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Blumenstadt gibt’s nicht umsonst

Gewerbetreibende in Görlitz ärgert, dass sie zahlen sollen, nur weil sie mit Pflanzenkübeln für ein schönes Bild sorgen wollen.

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© Pawel Sosnowski/80studio.net

Von Daniela Pfeiffer

Görlitz. Gute und schlechte Zeiten hat Petra Neumann mit ihren großen Blumen-kübeln erlebt. Ja, das geht tatsächlich. Die guten waren, wann immer jemand schwärmte, wie schön die Walderdbeeren, Kräuter oder Blumen darin aussahen. Und wie schön die Kübel Petra Neumanns Geschäft „Art Glas Else“ gleich neben dem Flüsterbogen auf dem Untermarkt in Szene setzten. „Ich habe sogar jeden Tag meine Wasserkübel voller Bachwasser von zu Hause mitgebracht“, erzählt sie.

Die schlechten Zeiten waren, wenn wieder jemand in die Pflanzen gebrochen oder Müll reingeschmissen hatte und sie es mit Gummihandschuhen wegräumen musste. „Aber die Schönheit hatte überwogen, die unangenehmen Dinge habe ich hintenangestellt. Das ging einige Jahre so.“

Bis ein Brief von der Stadtverwaltung gleich schräg gegenüber kam. Nun sollte Petra Neumann zahlen. So wie es die Sondernutzungssatzung der Stadt Görlitz vorsieht. Zwar ist nicht vorgeschrieben, wie viele Behälter man aufstellt und was reingepflanzt werden darf, und auch kostet das Kübel aufstellen selbst nichts. Aber für das Erteilen der Sondernutzung ist eine Verwaltungsgebühr fällig. Und die brauchen Privateigentümer, wenn sie wie Petra Neumann etwas vor den Laden stellen wollen und das öffentlicher Raum ist. Für alle kleineren Kübel geht die Sondernutzungserlaubnis schon mit stolzen 22 Euro Verwaltungsgebühr einher. „Bei Blumenkübeln die größer sind, werden die Gebühren entsprechend der in Anspruch genommenen Fläche berechnet“, erklärt Sylvia Otto von der Stadtverwaltung. Das kann also richtig teuer werden. Die Gebühr wird für jede Sondernutzungserlaubnis neu erhoben– allerdings unabhängig davon, wie viele Blumenkübel aufgestellt werden. „Die Dauer der Erlaubnis ergibt sich aus dem jeweiligen Antrag, beträgt aber maximal drei Jahre“, heißt es aus dem Rathaus.

Die Stadt schickt hinterher, dass sie sich über entsprechende Initiativen von Anliegern und Eigentümern freue, sich aber finanziell nicht daran beteiligen könne. Allerdings stellt sie auch eigene Kübel auf – zurzeit unter anderem Lorbeerbäumchen auf der Brüderstraße und Felsenbirnen auf der Berliner Straße.

Hier fehlt es trotzdem noch an mehr Begrünung. Der Boulevard wirkt kahl – vor allem im Vergleich mit der historischen Altstadt, wo doch recht viel Bepflanzung zu sehen ist. Mehr Grün wünscht sich auch Straßburgpassagen-Manager Tobias Heid. In seiner Passage stehen viele Pflanzen. „Die sind von uns organisiert und auch selber bezahlt. Da es Privatgelände ist, greift die städtische Satzung hier nicht“, sagt er. Auf die Gestaltung würden er und die Ladenbetreiber in der Passage oft angesprochen, es gebe viel Lob. Die Flaniermeile Berliner Straße hätte es ebenfalls verdient, so auszusehen. Hier wünscht sich Heid, dass die Stadt noch mehr tut. „Wenn ich dagegen Wilhelms- und Postplatz anschaue, das sind Paradebeispiele dafür, wie perfekt es sein kann. Solche grünen Zonen, wenn auch im Kleinen, wären schön für die Berliner Straße.“

Auch der Aktionsring bemüht sich, die vor einigen Jahren von der damaligen Citymanagerin angestoßene Begrünung aufrecht zu erhalten. Kathrin Horschig, die am Eingang zu ihrem Leiser-Schuhgeschäft auch zwei Kübel stehen hat, sagt: „Wir haben noch 30 Kübel, wer möchte, kann sich bei uns melden. Es sieht einfach schöner aus, wenn was Grünes vorm Laden steht“

Die Stadt verleiht zum Altstadtfest oder anderen Veranstaltungen auch eigene Liguster-Bäumchen – gegen eine Gebühr. Petra Neumann wird das ganz sicher nicht in Anspruch nehmen. Sie hat sich damals als der Brief aus dem Rathaus kam, sehr geärgert. „Wir hatten ziemlich viel Arbeit da rein gesteckt, für die Stadt damit kostenlos den öffentlichen Raum verschönert. Sollten wir unsere Arbeit, die Pflanzen und das Wasser für die Begrünung des öffentlichen Raumes und dessen Säuberung vielleicht der Stadt auch in Rechnung stellen?“

Größere Pflanzgefäße stehen seither nicht mehr vor dem Laden. Stattdessen zwei kleine, kaum sichtbare Blumenkästen direkt auf dem schmalen Fensterbrett. „Die Verunreinigungen haben sich ersichtlich verringert, Wasser muss ich nicht mehr in Massen mitbringen“, versucht Petra Neumann das Positive zu sehen.

Trotzdem sagt sie, habe alles seine Grenzen. Zu der schönen Stadt, für die sie so viel Lob hört, gehöre nunmal auch Begrünung. „Die Saison ist kurz, das restliche Jahr ohne Einnahmen oder mit geringeren Einnahmen wird immer länger. Dann muss man auch abwägen, welche Gebühren unbedingt sein müssen und welche gespart werden können.