Merken

Braune Brühe aus der Brause

Vonovia-Mieter klagen über rostiges Wasser aus der Leitung. An anderer Stelle war sogar das Weihnachtsfest in Gefahr.

Teilen
Folgen
© privat

Von Nora Domschke

Spontan ein heißes Bad nehmen – das ist bei Konrad K. nicht drin. Wenn er seinen Wasserhahn aufdreht, kann es passieren, dass in der Wanne nur eklige braune Brühe landet. Wollen die Kinder dann aber doch mal etwas ausgiebiger planschen, lässt Konrad K. das Wasser für etwa 15 Minuten aus dem Hahn ablaufen. Dieses Problem hat der Bewohner eines Vonovia-Hauses in der Seminarstraße schon seit mehr als fünf Jahren, etwa im Zweiwochenrhythmus, sagt der Dresdner, der seinen Namen nicht öffentlich nennen will. Er befürchtet Nachteile für sich und seine Familie.

So schön wie auf dem Schild sollen die Wohnungen des Mietshauses am Sternplatz bald aussehen. Der Umbau ist eine Herausforderung für die Mieter.
So schön wie auf dem Schild sollen die Wohnungen des Mietshauses am Sternplatz bald aussehen. Der Umbau ist eine Herausforderung für die Mieter. © Sven Ellger

Es ist vermutlich eine rostige Leitung, die das Warmwasser verfärbt. Auf eine Reaktion des Vermieters wartet der Dresdner allerdings vergebens. „Als es zum ersten Mal auftrat vor fünf Jahren, wurde das Wasser auf den Befall von Legionellen untersucht. Seitdem ist nichts passiert.“ Ob das Wasser womöglich gesundheitsgefährdend ist, weiß Konrad K. nicht.

Dabei hatte Vonovia schon vor Jahren eine sogenannte Strangsanierung für das Mietshaus angekündigt. Dann werden die rostigen Rohre gegen neue ausgetauscht. Moderne Leitungen sind meist aus Kunststoff, Edelstahl oder Kupfer und rosten nicht. Sollte der Großvermieter nicht bald in neue Leitungen investieren, will Konrad K. die Miete kürzen. Dazu muss die Beeinträchtigung aber erheblich sein, sagt das Gesetz. Festgelegte Kriterien, was genau das bedeutet, gibt es allerdings nicht.

1998 urteilte das Görlitzer Amtsgericht, dass die Wohnqualität schon dadurch erheblich beeinträchtigt sei, weil der Mieter das Gefühl habe, das Wasser ist schmutzig und enthält Krankheitserreger. In diesem Fall war eine Mietminderung von 20 Prozent möglich. Doch nicht nur in der Friedrichstadt hat Vonovia eine „Baustelle“. Auch in einem anderen Wohnhaus gleich in der Nähe gibt es Probleme, allerdings ohne braunes Wasser. Am Sternplatz in der Wilsdruffer Vorstadt lässt das Unternehmen seit Ende Oktober ein Wohnhaus aus den 1960er-Jahren modernisieren. Die rund 80 Wohnungen werden saniert, Bäder und Küchen erneuert, Flure und Treppenhäuser mit einem Anstrich versehen, alte Türen gegen neue ausgetauscht. Insgesamt 2,7 Millionen Euro investiert die Vonovia in den Achtgeschosser in bester Wohnlage.

Weihnachten in fremder Umgebung?

Während der Bauzeit können die Bäder natürlich nicht immer genutzt werden, etwa wenn Duschen oder neue Leitungen eingebaut werden. Deshalb hatte Vonovia Anfang November einen Duschcontainer im Hinterhof aufgestellt. „Der überwiegende Teil der Mieter nutzt aber die vorhandenen Gemeinschaftsbäder auf den Etagen“, teilt Vonovia-Sprecher Max Niklas Gille der SZ mit. Weil zeitweise auch das Wasser abgestellt wird, hat Vonovia auf jeder Etage eine Zapfanlage zur Verfügung gestellt.

Klingt erst einmal gut, ganz so unproblematisch ist es für die Mieter dann offensichtlich aber doch nicht. Als katastrophal bezeichnet Mirko Seifert die Zustände. Baulärm, Dreck, tagsüber kein Strom – Grund genug für ihn, vorübergehend in eine Unterkunft außerhalb von Dresden gezogen. Am 8. Dezember kehrte er dann in seine sanierte Wohnung zurück.

Andere Mieter warten noch darauf. Bei eisigem Nieselwetter stapft am Mittwochmittag ein älterer Herr zum Baucontainer. Er wohnt seit 52 Jahren im Haus, war 1965 Erstmieter. Nun könnte es sein, dass er zum ersten Mal das Weihnachtsfest nicht in seinen eigenen vier Wänden verbringen kann. Für den 85-Jährigen, der nur schlecht laufen kann, wird die Situation Ende November prekär. „Ich kann die Dusche nicht nutzen, denn die Stufen zum Container sind zu hoch für mich“, klagt der Rentner, der seinen Namen nicht nennen will. Also zieht er am 27. November in das Jugendgästehaus in der Maternistraße um. „Dreck in der Wohnung, eine Toilette, die ich nicht benutzen kann – das ist nichts für einen alten Menschen.“ Im Container der Baufirma fragt er nach, wie es in den nächsten Tagen weitergeht. Der Rentner möchte wissen, ob er vor Heiligabend in seine Wohnung zurückkann, oder ob er im Gästehaus verlängern muss. Eine eindeutige Auskunft bekommt er nicht, man beeile sich.

Seitdem ist der Mann täglich zu Fuß vom Jugendgästehaus zu seiner Wohnung unterwegs, schaut nach, was dort passiert. In der Küche etwa wird eine neue Spüle eingebaut. Der alte Schrank ist so alt wie die Wohnung, 52 Jahre. „Es wird Zeit für Neues.“ Beschweren will sich der Senior nicht, er freue sich ja, dass das Haus saniert wird. Auch würden alle seine Fragen von den Bauleuten geduldig beantwortet, es gebe meistens einen Ansprechpartner vor Ort. Trotzdem – etwas schneller könnten die Arbeiten vorangehen, meint er. Weihnachten allein, das sei er gewöhnt, aber jetzt in einer fremden Unterkunft?

Mirko Seifert will sich indes darum kümmern, dass Vonovia die Kosten für die Unterkunft übernimmt. Auch Mietminderung für die Zeit während der Bauarbeiten sei ein Thema, sagt Seifert, der Mitglied im Mieterverein Dresden ist. Vonovia signalisiert allerdings schon, dass es da eine Lösung geben soll. „Über eine entsprechende Mietminderung wird nach Abschluss der Baumaßnahmen entschieden. Hierzu sind wir im Austausch mit den Mietern“, sagt Sprecher Gille. Auch die Übernahme der Unterkunftskosten schließt er nicht aus. Und Gille teilt mit, dass die beiden Herren – es gab wohl noch einen zweiten Mieter – aus dem Jugendgästehaus wieder in ihre Wohnungen zurückgekehrt seien.