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Bleibt Disco-Mord ungesühnt?

Vor 22 Jahren wurde eine Frau tot bei Großröhrsdorf gefunden. Die Polizei gibt die Hoffnung nicht auf, den Fall doch noch zu lösen.

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© Matthias Schumann

Reiner Hanke

Großröhrsdorf. Wie ein Leichentuch hatte sich am Donnerstag frischer Schnee über das Grab von Anke Hübschmann neben der Großröhrsdorfer Kirche gelegt. Dort ist auch ihr Vater begraben.

Vor 22 Jahren wurde Anke Hübschmann in der Massenei ermordet. Das Verbrechen an ihr bleit noch immer ungesühnt.
Vor 22 Jahren wurde Anke Hübschmann in der Massenei ermordet. Das Verbrechen an ihr bleit noch immer ungesühnt. © privat

Am Freitag jährte sich der Mord an der jungen Frau zum 22. Mal, dem Disco-Mord. Vergessen ist die immer noch ungesühnte Tat nicht. Weder bei Freunden, bei Angehörigen und Bekannten noch bei den Kriminalisten. Vor zwei Jahren rollten sie den Fall wieder auf. Um Licht in das Dunkel der verhängnisvollen Winternacht zu bringen. Doch der Mordfall ist auch nach zwei Jahren noch immer ungelöst. Von berechtigten Hoffnungen war vor zwei Jahren die Rede, den Täter doch noch zu finden.

Neue kriminaltechnische Möglichkeiten wie die DNA-Analyse nährten diese Hoffnung. Sind sie nach zwei Jahren zerstoben? Es gibt neue Erkenntnisse, lässt Staatsanwältin Irene Schott von der Staatsanwaltschaft Görlitz wissen. Neue Fakten, die so vor zwei Jahren noch nicht bekannt waren. Es seien Erkenntnisse zu Personen aus dem Umfeld von Anke Hübschmann. Außerdem seien mehrere Zeugen vernommen worden. So ermittelten Polizei und Staatsanwaltschaft auch gegen einen Mann aus Pulsnitz. Irene Schott: „Er wurde als Beschuldigter in diesem Verfahren geführt. Grund dafür waren in erster Linie Aussagen eines Zeugen.“ Die Tat habe ihm aber nicht nachgewiesen werden können. Deshalb wurde das Verfahren gegen diesen Mann eingestellt. Derzeit läuft das Verfahren wieder gegen „Unbekannt“. Aber es läuft.

Die Wirtin erinnert sich gut

Wirtin Ute Müller vom Rödereck und Freizeitcenter Top 2000 in Großröhrsdorf erinnert sich trotz der vielen Jahre, die nun seit dem Mord vergangen sind, noch gut an die Mordnacht und an Anke Hübschmann. In ihrem Freizeitcenter – damals Top 1000 – war damals ein beliebter Treff für junge Leute: „Sie haben Darts und Billard gespielt“, erinnert sich die Wirtin. Auch die damals 20-jährige Anke. Sie war Stammgast und kam oftmals auch nach der Arbeit in der Pulsnitzer Lebkuchenfabrik vorbei. In Großröhrsdorf wohnte sie bei ihrem Opa und kümmerte sich auch um ihn, weiß die Wirtin. Ein unscheinbares, freundliches Mädchen sei Anke gewesen und habe ihr auch manchmal in der Wirtschaft geholfen und auch nie viel Alkohol getrunken.

Von einem Freund weiß die Wirtin nichts. Aber auch nichts von irgendwelchen Feinden. Vom Treff im Top 1 000 seien die jungen Leute nach Bretnig-Hauswalde zur Disco in die „Sonne“ weitergezogen. Bis später habe Anke wohl gesagt, wollte auf dem Rückweg noch einmal bei der Wirtin vorbeischauen. Sie sah das Mädchen nie wieder. Allein hatte sie sich wohl nach Mitternacht auf den Rückweg von der Disco zum Top 1000 gemacht. Auf diesem Weg verliert sich die Spur. Ihr Leichnam wurde erst knapp einen Monat später in der Massenei gefunden, unter Zweigen versteckt. Die junge Frau wurde erwürgt.

Eine neue Spur?

Dem Aufbruch der jungen Frau in der Disko soll wohl ein Streit vorangegangen sein. Bei Kripo live machte sich eine Freundin tief berührt auch nach über 20 Jahren noch Vorwürfe, Anke an dem Abend allein gelassen zu haben. Immer wieder ist von einem Auto die Rede, in dass die junge Frau möglicherweise gezerrt wurde. Bei Wirtin Ute Müller kam sie in der Nacht jedenfalls nicht an. Sie kann sich auf keinen Fall vorstellen, dass das Opfer freiwillig in ein fremdes Auto gestiegen sein könnte. Das hätte nicht zu ihr gepasst.

Sicher ist sich die Polizei, dass der Mörder im örtlichen Umfeld des Opfers zu suchen sei. Das heißt, dass „der Tatverdächtige scheinbar einen örtlichen Bezug zum Bereich Großröhrsdorf und/oder dem Waldgebiet Massenei hat bzw. hatte“, sagt die Staatsanwältin.

Darauf deutete wohl auch ein Video hin, mit dem die Staatsanwaltschaft im Vorjahr an die Öffentlichkeit ging. Es zeigte einen Mann mit Kappe in der Massenei im Bereich jener Stelle, an der die Leiche der jungen Frau gefunden wurde. Dort hatte die Polizei nach der Wiederaufnahme des Falles eine Überwachungskamera installiert. Der Mann sei laut Staatsanwaltschaft auch identifiziert und als Zeuge vernommen worden. Ergibt sich daraus eine neue Spur?

Ermittler haben noch nicht aufgegeben

Derzeit macht die Staatsanwaltschaft zu den Ergebnissen keine näheren Angaben. Ob aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes oder um die Ermittlungen nicht zu gefährden oder anderen Gründen, bleibt offen. Im Verlauf der Ermittlungen wurden auch über 20 Speichelproben auf freiwilliger Basis entnommen und untersucht. Irene Schott erklärt den Hintergrund. So waren „bei der Untersuchung der Bekleidung des Opfers DNA-Spuren festgestellt worden“. Die stammten nicht vom Opfer selbst. Die Ermittler mussten aber feststellen, dass bislang keine der untersuchten Speichelproben eine Übereinstimmung mit den Spuren ergeben hat.

Auf jeden Fall haben die Ermittler noch nicht aufgegeben und die Akte wieder zugeklappt, lässt sich den Worten der Staatsanwaltschaft entnehmen. Es laufen weitere Ermittlungen. So unter  anderem Untersuchungen an der Bekleidung - nach den neuesten Methoden, heißt es aus Görlitz. Es bleibt also die Hoffnung, dass das Verbrechen noch gesühnt wird.