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Gestoppt mit vorgehaltener Waffe

Das Ende einer Verfolgungsjagd entlang des Terrassenufers am Donnerstagmorgen klingt wie eine vorweggenommene Szene aus dem neuen Dresden-Tatort. Die möglichen Zusammenhänge mit der „Reichsdeutschen“-Szene sind allerdings alarmierend.

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© dpa

Dresden. Spektakuläre Festnahme eines Autofahrers (51) am Terrassenufer: Mit vorgehaltener Pistole forderte eine Zivilpolizistin einen BMW-Fahrer auf, das Lenkrad endlich loszulassen. Unmittelbar zuvor hatte der Mann gegen 9 Uhr einen Kripo-Beamten mehr als einen Kilometer mitgeschleift.

Nach Polizeiangaben widersetzte sich der 51-Jährige einer Kontrolle und gab Gas. Offenbar blieb der kontrollierende Beamte an dem dunklen BMW mit Pirnaer Kennzeichen hängen. Erst nach deutlich über einem Kilometer sei es gelungen, den 51-jährigen anzuhalten, sagte eine Polizeisprecherin gegenüber sz-online. Das war unmittelbar vor dem „Italienischen Dörfchen“ in der Dresdner Innenstadt. Eine Zivilbeamtin stand an der offenen Fahrertür des BMW, bedrohte den Fahrer und schrie ihn an, das Lenkrad loszulassen.

Der 37-jährige Beamte des Operativen Abwehrzentrums (OAZ) erlitt zahlreiche Schürfwunden und Prellungen und musste in eine Klinik gebracht werden. Der 51-Jährige wurde in Polizeigewahrsam genommen. Angeblich prüft die Staatsanwaltschaft, ob sie einen Haftbefehl beantragt.

Möglicher Zusammenhang mit sogenannten „Reichsdeutschen“

OAZ-Sprecherin Kathleen Doetsch sagte, die Beamten kontrollierten den 51-jährigen im Zusammenhang eines Ermittlungsverfahrens gegen sogenannte Reichsbürger. Wo genau die Kontrolle stattfand, konnte sie am Nachmittag noch nicht sagen. Nach SZ-Informationen könnte die verhängnisvolle Fahrt im Bereich des Justizzentrums am Sachsenplatz begonnen haben. Dort fand am Vormittag eine Zwangsversteigerung statt, an der auch zahlreiche „Reichsdeutsche“ teilnahmen. Mindestens einer soll dort die Sitzung massiv gestört haben, sodass er das Gerichtsgebäude habe verlassen müssen, berichteten Justizbedienstete vor Ort.

Der Zwangsversteigerungstermin fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Nach der Kontrolle am Haupteingang überprüften Wachtmeister die Besucher der Versteigerung ein zweites Mal vor dem Sitzungssaal. Reichsdeutsche erkennen Gesetze und Institutionen der Bundesrepublik Deutschland nicht an. Vertreter dieser Szene hatten in der Vergangenheit gerade bei Zwangsversteigerungen wiederholt gestört.

Die Staatsanwaltschaft Dresden und das OAZ ermitteln bereits seit mehreren Jahren gegen eine Gruppe von uniformierten Reichsdeutschen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Sie sollen etwa im Landkreis Meißen als „Deutsches Polizeihilfswerk“ (DPHW, SZ berichtete) aufgetreten sein und einen Gerichtsvollzieher angegriffen haben. Ob die Kontrolle am Mittwochmorgen im Zusammenhang mit diesem Ermittlungsverfahren steht, blieb unklar. Die OAZ-Beamtin Kathleen Doetsch sprach als Anlass für die Kontrolle des 51-Jährigen lediglich von einem „Sammelverfahren gegen Reichsbürger“. (lex)