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Bruch mit dem AfD-Familienbild

Die Volkswirtin Alice Weidel gehört zum Wahl-Spitzenteam. Doch in einem Punkt passt sie ganz und gar nicht zur Partei.

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© dpa

Von Annette Binninger

Sie galt als Vertreterin des wirtschaftsliberalen Flügels in der AfD – jedenfalls bis zum Kölner Parteitag am vergangenen Wochenende. Dort bewies die 38-jährige promovierte Volkswirtin, dass sie auch anders kann und dem rechtsnationalen Flügel mindestens genauso angehört. Ganz im Sinne der stärker nach rechts gerutschen „Alternative“.

Alice Weidel kann auch „auf Höcke machen“. Das hat sie bereits mit rechtsnationalen Tönen auf dem Kölner Parteitag bewiesen. Gemeinsam mit Alt-Recke Alexander Gauland bildet sie das Spitzenteam, das der AfD den Einzug in den Bundestag sichern soll. Sie stehe für einen „freiheitlich-konservativen Arm“, verortet sich die Unternehmensberaterin selbst. Berührungsängste hat sie dabei nicht, auch nicht mit Rechtsaußen Björn Höcke. „Zwei Teile einer Partei“ seien sie und Höcke, sagt Weidel, die Mitglied des baden-württembergischen Landesverbandes ist – und damit ein „Ziehkind“ von Jörg Meuthen, dem Erzrivalen von AfD-Chefin Frauke Petry. Gegen Höcke läuft zwar seit März ein Ausschlussverfahren wegen seiner extrem nationalistischen Töne bei seiner Dresdner Rede. Doch das Bundesvorstandsmitglied Weidel stört das nicht. Mit Höckes „völkischem Gerede“ könne sie nichts anfangen, urteilte sie im vergangenen Jahr, trug auch das Ausschlussverfahren gegen ihn mit. Doch im Sommer will Weidel in Thüringen gemeinsam mit Björn Höcke im Wahlkampf auftreten, versprach sie am Sonntag kurz nach ihrer Wahl in Köln. Was die Chancen für die AfD im Herbst angeht, bleibt sie auf dem Boden: „Wir führen die AfD frühestens im Jahr 2021 in die Koalitionsfähigkeit“, sagt sie.

Zur AfD gekommen war die gebürtige Gütersloherin durch ihre eurokritische Haltung. Manch einer hat sie auch schon gefragt, ob sie mit ihren wirtschaftsliberalen Ideen nicht besser in der FDP aufgehoben wäre. Mit Blick auf ihre persönlichen Verhältnissen hätte sie dort vermutlich auch leichter eine politische Heimat gefunden. Denn Alice Weidel passt so gar nicht ins streng-konservative Familienbild der AfD. Sie ist lesbisch, wohnt mit ihrer Lebensgefährtin und zwei Kindern am Bodensee. (mit dpa)