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Brennpunkt Puschkinplatz?

Nach einer Schlägerei klagen Anwohner über die Zustände im Park. Auch die Polizei wird heftig kritisiert.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Stefan Lehmann

Riesa. Am Mittwochmorgen wirkt der Puschkinplatz regelrecht friedlich. Die Bäume rauschen im Herbstwind, auf den Bänken sitzen einige Senioren, eine junge Mutter fährt ihr Kind spazieren. Trotzdem machen sich die Anwohner Gedanken um die Sicherheit in der kleinen Parkanlage – und das nicht erst seit Montag. An jenem Abend waren offenbar mehrere junge, nichtdeutsche Männer miteinander in Streit geraten, ein 17-jähriger und ein 19 Jahre alter Syrer wurden schwer verletzt.

Ein Mitarbeiter des nahen Döner-Imbisses kannte die beiden Opfer. Sie hätten öfter Essen bei ihm geholt. „Das waren ganz normale Jungs“, sagt er und schüttelt fassungslos den Kopf. Zu zehnt seien die Angreifer auf die beiden losgegangen. Die Polizei vermutet, dass der Körperverletzung ein Streit vorangegangen war. Die Täter sind aber noch nicht ermittelt.

Nachbarn sind schon weggezogen

Schon vor der Schlägerei am Montag sei die Situation am Puschkinplatz nur schwer zu ertragen gewesen, erzählt ein junger Mann, der auf einer Parkbank in der Sonne sitzt und sich mit einer Freundin unterhält. Er wohnt in der Nähe, kommt öfter her. Der Puschkinplatz sei ein Treff, auch für junge Ausländer, erzählt er. „Die, die tagsüber kommen, sind in Ordnung.“ Die wollten meistens nur das freie WLAN nutzen, das hier verfügbar ist. „Von denen kenne ich viele und verstehe mich mit ihnen.“ Das Problem seien die Gruppen, die nachts auf dem Plateau an der Südseite des Platzes sitzen, trinken und Krach machen. „Und wie es dann hinterher aussieht“, sagt der Mann. „Die räumen ja nichts weg.“ Aber man traue sich ja auch nicht, ihnen etwas zu sagen. „Dann steht gleich die ganze Gruppe um dich rum.“ Auch die Verkäuferin eines nahen Bäckerladens sagt klipp und klar: „Ich bin froh, dass ich nicht hier wohne.“ Nachts würden sich die Anwohner kaum durch den Park trauen. Sie deutet mit dem Kopf zur Seite. „Die Nachbarn hier drüben sind jetzt ausgezogen, weil sie den Krach nicht mehr ausgehalten haben.“

Auf der Facebook-Seite der SZ fallen die Reaktionen teils noch heftiger aus. Eine Leserin kommentiert, sie habe ihren Augen nicht getraut, wie viele Leute am Montagabend dort gestanden hätten. „Massen über Massen an jeder Ecke und Rumgegröle ohne Ende.“ Ein Kommentator zieht gar Parallelen zu Bautzen, wo es vor wenigen Tagen zu regelrechten Jagdszenen zwischen Asylbewerbern und Rechtsradikalen gekommen war. „Es wird Zeit für Bautzen 2.0, würde ich sagen!“

Aufrufe, über die Riesas Polizeichef Hermann Braunger nur den Kopf schütteln kann. Der Puschkinplatz sei schon länger ein Aufenthaltsort für Jugendliche und Heranwachsende, erklärt er. Das gelte auch für die Riesaer Asylbewerber. Viele Alternativen gebe es schließlich nicht in der Stadt. Als Brennpunkt möchte der Revierleiter den Platz aber nicht bezeichnen. „Ein Brennpunkt wäre es, wenn es regelmäßig zu Straftaten käme.“ Das sei aber nicht der Fall. „Es gibt immer wieder Unregelmäßigkeiten, keine Frage.“ Die kämen aber in verschwindend geringer Anzahl vor.

Auch die Polizei muss sich Kritik der Anwohner gefallen lassen. Zum Kontrollieren der Gurtpflicht seien die Beamten am Puschkinplatz, moniert ein Mann im Internet, aber für die Sicherheit auf dem Platz könnten die Beamten nicht sorgen. Eine Frau zeigt ihr Unverständnis darüber, dass die vier Einsatzfahrzeuge, die nach der Schlägerei vor Ort waren, wieder abgerückt seien. Die Polizisten hätten die drei oder vier betrunkenen jungen Männer ziehen lassen, die noch am Platz standen.

Solche Vorwürfe ärgern Herrmann Braunger. Als die Beamten am Platz eintrafen, seien nur noch Menschen vor Ort gewesen, die nicht direkt an der Körperverletzung beteiligt waren. „Warum sollten wir die mit auf die Wache nehmen?“ Dafür fehle die Rechtsgrundlage. „Und in Deutschland gilt noch immer die Unschuldsvermutung – zum Glück!“ Braunger gibt auch zu, dass in solchen Fällen die Verständigung schwierig sei. Es gebe nun einmal niemanden auf dem Riesaer Revier, der Arabisch spricht. Also seien am Montagabend zunächst die Personalien aufgenommen worden, anschließend seien die Beamten zu den Opfern gefahren, die zu dieser Zeit schon im Riesaer Krankenhaus lagen.

Es sei für die Polizei auch nicht so einfach, das Alkoholverbot durchzusetzen – schon allein, weil dann andere, wichtige Aufgaben zurücktreten müssten. Das Verbot biete aber die Rechtsgrundlage, notfalls gegen Störer vorzugehen, die sich wirklich daneben benehmen.

Der Mitarbeiter des Döner-Imbisses am Puschkinplatz hofft jetzt auf den Winter. Wenn es kalt wird, dann sei vermutlich erst einmal Ruhe, hofft er.