Merken

BMX-Paradies am Birkenwäldchen

In Zauckerode soll ein einmaliger Fahrrad-Parcours entstehen. Selbst der Bürgermeister ist angetan.

Teilen
Folgen
© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Mit einer gemütlichen Radtour hat das wenig zu tun. Immer wieder nehmen die jungen Männer Anlauf, beschleunigen durch die Steilkurven, die dicken Reifen hinterlassen markante Abdrücke auf dem sandigen Boden. Dann die Rampe und dann der Sprung. „Es geht darum, möglichst hochzuspringen, um die Zeit zu haben, möglichst verrückte Sachen in der Luft zu machen“, sagt einer von ihnen. „Wir suchen immer einen neuen Kick.“ Regelmäßig treffen sich etwa 20 von ihnen in einem kleinen Waldstück am südlichen Rand von Zauckerode – Birkenwäldchen genannt. Mit Hilfe der Stadt Freital und Fördermitteln wollen sie den selbst gebauten Fahrradparcours jetzt zu einer professionellen Strecke umbauen. Die Chancen stehen gut, dass das einzigartige Projekt umgesetzt wird. Schon im kommenden Jahr könnte es soweit sein.

„Bislang sind wir hier nur geduldet worden“, sagt Philipp Neubauer, eine Art Sprecher der Rad-Artisten. „Aber wenn wir hier weiterbauen wollen, muss es etwas Offizielles sein.“ Schon seit Jahrzehnten wird das Birkenwäldchen für actionreichen Sport genutzt. Einige Großväter der Radler sollen das Areal schon für Kunststücke mit der Simson genutzt haben. Vor etwa vier Jahren begannen Neubauer und seine Mitstreiter, das Areal für sich zu entdecken.

Mit einfachstem Werkzeug und viel Muskelkraft schütteten sie aus Erde Schanzen, Rampen und Hügel auf. In den Kreisen nennt man das, was so entstand, einen „Dirtpark“, übersetzt: Dreckpark. Es geht hier darum, die Kontrolle über das Fahrrad zu perfektionieren. Gefahren wird nicht mit einfachen Straßenrädern, sondern meist mit stark gefederten Spezialrädern. Mehrere Tausend Euro können diese kosten. Aber auch kleine BMX-Räder sind in Dirtparks zu finden. Die Fahrer wappnen sich mit Helmen, Knie- und Ellenbogenschützern vor Stürzen.

Wie die jungen Männer erzählen, wurde der selbst gebaute Kurs aber immer wieder mutwillig zerstört. Werkzeug, das sie in einer Kiste in der Erde versteckten, wurde geklaut. „Darauf haben wir einfach keinen Bock mehr“, sagt Neubauer.

„Werden für Pflege geradestehen“

Vor etwa einem Jahr nahm die Gruppe Kontakt zum Koordinationsbüro Soziale Dienste auf. Die städtische Einrichtung koordiniert unter anderem die Arbeit von Vereinen und knüpft Kontakte. Die Leiterin des Büros, Simone Lehmann, setzte sich mit der Stadtverwaltung zusammen und warb für die Idee.

Es folgten mehrere Planungsrunden, an denen unter anderem die Stadt, ein Landschaftsarchitekt und die Biker teilnahmen. Das Ergebnis wurde neulich im Technischen Ausschuss des Stadtrates erstmals vorgestellt.

Demnach soll im Birkenwäldchen für insgesamt 125 000 Euro ein Bikepark entstehen. Von der Glück-Auf-Straße in Zauckerode ist eine kleine Zufahrt für Wirtschaftsfahrzeuge geplant. Am Eingang zum Wäldchen entstehen fünf Parkplätze. Die jetzt schon vorhandenen Radstrecken sollen deutlich erweitert, stabil angelegt und in zwei Teile gegliedert werden – eine für Anfänger und eine für Fortgeschrittene. Am Eingang Glück-Auf-Straße soll es einen kleinen Zaun geben. Das ganze Areal abzusperren, sei aber zu aufwendig, hieß es.

Die Stadträte äußerten sich größtenteils positiv. „Ich bewundere die Aktivität der Sportler“, sagte Lars Tschirner (Bürger für Freital). „Ich bin von der Idee begeistert.“ Er regte an, ob man nicht gleich noch für einen Strom- und Wasseranschluss sorgen könnte. Bürgermeister Jörg-Peter Schautz (parteilos) warb für das Projekt. „Respekt, was Sie dort oben schon getan haben.“ Tschirners Fraktionskollege Reinhard Nagel war skeptischer. „Ich habe Befürchtungen, dass die Anlage verkommt“, sagte er. „Die Erhaltung der Strecke muss klar geregelt sein.“

Dies soll durch ein besonderes Nutzungskonzept sichergestellt werden. „Wir werden für die Pflege geradestehen“, sagt Neubauer. Einige der Biker sind bereits in den Sportverein WSG Zauckerode eingetreten – eine Voraussetzung dafür, dass Fördermittel beantragt werden und fließen können. Über den Verein sollen regelmäßig Kurse für verschiedene Altersgruppen auf dem Parcours angeboten werden. Die regelmäßige Nutzung wiederum könnte Randalierer abschrecken. Außerdem sollen sich die Biker möglichst stark mit der Strecke identifizieren. Deswegen werden sie sich an den Bauarbeiten beteiligen. Grob gesagt werden ihnen Bagger und Baggerfahrer zur Verfügung gestellt, um größere Erdmassen bewegen zu können. Das Anlegen der Strecke übernehmen sie selbst. Sprünge, Steilkurven, Hügellandschaften, Abfahrten sollen entstehen.

Solch ein Park könnte Waghalsige aus der gesamten Region anlocken. Schon jetzt kommen die Biker nicht nur aus Freital, sondern auch aus Dresden oder Tharandt. Der nächste ähnliche Park befindet sich in Dresden in der Nähe des Hauptbahnhofs.

Wann genau die Bauarbeiten im Birkenwäldchen beginnen, ist noch offen. Die Stadt rechnet damit, dass etwa 50 Prozent der Kosten durch Fördermittel gedeckt werden. Der Antrag ist gestellt. Die restlichen 50 Prozent muss der Stadtrat im Haushalt 2017 einplanen. Die Verhandlungen dazu laufen gerade.