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Bronze mit 40

Angela Maurer gewinnt die vierte Medaille für die Freiwasserschwimmer. Paul Biedermann enttäuscht beim ersten Start.

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© dpa

Von Thomas Lipinski

Als Angela Maurer nach 25 Kilometern und mehr als fünf Stunden in der Kasanka entkräftet das Ziel erreichte, war sie völlig perplex. „Ich hab‘ hingeguckt und gedacht: Das ist falsch“, sagte die zweimalige Freiwasser-Weltmeisterin. Doch die Anzeigetafel log nicht: Die 40-Jährige hatte WM-Bronze gewonnen – ihre 20. internationale Medaille.

„Die Trainer hatten mir die falschen Infos gegeben und gesagt: Drei Mädels sind weg“, berichtete die Mainzerin: „Deshalb war ich total überrascht. Ich dachte, ich wäre auf Platz vier.“ Ein Offizieller zeigte mit den Fingern „drei“ an – und Maurer riss die Arme hoch. „Da freut man sich umso mehr.“ Als sie völlig erschöpft an Land gehumpelt war, vergoss sie in den Armen von Ehemann und Trainer Nikolai Evseev Freudentränen.

Fünf Tage nach ihrem 40. Geburtstag bescherte die älteste WM-Teilnehmerin mit Platz drei den deutschen Freiwasserschwimmern die vierte WM-Medaille in Kasan – eine Ausbeute, die nach dem Rücktritt des Rekordweltmeisters Thomas Lurz niemand erwartet hatte.

„Überragend“ nannte Bundestrainer Stefan Lurz die Bilanz „nach der Ära Thomas“ und gab zu, im Vorfeld „ein Kribbeln im Bauch“ verspürt zu haben, „dass es anders aussieht, wenn Thomas wegbricht“. Doch der Coach war nicht nur wegen Maurer bestens gelaunt. Er glaubte, auch die Zukunft seiner Sportart gesehen zu haben. „Da wächst ein kleiner Freiwasserstar heran“, sagte Lurz mit Blick auf Finnia Wunram. Die 19-Jährige, schon WM-Dritte über fünf Kilometer, hatte in ihrem zweiten Marathonrennen als überraschende Fünfte geglänzt: „Sie kann in den nächsten Jahren international eine große Rolle spielen.“

Ob künftig „Mutti“ Maurer fehlt, ist noch offen. Olympia in Rio hat die 40-Jährige verpasst, zu ihrer Zukunft wollte sie sich nicht äußern: „Schauen wir mal. Jetzt genieße ich meinen Erfolg.“ Stefan Lurz wünscht sich noch „ein, zwei, drei Jahre“ mit Maurer. „Solange sie vorne mitschwimmen kann, ist sie am Ball“, sagte er: „Sie ist und bleibt ein Vorbild für alle.“

Während für die Freiwasserschwimmer die WM beendet ist, hat sie für die Beckenschwimmer gestern erst begonnen. Nach dem ersten Rennen bei seiner letzten WM wollte Paul Biedermann ganz schnell weg. „Das war soweit erstmal im Rahmen“, sagte der Hallenser nach dem Vorlauf-Aus mit der 4x100-Meter-Freistilstaffel im Kasaner Fußballstadion einsilbig: „Das Minimalziel haben wir geschafft.“ Für Olympia in Rio qualifizierte sich das Quartett, doch der Weltrekordler enttäuschte.

Als das deutsche Team insgesamt gut von den Startblöcken kam, blieb Biedermann einen Tag vor seinem Start als Mitfavorit über 200 Meter als Schlussschwimmer in 49,23 Sekunden deutlich über seiner Bestzeit und brachte Bundestrainer Henning Lambertz ins Grübeln. „Wir müssen hoffen, dass bei Paul einfach mehr geht“, sagte der Chefcoach nach dem elften Platz seines Vorschwimmers mit der Staffel: „Das kann es nicht gewesen sein.“ Das Wasser sei „nass“, ließ Biedermann noch wissen, dann verschwand er.

Der 28-Jährige saß am Abend in seinem Hotelzimmer, als Alexandra Wenk für den deutschen Höhepunkt des ersten Tages sorgte. Die Münchnerin zog mit deutschem Rekord ins Finale über 100 Meter Schmetterling ein. „Heute ist der glücklichste Tag in meinem Leben. Ich habe mehr erreicht, als ich mir erträumt habe“, sagte die 20-Jährige, die als Halbfinalsiebente in 57,77 Sekunden die sechs Jahre alte Bestmarke von Annika Mehlhorn um 13 Hundertstel verbesserte. Im zweiten Halbfinale schwamm die schwedische Titelverteidigerin Sarah Sjöström (55,74) den ersten Weltrekord.

Auch Hendrik Feldwehr und Christian vom Lehn glänzten mit Bestzeiten über 100 Meter Brust. Feldwehr war als Sechster in 59,63 Sekunden so schnell wie noch nie ohne Hightech-Anzug und steht heute im Endlauf. „Keiner erwartet von mir eine Medaille“, sagte der 28-Jährige, „vielleicht kitzelt die Atmosphäre noch was raus.“ Vom Lehn schied als Zehnter aus. (sid/mit dpa)