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Blut gegen Geld

Blutkonserven werden gebraucht. Doch die Zahl der Spender lässt nach wie vor zu wünschen übrig.

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© André Schulze

Von Marleen Hollenbach, Frank Oehl und Daniela Pfeiffer

Ein wenig benommen liegt Heiner Salm auf der Liege. Für heute hat er es geschafft. Der Bautzener war zum ersten Mal bei der Blutspende. „Ich habe schon oft daran gedacht, zur Spende zu gehen, aber es fehlte immer der letzte Anstoß. Ein Bekannter hat mich heute einfach mitgenommen“, sagt er. Auf der Liege neben ihm hat es sich Katharina Schubert bequem gemacht. Sie ist als Nächste dran. Die Bautzenerin war schon oft bei der Blutspende. „Ich mache das aus Überzeugung. Ich will anderen Menschen helfen und hoffe, dass mir auch einmal geholfen wird, wenn ich in Not bin“, sagt sie.

16 bis 20 Euro bekommen die Blut- und Plasmaspender bei der Haema an diesem Tag. Blut gegen Geld. Für Pressesprecherin Marion Junghans ist das ein einfacher und vor allem gerechter Tausch. „Der Gesetzgeber erlaubt diese sogenannte Aufwandsentschädigung. Wir verkaufen das Blut an die Krankenhäuser. Unsere Spender sollen auch etwas davon bekommen“, sagt sie. Neben der Haema organisiert in Bautzen und Umgebung auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) Blutspenden. Hier wird kein Geld gezahlt – zumindest nicht für die reine Blutspende. Und doch lassen sich die Mitarbeiter immer mehr einfallen, um neue Spender zu werben. „Wir wollen den Spendern ihren Aufenthalt so angenehm wie möglich machen. Es gibt bei uns immer einen Imbiss“, sagt Holger Beier vom DRK-Kreisverband Bautzen. Er ist dafür verantwortlich, dass die Verpflegung klappt. „Wir gehen auch auf Sonderwünsche der Spender ein, organisieren zum Beispiel vegetarisches Essen“, sagt er.

Krebspatienten brauchen das meiste Blut

So viel Komfort muss sein. Zwar ist es für viele Bautzener selbstverständlich, zur Blutspende zu gehen. Doch die Spendebereitschaft schwankt im Laufe des Jahres sehr stark. „Während der Urlaubszeit kommen immer weniger Leute“, sagt Holger Beier. Auch wenn eine Krankheitswelle grassiert, würden viele Blutspender fehlen. Wie es um die Spendenbereitschaft bestellt ist, weiß Frank Michler, Mitarbeiter des DRK-Blutspendedienstes Nord-Ost. „Wären nicht nur vier bis sechs Prozent der Bevölkerung in Sachsen zur Blutspende bereit, sondern ein oder zwei Prozent mehr, wäre ein großer Schritt getan“, sagt er und führt diejenigen an, die die Hilfe dringend brauchen und die in der Bevölkerung wohl das meiste Mitleid erregen: kranke Kinder. „Die Kinderkrebsstation in Dresden ist voll. Bei den Erwachsenen sieht es nicht besser aus. Die Krebspatienten sind es, die das meiste Blut der Spender bekommen“, erklärt er. Operationen und Unfälle kommen in der Häufigkeit erst danach.

Vor allem in der Stadt wird es immer schwieriger, neue Spender zu finden. In den kleinen Orten auf dem Land sei das hingegen kein Problem, ist sich Frank Michler sicher. „Dort wird der Gedanke, sich gegenseitig zu helfen, noch von Generation zu Generation weitergegeben.“ Ein Beispiel kann Holger Beier nennen. „In Malschwitz sind wir jedes Mal überrascht, wie viele zur Blutspende erscheinen. Das soziale Netzwerk ist dort sehr stark“, sagt er. Und auch wenn es um Einzelschicksale geht, spenden überdurchschnittlich viele Leute. Als zum Beispiel die kleine Sarah an Leukämie erkrankte, kamen über 700 Menschen aus der Region in den Ort, um sich typisieren zu lassen. Doch danach sinkt die Bereitschaft wieder.

Bezahlung – ja oder nein?

Ob das DRK jemals Geld fürs Blutspenden zahlen wird, das weiß Frank Michler nicht. Er will allerdings alles daran setzen, dass es nicht so weit kommt. Schließlich sei das Spenden Ehrensache. Deshalb geht Frank Michler in Schulen und Horte, zeigt Videos, erzählt, wie Blutspenden geht, warum es wichtig ist. Zusätzlich finden Aktionen wie die Vampirnacht statt. Denn vor allem die Jugend fehlt. Im Schnitt sind Dauerspender 30 bis 65 Jahre alt. Dabei könnten alle Gesunden ab 18 Jahre kommen. Jünger sind die Spender bei der Haema. „Das Durchschnittsalter liegt bei uns zwischen 18 und 29“, sagt Marion Junghans. Auf eine Bezahlung als Anreiz will man hier nicht mehr verzichten. Trotzdem glaubt die Sprecherin nicht, dass die Menschen nur deshalb kommen. „Unsere Befragungen haben ergeben, dass die Bezahlung nur Nebensache ist. Man kommt, um zu helfen.“ Nichtsdestotrotz hat der DRK-Blutspendedienst Nord-Ost jetzt noch eine Sonderprämie aufgelegt. Wer in den Ferien Leben retten hilft, der erhält nach der Blutspende eine modische Armbanduhr. Gleichzeitig ruft der MDR zum „Großen Aderlass“ auf. Alle Spender können bei einer Selfie-Aktion mitmachen und ein von Fernsehkoch Christian Henze gekochtes Privat-Menü gewinnen ...