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Biesnitz mag keine Laster

Auch der letzte Bürgerrat zog jetzt Bilanz. An der Landeskrone dominieren Sorgen zum Straßenverkehr.

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Von Ralph Schermann

Görlitz. Lotto in Biesnitz? Natürlich nicht. Zwar lautete das Verhältnis zwischen Bürgerrat und Gästen am Dienstagabend 6 aus 49, doch im Rosenhof lagen die Gewinnchancen deutlich höher. Mit Biesnitz zog auch der letzte der acht gewählten Bürgerräte Bilanz für sein erstes absolviertes Jahr und bewies als einziger erstaunliche Kontinuität: Es waren genau so viele Besucher erschienen wie einst zur Wahlversammlung.

IDYLLE PUR: Der Wanderweg durch den Loenschen Park ist vor allem ein beliebtes Ziel Görlitzer Spaziergänger. Einige Biesnitzer wünschen sich hier jedoch einen befestigten Radweg.
IDYLLE PUR: Der Wanderweg durch den Loenschen Park ist vor allem ein beliebtes Ziel Görlitzer Spaziergänger. Einige Biesnitzer wünschen sich hier jedoch einen befestigten Radweg.

Im Prinzip geht es genau darum, betonte Oberbürgermeister Siegfried Deinege: Mit der Aktion „Du bist Görlitz“ bekommen Verwaltungsvorhaben mehr Bürgernähe, können die Rathaus-Mitarbeiter auf Ideen einer breiten Basis zurückgreifen, kann mehr als bisher vor fertigen Planungen diskutiert werden. „Das könnte zwar auch einiges verzögern, unterstreicht aber die Demokratie“, sagte Deinege.

Der Heilpraktiker Marcel Gnädig, die Pädagogin Ulrike Kretzschmar, der Versicherungsangestellte Jens Schulz, der Krankenbetreuer Jens Wittwer, der Rentner Frank-Rainer Schöps und Handelsvertreter Gregor Kohl berichteten von ihren monatlichen Zusammenkünften als Bürgerräte, von Stadtteilwanderungen und von der Suche nach Bekanntheit. Dabei helfen ihnen ein Schaukasten vor der Tierarztpraxis Promenadenstraße und ein Briefkasten am Netto-Markt, eingerichtet für Wünsche und Kritiken. Der Bürgerrat organisierte mit dem Verein Initiative Görlitz und Anliegern eine Laubentsorgung auf der Südoststraße und brachte eine Wanderwegbefestigung zwischen Johann-Sebastian-Bach-Straße und Kreuzkirchenpark auf den Weg. Für finanzielle Unterstützung bedarf es dabei aber auch in Biesnitz keines Lottogewinns, denn 3918 Euro standen 2016 dem Stadtteil nach der Einwohnerzahl zu. Der Großteil des Geldes floss in die Aufstellung neuer Sitzbänke an der Ecke Bach-/Südoststraße sowie am Aufgang zur Landeskrone, also dort, wo einst im nahe gelegenen Ostsachsendruck sämtliche DDR-Lottoscheine gedruckt wurden.

Das sind die vier Kritiken

Kritik 1:

Die Kastanienallee benötigt dringend einen hohen Einsatz. Sie ist zu eng, zu verschlissen, zu unübersichtlich. Leider durch Navigations-Angaben befördert, nutzen bereits Sattelschlepper und Lastzüge diese Verbindung ausgehend von der Umgehungsstraße bei Rauschwalde in Richtung Hagenwerder/Zittau. Das gibt einer Straße den Rest, die zuletzt vor 20 Jahren eine Decklagensanierung erfuhr. Torsten Tschage, Leiter des Bau- und Liegenschaftsamtes, bestätigte den unhaltbaren Zustand: „Die Kastanienallee steht ganz oben auf der fünfseitigen Prioritätenliste, ist auch förderfähig, ein grundhafter Ausbau nach 2018 planbar. Davor aber ist erst noch die Friedersdorfer Straße dran.“

Kritik 2:

Straßenschäden nehmen überall im Stadtteil Biesnitz zu, Bürger nannten als Beispiel den Holunderweg.

Kritik 3:

Von mehreren Anwohnerstraßen besteht kaum ausreichend Sicht bei der Einfahrt auf Vorfahrtstraßen. Angeregt wurde, zu prüfen, ob nahe von Einmündungen Haltverbote angeordnet werden könnten. Auch würden sich Autos an Kreuzungen gegenseitig blockieren, wenn wie an der Friesen-/Rathenau-Straße an Altglascontainern gehalten wird. „Müssen solche Container nahe an Knotenpunkten aufgestellt sein?“, fragten einige Bürger. Andere bemängelten die Ausfahrt von der nördlichen Geschwister-Scholl- auf die Promenadenstraße: „Dort nimmt Kraftfahrern die verbaute Haltestelleninsel jede Sicht!“

Kritik 4:

Berufstätige ärgert der Fahrplan der Straßenbahnlinie 2: „Ab Landeskrone 5.20Uhr ist für die erste Fahrt zu spät.“

Nicht als Kritik, eher als Glückstreffer wollten Besucher einen Vorschlag sehen, den sie der Verwaltung zur Prüfung aufgaben: Der Wanderweg durch den Loenschen Park sollte doch zum Radweg befestigt werden, vor allem das schmale Stück am Feldmühlteich. Das aber sei fraglich, gab Hartmut Wilke, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung, zu bedenken: „Dort sind einige der Flächen in Privatbesitz.“ Außerdem wäre es ohnehin kein Gewinn für den Bürgerrat von Biesnitz. Denn besagte Flächen liegen bereits nebenan auf Weinhübler Flur.

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Auch für 2017 stellte der Bürgerrat schon Ideen vor. Ein Gewinn werden soll vor allem ein Familiensportfest an der Friesenstraße. Und der Briefkasten wird sich hoffentlich mit weiteren Tipps füllen, bat Jens Wittwer, der den Abend moderierte. Zudem nutzte Kriminalhauptkommissar Burkhard Röwer den Abend, für die Beratungsstelle der Polizeidirektion Görlitz zu werben. Er bot im eigenheimreichen Biesnitz Hausbesuche an, bei denen Sicherheits-Tipps für manche durchaus ein Hauptgewinn sein könnten. Beifall war ihm nicht nur dafür, sondern aus einem besonderen Grund sicher: Er folgte der Einladung ausgerechnet an seinem Geburtstag.

Die Nieten, die die Biesnitzer dann dem OB und seinen Amtsleitern vorhielten, hatten allerdings nichts mit Kriminalität zu tun. Auch das leidige Thema Hundehaufen und Papierkörbe wurde in diesem Stadtteil nicht angekreuzt. Den Schwerpunkt Biesnitzer Sorgen bilden Verkehrsprobleme:

Für das Projekt „Du bist Görlitz“ gibt es im Rathaus das Kontakttelefon 03581672000. Der Biesnitzer Bürgerrat tagt öffentlich jeden ersten Mittwoch im Monat, in der Regel ab 19 Uhr, im Lokal „Alex“, Schlaurother Straße, [email protected], www.goerlitz.de/buergerbeteiligung