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Bockwurst für Bauarbeiter

Seit 13 Jahren betreibt Bernd Böthig den kleinen Kiosk im Zittauer Bahnhof. Mit dem aktuellen Umbau und den ausbleibenden Kunden hat er sich arrangiert.

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© Thomas Eichler

Von Jan Lange

Zittau. Bernd Böthig steht hinter der Verkaufstheke und lächelt die Kunden zwischen Schokoriegeln und Tageszeitungen freundlich an. Eine Kundin verlangt zwei Kaffee. „Mit Milch und Zucker?“, fragt der Betreiber des Bahnhofskiosk zurück. Zweimal mit Milch, aber nur einmal Zucker, lautet die Antwort der Kundin. Bernd Böthig verschwindet kurz in der abgetrennten Küchenzeile, um wenige Sekunden später mit zwei Bechern Kaffee wieder zurückzukommen. Ein anderer Kunde tritt an die Theke und bestellt eine Bockwurst mit Senf. Auch damit kann der Kiosk-Inhaber dienen.

In seinem kleinen, etwa sechs mal vier Meter großen Verkaufsraum bietet Bernd Böthig nicht nur Zeitungen, Blumen, Getränke und Süßigkeiten an, sondern auch einen kleinen Imbiss. Belegte Brötchen liegen in der Auslage, Bockwurst, Debreciner und Wiener köcheln im warmen Wasser und der heiße Kaffee dampft in der Kanne. Viele Kunden, die mit der Bahn in andere Regionen fahren wollen, nehmen gern einen Kaffee mit auf die Fahrt. Aber auch einen kleinen Happen nahmen die Kunden gern ein, vor allem als Mittagsimbiss oder auch zum Frühstück. Die Brötchen backen Bernd Böthig und seine Kollegin selbst – eine Stunde vor Öffnung des Kiosk.

Unter der Woche öffnet sich die Tür des Verkaufsstübchens um sechs, am Wochenende erst morgens um halb neun. Kurz zuvor öffnet der Kioskbetreiber auch die Bahnhofshalle. Während sonst – meist kurz vor Abfahrt der Züge – viele Fahrgäste durch die Halle strömen, ist es derzeit recht ruhig. Im Zittauer Bahnhof wird gebaut, seit eineinhalb Wochen kommt kein Zug mehr an oder fährt von hier ab. Die Reisenden werden mit Bussen zu den nächstgelegenen Bahnhöfen chauffiert.

Das Gewimmel vor dem Bahnhofsgebäude an den Bushaltepunkten ist deshalb deutlich größer als in der Halle. Vor der Toilette stehen zwei ältere Herrschaften, auf den Sitzbänken in der Halle haben es sich zwei Reisende bequem gemacht. Bernd Böthig spürt es in seinem Kiosk. Bis zur Sperrung strömten die Fahrgäste von den Gleisen auf dem Weg durch die Bahnhofshalle direkt auf seinen Kiosk zu. Nun spielt sich das Treiben auf dem Bahnhofsvorplatz ab und besonders die Fremden finden kaum noch den Weg in die Halle.

Wenn doch mal einer hineinschaut, ist es meist, weil er sein Geschäft auf der Toilette verrichten muss. „Man braucht zur Benutzung 50 Cent“, erklärt Böthig. Viele kommen zu ihm, um sich die benötigten Münzen wechseln zu lassen. 2006 hatte die Deutsche Bahn die öffentlichen Toiletten zeitweise geschlossen, auf Böthigs Betreiben hin sind sie inzwischen zumindest tagsüber wieder offen.

Auch wenn nicht mehr ganz so viele Touristen zu ihm kommen, so nutzen immerhin die Bauarbeiter die Möglichkeit, zwischendurch mal was zu trinken oder zu essen. Und die Stammgäste bleiben dem Kioskbetreiber ebenso treu. So wie die kleine Gruppe, die sich an einem Stehtisch vor dem Kiosk an ihren Bierflaschen festhält. Es gebe keine Probleme mit ihnen, sagt Böthig. Eine Frau mittleren Alters kommt ebenfalls regelmäßig vorbei. Sie holt die neuesten bunten Klatschblätter für eine Bekannte ab. Bernd Böthig zeigt eine Liste, welche Zeitschriften sie an welchen Tagen holt. Diesmal sind es ein gutes Dutzend. Der Kioskbetreiber hat die Zeitschriften bereits zur Seite gelegt. Zwei- bis dreimal die Woche schaut auch die Blumenfrau bei Bernd Böthig rein. „Sie sollen ja immer frisch sein“, sagt der Kioskbetreiber.

Vor 13 Jahren hat er den Verkaufsstand übernommen. Zuvor stand der Kiosk etwa ein Jahr leer. Da er damals auch im Löbauer Bahnhof Zeitungen und Getränke verkaufte, sprach ihn die zuständige Bahnmitarbeiterin mehrfach an, ob er auch den Zittauer Kiosk übernehmen wolle. Doch bevor sich Bernd Böthig darauf einließ, testete er erst mal den Kundenverkehr zu verschiedenen Zeiten. Es lohnte sich und so gibt es seit 2004 wieder einen kleinen Kiosk im Zittauer Bahnhof.

Den Kiosk in Löbau hat er inzwischen übergeben, den Zittauer will er noch ein bisschen betreiben. Auch wenn er inzwischen 67 ist. „Mir geht es gesundheitlich gut und die Arbeit hier mache ich auch gerne“, sagt Böthig. Die Arbeitszeiten teilt er sich mit seiner Angestellten, die seit Anfang an im Kiosk dabei ist. So können jeden Tag Zeitungen, Blumen und Kaffee verkauft werden. Manches, wie beispielsweise Postkarten, hat er erst im Laufe der Jahre ins Sortiment aufgenommen.