Merken

Bierverkäufer mit großem Herz

Manfred ten Bosch führte knapp zwei Jahre die Görlitzer Landskron Brauerei. Sein früher Tod ist ein Schock.

Teilen
Folgen
© nikolaischmidt.de

Von Sebastian Beutler

Manfred ten Bosch hatte ein großes Herz. Als er noch vor wenigen Tagen, es war der 1. Dezember, Familien in der Kulturbrauerei begrüßen konnte, die nicht alles haben, denen nicht alles leicht fällt, die aber kämpfen, da war der Geschäftsführer der Landskron Brauerei glücklich und zufrieden.

Diesen „Helden des Alltags“ wollte er zusammen mit der Görlitzer Sächsischen Zeitung und vielen Partnern wie dem Familienbüro und der Diakonie-Jugendkochschule einen schönen Abend in der Adventszeit bescheren. „Da haben wir die richtige Wahl getroffen“, sagte er an diesem Abend oftmals. Und erinnerte im privaten Gespräch selbst an Höhen und Tiefen seiner Managerlaufbahn. Dass ausgerechnet sein Herz nun nicht mehr wollte und am Donnerstag aufhörte zu schlagen, gehört zu den grausigen Ironien dieses noch so jungen Jahres.

Manfred ten Bosch ist tot. Er wurde nur 57 Jahre alt. Das ist ein Schock – zunächst und besonders für seine Familie, dann für viele der Landskron-Mitarbeiter und schließlich auch für die Görlitzer Öffentlichkeit. Nichts deutete daraufhin, umso tiefer sitzt die Trauer. Auch deswegen, weil ten Bosch in den knapp zwei Jahren an der Spitze der Brauerei eine glückliche Hand hatte. Denn als er im März 2015 seinen Geschäftsführerposten in der herrschaftlichen Scheller-Villa antrat, da hatte sich in der Brauerei gerade ein kleiner Rosenkrieg zwischen seiner Vorgängerin und dem Generalbevollmächtigten von Eigentümer Rolf Lohbeck über die richtige Strategie von Landskron abgespielt: Mehr Bier oder mehr Tourismus, mehr Bierabsatz oder mehr Konzerte.

Die Unsicherheit über die Zukunft der Brauerei war damals mit Händen zu greifen. In dieser Situation holten die Lohbecks ten Bosch in der Hoffnung, der erfahrene Bierverkäufer kurbele das Geschäft an. Ten Bosch kannte das Biergeschäft, seit er nach dem Pädagogium-Studium bei der Bundeswehr 1992 zur Hamburger Holsten-Brauerei kam. Als Verkaufsleiter bereiste er so unterschiedliche deutsche Gegenden wie Brandenburg und Schleswig Holstein. 2007 übernahm er einen Vorstandsposten bei der Dresdner Feldschlösschen-Brauerei, den er bis zu dem Verkauf der Brauerei 2011 inne hatte.

Wer nun dachte, dass Manfred ten Bosch alles umwerfen würde, sah sich schnell getäuscht. Ten Bosch fand eine Brauerei vor, in der sich zwar Verunsicherung durch die Querelen breitgemacht hatte, aber deren Kern und Geschäfte zukunftsfähig waren und die bei der Bierherstellung auf der Höhe der Zeit war. So knüpfte er an das Erbe seiner Vorgängerin Katrin Bartsch an, die er öffentlich für ihre Tätigkeit bei Landskron stets lobte.

Manfred ten Bosch nahm sich Zeit, die Brauerei kennenzulernen und änderte erst dann. Er versuchte beim Vertrieb, die Stärken von Landskron mit seinen vielen Biersorten stärker auszuspielen und neue Absatzgebiete in Westsachsen und angrenzenden Gebieten zu gewinnen. Er veränderte die Etiketten auf den Flaschen, benannte „Extra-Hell“ zu „Aktiv“ um und trat eine neue Marketingkampagne los. Statt die etwas bieder wirkenden Holzfässer der Manufaktur in den Mittelpunkt zu stellen, heißt es jetzt angriffslustig: „Prost Deutschland. Der Osten ist sich einig: Lieber ein Landskron, immer ein Genuss.“

Vom Ergebnis schwärmte er schon im Herbst: Landskron setzte vier Prozent mehr Bier ab, bei Hell seien es gar sieben Prozent und beim Aktiv-Bier sogar 20 Prozent gewesen. Auch die Craft-Biere seines Mit-Geschäftsführers Matthias Grall verkauften sich im Herbst bestens.

Ten Bosch mischte sich auch in Görlitzer Debatten ein. So plädierte er in der SZ für die Wiederbelebung der Stadthalle, sah sehr genau, dass die Politik sich uneins darüber ist, wie die aussehen soll. Obwohl er mit der Kulturbrauerei einen Konkurrenten für die Stadthalle führte, sah er deren Bedeutung für die deutsch-polnische Zwillingsstadt deutlicher als andere. Das machte ihn angreifbar, aber das störte ihn nicht. So werden wir ihn in Erinnerung behalten.