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Brot für die Welt, Rasen für nebenan

Der Handelsriese Baywa mischt in Sachsen Grassamen – und verkauft Weizen nach Afrika.

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© W. H. Schmidt

Von Georg Moeritz

Hainichen. Wenn Milchkühe in Holland auf die Weide dürfen, dann beißen sie manchmal in Gras aus Grünlichtenberg oder Ruppendorf. Denn sächsische Agrargenossenschaften gehören zu den größten Lieferanten von Grassamen. In Hainichen bei Freiberg sorgen Clemens Voigt und Gunter Frohs für die richtige Mischung. Frohs als Verkaufsleiter des Baywa-Standorts mit 26 Mitarbeitern führte gestern durch neue Hallen, in denen Kisten mit den Samen von Wiesenschwingel und Weidelgras auf die Mischgenehmigung warten.

Das Handelsunternehmen Baywa AG, ehemals Bayerische Warenvermittlung, liefert auch Samen für Fußballrasen. In Hainichen werden sie zusammengerührt, dort steht die Baywa-Mischstation für Gräser. Allein in Sachsen hat das Münchner Unternehmen 50 Standorte, darunter Getreidelager und Werkstätten. Vom Hasenfutter bis zum Traktor liefert die Baywa alles, was mit Landwirtschaft zu tun hat – auf Wunsch einen kompletten Kuhstall.

in neue Ställe und Roboter

Geht es nach den Baywa-Managern, dann müssen die Landwirte künftig kaum noch etwas selbst machen. Welches Gras sie anbauen, wird ihnen ohnehin schon vorgegeben. Techniksparten-Chef Reinhold Bichle berichtete bei der Bilanz für Sachsen von großer „Investitionsfreude“ der Bauern. Nach mehreren Jahren mit hohen Milch- und Getreidepreisen stecken sie jetzt Geld in Melkroboter und Fütterungssysteme, in Erntemaschinen mit Press-Wickel-Kombination und Traktoren mit elektronischer Spurführung und Düngerdosierung. Bei der Automatisierung „stehen wir erst am Anfang“, sagte Bichle.

Das Unternehmen verspricht sich ein wachsendes Geschäft aus der elektronischen „Vernetzung von Maschinen“ – und aus dem Service. Schon voriges Jahr ist der Umsatz der Baywa Sachsen deutlich gewachsen, von 320 auf 383 Millionen Euro. Darin sind allerdings 52 Millionen aus Sachsen-Anhalt und Thüringen enthalten. Dort hat die Baywa wenige Standorte, sie dringt aber immer weiter nach Norden vor. In Sachsen arbeiten 663 Menschen bei der Baywa, 48 mehr als vor einem Jahr.

Aussichten: Gute Ernte erwartet,

Marktanteil wächst

Nicht in allen Regionen hat die Baywa voriges Jahr dem Umsatz gesteigert – in Mittelfranken sank er, dort hängt das Unternehmen stärker am Handel mit Energie, etwa Heizöl. In Sachsen aber macht die Agrarsparte 63 Prozent vom Umsatz aus. Etwa ein Drittel des sächsischen Getreidehandels läuft über die Lagerstätten der Baywa, hieß es vor drei Jahren; inzwischen möchte das Unternehmen solche Angaben lieber geheim halten. Voriges Jahr sei es aber durch Schnelligkeit gelungen, zusätzliche Mengen zu kaufen – trotz der schlechten Ernte nach langem Winter, Hagelschäden und Überschwemmungen. Viel besser sind die Ernte-Aussichten für dieses Jahr laut Agrarsparten-Chef Matthias Eckstein: „Es sieht richtig easy aus“, sagte er, die Produktion habe „drei Wochen Vorsprung“.

Rückzug: Abkehr von Baumärkten

und Solardächern im Inland

Das Unternehmen umwirbt die Bauern mit Info-Veranstaltungen auf dem Acker und Tagen der offenen Tür, eine Internet-App versorgt sie mit Agrar-Nachrichten. Zu berichten hat die Baywa viel: Voriges Jahr steigerte der börsennotierte Konzern seinen Gesamtumsatz von zehn auf 16 Milliarden Euro, nachdem er die Getreidehändler Cefetra und Bohnhorst gekauft hatte. Damit hat Getreide aus der sächsischen Überproduktion noch mehr Chancen auf weite Wege – schon jetzt wird es nach England und bis nach Afrika verschifft.

Auf dem Rückzug ist der Großhändler Baywa bei Baumärkten: Diese Einzelhandels-Betriebe hissen zwar noch die Baywa-Flagge, werden aber vom Unternehmen Hellweg geführt. Der Handel mit Solartechnik kam in Deutschland voriges Jahr fast zum Erliegen, aber die Baywa baut weiter Wind- und Solarparks im Ausland. In Sachsen wird sie dieses Jahr elf Millionen Euro in neue Hallen in Mockritz bei Döbeln, Zwickau, Grimma und Neumark investieren.