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Bomben auf die Südvorstadt

Am 15. Februar 1945 starben 45 Menschen bei einem Angriff auf Pirna. Dabei hatten die Bomber eigentlich ein anderes Ziel.

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© Stadtmuseum Pirna

Von Christian Eissner

Pirna. Von alliierten Bombenangriffen war Pirna während des Zweiten Weltkrieges weitestgehend verschont geblieben – bis zum 15. Februar 1945. Kurz vor dem Mittag gab es Fliegeralarm in der Stadt, und gegen 12  Uhr fielen aus einem wolkenverhangenen Himmel tatsächlich Bomben. Insgesamt 430 Sprengbomben, so wurde später gezählt, warfen zwei amerikanische Bomberstaffeln über der Pirnaer Südvorstadt und der Viehleite ab. Dass es ausgerechnet das Wohngebiet in der Südvorstadt, dass es an diesem Tag überhaupt Pirna traf, war purer Zufall. Angriffsziel der Amerikaner war zwei Tage nach den verheerenden Luftangriffen auf Dresden erneut die Großstadt, genau genommen der Güterbahnhof Friedrichstadt. Eine dichte Wolkendecke versperrte jedoch die Sicht auf das Ziel, sodass die Bomben im Dresdner Umland niedergingen. Zwei Bomberstaffeln, insgesamt 24 Flugzeuge, warfen ihre tödliche Fracht über Pirna ab, ohne zu wissen, was sie eigentlich trafen.

Es erwischte – Ironie des Schicksals – ausgerechnet die Hermann-Göring-Siedlung, benannt nach dem Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe. Einige Straßen hier waren nach bekannten deutschen Jagdfliegern aus dem ersten Weltkrieg benannt, nach Oswald Boelcke, Manfred von Richthofen, Max Immelmann. Andere Straßen trugen die Namen bekannter Persönlichkeiten aus der Nazi-Propaganda.

Für die Bewohner der Siedlung war der Bombenangriff dramatisch. Zwölf Häuser wurden komplett zerstört, 19 weitere sehr stark beschädigt, außerdem bekam ein Bunker der Wehrmacht einen direkten Treffer ab und wurde zerstört. In der Siedlung starben sieben Frauen und sieben Kinder, 22 Menschen wurden schwer verwundet. Im Wehrmachtsbunker kamen 31 Soldaten ums Leben. Die zerstörten Häuser wurden nicht wieder aufgebaut.

Noch zweimal mussten die Pirnaer vor Kriegsende Bombenangriffe erleben. Am 2. März war es wiederum schlechtes Wetter, das Jessen, Birkwitz und Graupa zu Zufallszielen machte. Am 19. April schließlich flogen die Amerikaner einen gezielten Angriff auf die Stadtbrücke und die Eisenbahnanlagen. Schienen und Brücke wurden zerstört, dazu viele Wohnhäuser im Umfeld, es gab 203 Tote.

Die Baulücken, die die Bomben in der Südvorstadt rissen, sind inzwischen mit neuen Häusern geschlossen. Und auch die Straßen sind längst umbenannt. Direkt nach dem Krieg bekamen sie Namen von Malern und Komponisten. So heißt die Von-Richthofen-Straße jetzt Ludwig-Richter-Straße, die Boelckestraße heißt Lucas-Cranach-Straße, die Immelmannstraße ist heute die Hans-Holbein-Straße.