Emotionen überkochten, hatte der Stadtrat ein Papier verabschiedet, mit dem Görlitz zur weltoffenen und toleranten Stadt erklärt wird. „Populismus, Extremismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit haben keinen Platz in unserer Stadtgemeinschaft. Wir treten ihnen mit aller Entschiedenheit, Zivilcourage und allen verfügbaren rechtsstaatlichen Mitteln entgegen“, steht darin. Damit würde Görlitz viel deutlicher sagen, wofür es steht als der eher unkonkrete Zehn-Punkte-Plan der Städtekoalition, so Dieter Gleisberg. Dass mit der Mitgliedschaft eine regelmäßige Berichterstattung an das Bündnis sowie eine Gebühr verbunden ist, deren Höhe nicht mal klar ist, störte nicht nur ihn. Sondern auch Joachim Paulick (Zur Sache): „Wir haben große Haushaltsprobleme, da möchten wir wissen, was auf uns zukommt.“ Außerdem seien die Dinge, die die Städtekoalition festlege, selbstverständlich. Das sah auch Renate Schwarze (SPD) so. Man müsse nicht überall Mitglied sein. Zudem kritisierte sie, dass die Linken Zgorzelec unter Druck setzten, dem Bündnis ebenfalls beizutreten. Die hatten in ihrem Beschlussvorschlag festgehalten, dass OB Siegfried Deinege seinen polnischen Amtskollegen Gronicz von einer gemeinsamen Mitgliedschaft überzeugen solle.

Görlitz müsse sich doch nicht wie ein kleines Dorf einigeln, so Ahrens. Als Europastadt könnte Görlitz hohe Kompetenz in dieses Netzwerk einbringen. Carolin Mahn-Gauseweg (Piraten) stärkte ihm da den Rücken. Symbole seien wichtig und ein Beitritt richtig. Man könne doch eine Mitgliedschaft nutzen, um mit anderen Städten in Erfahrungsaustausch zu treten.

Die Koalition wurde übrigens 2004 von der Unesco ins Leben gerufen. Ziel ist es, lokal angepasste Strategien zur Rassismusbekämpfung zu entwickeln. Mehr als 100 europäische Städte, die sich einmal jährlich zu Konferenzen treffen, gehören ihr an.

Worte und Pamphlete, nichts weiter sei das, fand Helmut Goltz (CDU). „An ihren Taten sollt ihr sie messen“, zitierte er und verwies auf die Taten der Görlitzer in Sachen Flüchtlingsaufnahme und -betreuung. „Ich danke allen Görlitzern dafür, wie wir das gemanagt haben – im Stillen. Wir brauchen uns nicht erklären.“

Rassismus zu einem Kampfbegriff zu machen, sei nicht der richtige Wege, denn das bringe nur die zum Schweigen, die gegen die Masseneinwanderung sind. So formulierte es Andreas Storr (NPD). Noch lauter und schärfer wurde sein Kollege Per Lennart Aae. Diejenigen im Land, die gegen eine Masseneinwanderung seien – und das wären Hunderttausende – nicht anzuhören, bedeute, eine Diskussion nicht stattfinden zu lassen. Derart in Rage redete sich der NPD-Mann, dass er sich trotz mehrmaliger Ermahnung, seine Redezeit sei zu Ende, nicht stoppen ließ. Solange, bis OB Deinege ihm einen Verweis erteilte. Die Abstimmung ging am Ende recht knapp aus: 20 Räte stimmten gegen einen Beitritt, 15 dafür, drei enthielten sich.