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Birthler-Behörde: Stasi lenkte BND-Informanten

Berlin. Die DDR-Staatssicherheit hat nach neuen Forschungen einen Großteil der DDR-Informanten des Bundesnachrichtendienstes gesteuert. Neun von zehn Ost-Quellen des BND seien von der Stasi geführt und...

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Berlin. Die DDR-Staatssicherheit hat nach neuen Forschungen einen Großteil der DDR-Informanten des Bundesnachrichtendienstes gesteuert. Neun von zehn Ost-Quellen des BND seien von der Stasi geführt und damit Doppel-Agenten gewesen, geht aus dem Buch „Das Gesicht dem Westen zu ...“ hervor, das gestern von der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, vorgestellt wurde.

Nach Angaben von Birthler haben 1989 rund 2 000 bis 3 500 Bundesbürger für die Stasi spioniert. Die Auswertung der vom US-Geheimdienst CIA zurückgegebenen Rosenholz-Dateien über Westspione der Stasi werde keine groben Abweichungen von der Schätzung ergeben. Zur Arbeit des Stasi-Ministeriums im Westen gebe es 500 Meter Akten. Mit wenigen Ausnahmefällen sei Agententätigkeit aber inzwischen strafrechtlich verjährt.

In dem Sammelband mit 21 Forschungsbeiträgen geht aus dem Beitrag des Bundesamtes für Verfassungsschutz hervor, dass trotz der Rosenholz-Dateien 55 Agenten im Westen bislang nicht identifiziert werden konnten.

Forscher Helmut Müller-Enbergs von der Stasi-Unterlagenbehörde sagte dazu, das MfS habe seine Agentenkartei nicht bis zum Ende der DDR geführt, so dass ein Nicht-Wissen bleibe. Noch 1989 agierende Spione hätten so unerkannt bleiben können.

Laut Birthler-Behörde leitete die Bundesanwaltschaft in den 90er Jahren rund 3 000 Ermittlungsverfahren gegen Bundesbürger wegen Spionage ein. Dies führte zu 500 Anklagen. 63 Spione wurden zu Haftstrafen verurteilt, 150 auf Bewährung. Allein von 1964 bis 1989 habe die Stasi knapp 15 000 Anwerbungsversuche von Bundesbürgern unternommen. Nach Erkenntnissen der Forscher nahm die Wirtschaftsspionage mit rund 40 Prozent einen vorderen Platz in der Westarbeit der Stasi ein, vor allem die Beschaffung von Hochtechnologien. Nur elf Prozent hätten politischer Spionage gegolten. (dpa)