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Bizarrer Streit unter Schlossherren

Vorm Amtsgericht Döbeln muss sich Reinhard B. wegen Nötigung verantworten. Hat er wirklich das Rad vom Auto seines Bruders abgeschraubt?

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Von Helene Krause

Streit gibt es öfter in Familien. Bei Familie B. fällt er aber reichlich bizarr aus. Jetzt hat er auch das Döbelner Amtsgericht beschäftigt. Angeklagt war der 41-jährige Reinhard B. wegen Nötigung. Im Juli 2014 soll er nachts im Schloss Noschkowitz, das der Familie gehört, mit zwei befreundeten Litauern das rechte Hinterrad am VW-Kleintransporter seines Bruders Baldur B. abmontiert und das Rad versteckt haben. Dabei soll es an dem Fahrzeug zu Schäden gekommen sein. Reinhard B. erhielt einen Strafbefehl über 1350 Euro und ging dagegen in Einspruch.

In der Verhandlung erklärt der Beschuldigte, dass er das Rad nicht abmontiert hat. Allerdings habe er am Tattag gegen 8 Uhr die Polizei gerufen, weil Familienmitglieder in sein Zimmer eingedrungen seien und ihn mit einer Eisenstange bedroht hätten. „Ich ging zum Fenster und rief um Hilfe.“ Von der Bedrohung will Baldur B., der einzige Zeuge in der Verhandlung, nichts wissen. Im Gegenteil. Er beschuldigt den Angeklagten und einen der Litauer schwer. Letzterer soll einem weiteren Bruder des Familienclans ein Messer an die Kehle gehalten und später Baldur B. und weitere Familienmitglieder mit einem Vorschlaghammer bedroht haben. Außerdem habe der Litauer zugegeben, dass Reinhard B. bei der Tat dabei gewesen sei und er habe das fehlende Hinterrad aus einem Pferdestall geholt. Der Angeklagte soll dem Litauer per Telefon Anweisungen gegeben haben, wie er gegen die Familie vorzugehen habe.

Bei seiner Vernehmung verstrickt sich der Zeuge in Widersprüche. Während er bei der Polizei angab, dass nur das linke Hinterrad gefehlt hat, erklärt er in der Hauptverhandlung, dass beide Hinterräder abmontiert wurden. Von der Bedrohung mit dem Vorschlaghammer und dem Messer sagte er bei der Polizei ebenfalls nichts und auch nicht, dass der Angeklagte ihm gegenüber die Tat zugegeben habe. Der Litauer kann als Zeuge nicht vernommen werden. Er ist untergetaucht. Weil es kaum Aussichten gibt, ohne diesen Zeugen das Geschehen zu rekonstruieren, stellte das Gericht das Verfahren ein.

Grund der Auseinandersetzung soll der Streit um das Schloss Noschkowitz sein. Das Anwesen gehört zu einem Teil dem Angeklagten, zu einem weiteren Teil dessen Bruder Hildebrand B., der in Österreich lebt, und zu einem dritten Teil dem Förderverein Schloss Noschkowitz. „Die Familie will mich da raushaben“, sagte Reinhard B. im Gerichtssaal. Der verstorbene Raimund Bachmann, Vater des Angeklagten, hatte das Schloss in den 90er Jahren gekauft.