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Braucht der Kreis eine Polizeiakademie?

Der Vorstoß der Jungen Union Görlitz sorgt für Debatten. Ob die Idee realistisch ist, wird aber bezweifelt.

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© Foto: SZ/Archiv

Von Matthias Klaus

Görlitz. Mit Lippenbekenntnissen kommt man nicht weit. Das jedenfalls findet Florian Oest. Er ist der Vorsitzende der CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union, und die will nun Nägel mit Köpfen machen. Die JU hat gerade ein Konzept beschlossen, wie der Lausitz, dem Landkreis Görlitz neuer wirtschaftlicher Schwung gegeben werden könnte. Stichwort: Strukturwandel. Die JU spricht sich zum Beispiel für eine Sonderwirtschaftszone aus. Unternehmen sollen etwa von Steuern entlastet, Investitionen für Erweiterungen komplett gefördert werden. „Es geht nicht darum, den Mindestlohn auszusetzen“, betont Florian Oest. Und dann ist da noch der Vorschlag, dass sich Landes- oder auch Bundesämter im Kreis Görlitz ansiedeln sollen. Eine ähnliche Idee gibt es in Bayern. Der konkrete Gedanke der hiesigen Jungen Union: Eine Bundespolizeiakademie soll her.

„Sie kann natürlich nur Teil einer Gesamtstrategie für den Kreis sein“, sagt Florian Oest. Er denke daran, dass eine entsprechende Einrichtung eher im Norden des Kreises angesiedelt werden sollte. Man müsse Forderungen gegenüber Berlin und Dresden stellen, sagt der JU-Vorsitzende. Kritisch sieht er dabei ausgerechnet die CDU im Landkreis. „Dort werden sich zu wenig Gedanken über den Strukturwandel gemacht, es fehlt an konkreten Vorschlägen“, sagt Florian Oest.

Octavian Ursu, Görlitzer Landtagsabgeordneter der Christdemokraten, sieht das anders. Erst am Montag war der CDU-Kreisvorstand im Kraftwerk Boxberg zu Gast. Die CDU im Landkreis und in Sachsen, so Octavian Ursu, werde sich dafür stark machen, dass die Braunkohleverstromung politisch sicher bleibt. „Bis ein geordneter Strukturwandel in der Region als vollzogen gelten kann“, teilt er mit. Ob dabei auch eine Polizeiakademie eine Rolle spielen werde, lässt er offen. „Es müssen ja nicht immer Landes- oder Bundesbehörden sein, es gibt andere realistischere Szenarien“, sagt Octavian Ursu. Er denke an wissenschaftliche Einrichtungen beispielsweise, ein Fraunhofer Institut.

Kritisch sieht Thomas Pilz, Chef der Bündnisgrünen im Kreistag Görlitz, die Idee der Polizeiakademie. „Prinzipiell kann man nur zustimmen, Landes- beziehungsweise Bundesbehörden im Kreis anzusiedeln, damit den Strukturwandel positiv zu beeinflussen“, sagt er. Aber eine Bundespolizeiakademie nach Görlitz, in den Kreis zu holen – da sei schon sehr viel Fantasie vonnöten. „In den kommenden Jahren wird in dieser Hinsicht sicherlich nichts passieren, zumal wir ja mit der Polizeihochschule Rothenburg schon eine ähnliche Einrichtung im Kreis haben“, sagt Thomas Pilz. Auch er denke eher an Fraunhofer, ein Institut , das sich mit der wissenschaftlichen Untersuchung der Stromspeicherung befasse.

Sebastian Wippel, Görlitzer AfD-Landtagsabgeordneter, kann der Idee der Jungen Union durchaus etwas abgewinnen. „Ob sie nun unbedingt realistisch ist, sei dahingestellt. Aber zumindest wäre die Ausbildung hier praxisnah, es gäbe kurze Wege“, sagt er. Wenn eine Bundespolizeiakademie im Kreis angesiedelt würde, müsste sie eher in Görlitz sein, sagt Sebastian Wippel. Er verweist auf die Polizeihochschule Rothenburg. „Durch die periphere Lage gibt es doch jetzt schon Probleme, Dozenten zu gewinnen“, so der Landtagsabgeordnete. Außerdem, sagt er, solle doch, bevor es etwas Neues gibt, bisheriges erhalten bleiben. „Die Mobile Kontroll- und Überwachungseinheit der Bundespolizei in Löbau darf nicht abgezogen werden“, so Sebastian Wippel.

Die Bundespolizei selbst will zu den Forderungen aus dem Kreis Görlitz nichts sagen. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns grundsätzlich nicht zu Forderungen, Kommentaren aus dem politischen Raum äußern“, so Christian Meinhold, Sprecher der Bundespolizeidirektion Pirna. Die Bewertung einer zusätzlichen „Akademie“ falle zudem nicht in deren Verantwortungsbereich.

Mit den Bundespolizeiinspektionen Ludwigsdorf und Ebersbach sei die Bundespolizei bereits sehr stark im ostsächsischen Raum vertreten. Dazu zähle auch eine eigene Fortbildungsstätte für interne Schulungen bereits ausgebildeter Kollegen und Kolleginnen in Löbau. Diese sei aber nicht zu vergleichen mit einem Aus- und Fortbildungszentrum unserer Bundespolizeiakademie, so Christian Meinhold.

Die Junge Union im Landkreis Görlitz wird sich derweil in den kommenden Monaten weiter mit dem Strukturwandel in der Lausitz beschäftigen. Im Juli, schildert Vorsitzender Florian Oest, werde es beispielsweise eine öffentliche Klausur zu dem Thema geben.