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Blechstadt am Flughafen hochgezogen

Erstmals sind in Sachsen Flüchtlingsunterkünfte aus Leichtbau-Hallen gebaut worden. 600 Plätze stehen bereit.

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© Sven Ellger

Lars Kühl

Irgendwie erinnert das an einen Kellergang. Leichtmetall rechts und links. Zwölf Räume gehen ab. In zehn von ihnen stehen zwei Doppelstock-Betten, dazu ein einzelnes, daneben ein Tisch, darum fünf Stühle. Das war’s. Ein Fenster, aber kein Regal, keine Schränke. Genormt, nennt man so etwas wohl. Die anderen zwei Zimmer können für Technik und als Gemeinschaftsraum genutzt werden. Ein Gebläse lässt warme Luft zirkulieren, kalt ist es jedenfalls nicht in der Leichtbau-Halle.

Die Unterkunft am Flughafen

Blick auf das Areal der Notunterkunft für Asylbewerber auf dem Gelände des Flughafens in Dresden.
Blick auf das Areal der Notunterkunft für Asylbewerber auf dem Gelände des Flughafens in Dresden.

Erstmalig in Sachsen sind am Dresdner Flughafen solche Blech-Unterkünfte errichtet worden. Dafür wurde ein ehemaliger Parkplatz zunächst für drei Jahre, mit der Option auf zwei weitere, angemietet. Ziel war, Freiflächen in kürzester Zeit mit einer Kapazität zwischen 500 und 700 Plätzen zu bebauen. Fündig wurden die Mitarbeiter des Sächsischen Immobilien- und Baumanagements (SIB) in der Industrie, wo solche Hallen vor allem als Lager genutzt werden. In Absprache mit verschiedenen Herstellern wurden sie nun für die Unterbringung angepasst. Die Leichtbau-Konstrukte sind stabil und können einfach beheizt werden. „Zelte nutzen wir nur noch dort, wo es nicht vermeidbar ist“, sagt Peter Darmstadt, Chef der Ausländerbehörde bei der Landesdirektion.

Zwölf solche Hallen gibt es am Flughafen, jede bietet Platz für 50 Asylbewerber. Dazu ist ein großer Versorgungsbau aufgestellt, wo unter anderem das Essen ausgegeben wird. Eingerichtet werden derzeit die zwei Sanitärtrakte mit Einzelkomponenten für Duschen, Waschbecken und Toiletten. Die werden noch verbunden und sollen in der kommenden Woche einsatzbereit sein. Der Trakt für Männer wird größer, weil mehr von ihnen erwartet werden.

Der Med-Punkt für die ärztliche Versorgung, die Einsatzleitung sowie die Kleiderausgabe sind in Containern untergebracht. Zusammen bilden alle die neue Erstaufnahme-Einrichtung des Landes. Bis zu 600 Flüchtlinge leben bald dort, bevor sie verteilt werden. Ursprünglich waren noch 100 Plätze weniger vorgesehen.

Am Freitag hat die Landesdirektion die Einrichtung zusammen mit dem Deutschen Roten Kreuz und dem SIB vorgestellt. In den vergangenen zwei Monaten wurde sie hochgezogen. Es ist noch nicht lange her, da sind am Mittag die Journalisten durch so eine Mini-Stadt marschiert und abends zogen die Asylbewerber ein.

Doch die Zeiten haben sich geändert, inzwischen sind die Behörden besser auf den Flüchtlingsstrom vorbereitet. „Die Einrichtung ist Teil unserer Weihnachtsreserve“, erklärt Peter Darmstadt. „Es ist unklar, wann die ersten Flüchtlinge hier einziehen. Ich rechne nicht damit, dass es vor Silvester ist.“ Obwohl feststeht, dass Dresden in der Woche nach Weihnachten rund 700 neue Asylbewerber aufnimmt.

Die einzelnen Fälle werden künftig schneller bearbeitet. Nach sechs bis zehn Tagen sollen die Ersterfassung und die Erstuntersuchung erledigt sein. In der Einrichtung bestimmt natürlich die Funktionalität den Tagesablauf. Doch wenn Leben eingezogen ist, wird auch die momentane Sterilität verschwinden. Die Gemeinschaftsräume können unterschiedlich genutzt werden, unter anderem auch für Gebete, erklärt Kai Kranich, Sprecher des sächsischen DRK-Landesverbandes, der die Blechstadt am Flughafen als mittlerweile achte Einrichtung in Dresden betreiben wird.

Für die kleinen Bewohner könnten zudem Spielzimmer geschaffen werden. „Der Anteil der Familien steigt, also kommen auch immer mehr Kinder“, sagt Darmstadt über die derzeitigen Zuwanderer. So ist es auch möglich, aus einem Fünfmannraum einen für sechs oder nur vier zu machen. Die Wände können ebenfalls gestaltet werden, beispielsweise mit Bildern. Nur Nägel einzuschlagen ist verboten.

Damit den Asylbewerbern das Einleben in der Gegend leichtfällt, hat die Initiative „Brücken schaffen“ von Bürgern aus Klotzsche, Rähnitz, Hellerau, Weixdorf, Langebrück und Wilschdorf ihre Hilfe angeboten. 16 Mitarbeiter einer Wachschutzfirma sind zudem ständig vor Ort und sorgen für Sicherheit. Was genau die Leichtbau-Stadt gekostet hat, will der SIB nicht beziffern, weil die Abrechnung noch aussteht. An der Bremer Straße, wo früher Zelte standen, werden zurzeit baugleiche Hallen für 500 Asylbewerber hochgezogen. Die sollen Anfang nächsten Jahres fertig sein.