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Blühende Landschaften

Der Luisenhof bewirtschaftet seine Felder alternativ – das gefällt nicht jedem. Aber die Methode hat offenbar Erfolg.

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© Eric Weser

Von Eric Weser

Merschwitz. Das Verständnis sei gering. Gerade bei den Älteren, die selbst teilweise noch in der LPG gearbeitet haben, sagt Andreas Roch. „Was meinen Sie, was die zu so einem Feld sagen?“, fragt er in die Runde und deutet auf die mit bunten Blüten gesäumte Fläche hinter ihm. Die Antwort liefert der Landwirt gleich selbst: „Für die verstößt das gegen alles, was sie je gelernt haben. Die finden das einfach unordentlich.“ Es werde noch Jahre dauern, die Leute zu überzeugen, dass diese Art der Bewirtschaftung richtig ist.

Rund 110 Hektar bewirtschaftet der Merschwitzer Luisenhof rund um den Nünchritzer Ortsteil. Was den Betrieb außergewöhnlich macht: Das meiste davon sind Blühflächen, derzeit um die 80 Hektar. Statt Getreide wachsen auf diesen Feldern Blumen und Kräuter, die verblühen und dann verrotten. Das soll helfen, den durch jahrelange intensive Bewirtschaftung ausgelaugten Boden wieder nährstoff- und künftig auch ertragreicher zu machen. Denn perspektivisch sollen auf den Blühbrachen auch wieder Nutzpflanzen angebaut werden.

Getreide gedeiht besser

Dass es funktioniert, könne man schon sehen, sagt Andreas Roch. Dafür müsse man sich nur eine Fünf-Hektar-Fläche bei Merschwitz ansehen, von der zwei Hektar als Blühwiese genutzt worden seien. Dort gedeihe heute der Roggen deutlich besser als auf den drei Hektar gleich daneben.

Auch für die Tierwelt haben die Blühwiesen eine wichtige Funktion, als Rückzugsort für Vögel und Insekten. Im Merschwitzer Luisenhof macht man sich das auch wirtschaftlich zunutze: Bis zu 120 Bienenvölker der hofeigenen Imkerei produzieren dank des reichen Blütenangebots jährlich etwa zwei Tonnen Honig. Verkauft wird der Honig im Hof. Neben EU-Fördermitteln und Agrarsubventionen eine wichtige Einnahmequelle für den Betrieb.

Neben vielen Kritikern gibt es auch jene, die an der etwas anderen Art der Bewirtschaftung Interesse haben. Deshalb seien zuletzt auch einige Hektar Pachtfläche neu dazugekommen, sagt Andreas Roch. Etwa 30 Eigentümer haben dem Luisenhof bisher Land zur Bewirtschaftung überlassen, darunter auch die Kirche. Insgesamt sind 80 Prozent der vom Hof bewirtschafteten Flächen gepachtet.

Manche Freunde der Blühwiesen wären unterdessen verzichtbar. Wie jene, die zum Beispiel die Sonnenblumen pflücken. Das hat den Nachteil, dass der Samen fürs folgende Jahr fehlt. Im schlimmsten Fall kann das sogar zum Verlust von Fördergeldern führen, die Andreas Roch für seine Blühflächen bekommt. Bis jetzt sind aber immer noch ausreichend verschiedene Arten aufgegangen, damit die Anforderungen der Kontrolleure erfüllt werden konnten, sagt Roch, der Betriebswirt ist und als Bankenberater gearbeitet hat, ehe er ins Agrarfach wechselte. Mit seiner Frau führt er den Luisenhof, der auf eine 150-jährige Geschichte zurückblicken kann.

Den etwas anderen Landwirtschaftsbetrieb in Merschwitz haben diese Woche gut 20 sogenannte Naturschutzberater aus ganz Sachsen besucht. In jedem Altlandkreis im Freistaat gibt es solche Berater, die als Ansprechpartner für Agrarbetriebe beim Naturschutz fungieren. Trotz aller bisherigen Bemühungen sei das Verhältnis zwischen Naturschützern und Landwirten teils noch immer schwierig, hieß es von den Teilnehmern.

Viele von ihnen schienen einig: Was auf den Flächen des Luisenhofs passiert, ist speziell und nicht auf jeden anderen Betrieb übertragbar. Aber es hat durchaus Vorbildcharakter. Eigentlich könne man doch auf Flächen sogar noch weitergehen, lautete sogar ein Vorschlag: Warum nicht zum Beispiel Hecken auf den Feldern pflanzen, um Tieren Rückzugsorte zu bieten? „Gehölzstreifen mitten durchs Feld, da kommen Sie selbst bei mir an Grenzen“, so Andreas Roch dazu unter Verweis auf Eigentums- und Wirtschaftsaspekte. Auch Naturschutz-freundliche Landwirte haben eben nicht für alles Verständnis.