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Bienen fürs Problemschloss

Eine süße Idee soll den Kummer über den Bau-Stillstand am Schloss Pinnewitz etwas lindern.

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© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Nossen. Noch kann Mandy Auerswald den Holzkasten gefahrlos öffnen: Bienen leben nicht darin, oder besser gesagt, nicht mehr. Der Kasten ist eines der vielen historischen Fundstücke von Schloss Pinnewitz. Nun wollen die Schlossherrin und der Verein um das Schloss, dass wenigstens in den Kasten Leben einzieht – wenn sich schon auf dem 11 000 Quadratmeter großen Grundstück nichts tut, das heißt: nichts tun darf.

„Der Baustopp ist weiterhin nicht aufgehoben“, erzählt Auerswald in der notdürftig eingerichteten Küche des Schlosses, während ihre acht Monate alte Tochter in einem Sitz auf dem Tisch auf und ab wippt und immer mal gut gelaunt „bab bab“ oder „mam mam mam“ ruft. Es ist einer der wenigen Räume, die von alten Öfen beheizt werden. Warum auch das ganze Schloss heizen, wenn in manchen Räumen große Löcher in den Außenwänden klaffen?

Einen Grund für den Baustopp hat Mandy Auerswald eigenen Angaben zufolge auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht erhalten. Seit über einem Jahr hat sich nun schon nichts an ihrem Traumschloss auf dem Land getan. „Ich wohne noch immer mit dem Baby in einer Wohnung, in die es reinregnet“, sagt die 35-Jährige. „Es ist gelinde gesagt zum Kotzen.“

Nachbarn führen Lärmprotokolle

Auch vom Traum ist rund vier Jahre nach dem Kauf des Grundstückes mit Herrenhaus, Brennerei, ehemaligem Pferdestall und weiteren Nebengelassen für 40 000 Euro nicht mehr viel übrig. Die Konzerte und anderen Veranstaltungen, die hier stattfinden sollten? Nach ständigen Beschwerden wurden sie auf Eis gelegt.

Noch immer führen die Nachbarn Lärmprotokolle; sogar an Tagen, an denen niemand auf dem Grundstück ist, wollen sie Techno hören. In der Dorfgemeinschaft aus rund 140 Menschen ist die junge Frau, die 15 Jahre lang in der Dresdner Neustadt gewohnt hat, nicht angekommen.

Mit den ehemaligen Mietern liegt Auerswald außerdem im Rechtsstreit, weil diese keine Nebenkosten bezahlen wollten. 5 000 Euro fehlen ihr dadurch. Und weil auch die vollbiologische Kläranlage viel teurer war als erwartet, und jedes der unzähligen Schreiben der Ämter Geld kostet – Bauaufsichtsbehörde, Bauamt, Untere und Obere Denkmalschutzbehörde, mindestens zehn Leute, schätzt Auerswald, müssen mit ihrem Fall beschäftigt sein – sind auch die Finanzen der gelernten Architektin im Mutterschutz am Ende.

„Awawaaaa“, ruft das Baby schrill in die Erzählungen seiner Mutter hinein. „Genau“, sagt Mandy Auerswald lächelnd an ihr Kind gewandt, „das ist ziemlich nervig.“ Doch fragt man sie, ob sie ihre Vision wegen der ständigen Rückschläge nicht schon einmal bereut habe, tritt ein kämpferischer Ton in ihre Stimme. „Man ist schon immer mal kurz davor, aufzugeben“, sagt sie dann. „Aber bereuen? Nö!“

Im Flur des Schlosses, das zu DDR-Zeiten auch als Kindergarten genutzt wurde, hängen kleine, hübsch gerahmte Fotos des Gebäudes aus noch früheren Zeiten: die edel gestaltete Fassade, ein lichtdurchfluteter Salon mit mondänen Möbeln. Sie erinnern Mandy Auerswald an das, was einmal sein könnte. An der Wand gegenüber hängt eine Weltkarte voller kleiner Fähnchen, die meisten verteilen sich dicht an dicht über Europa, doch auch Südamerika und Australien sind besiedelt von einigen Pins.

Die dunklen stehen für die Orte, aus denen Auerswalds freiwillige Bau-Helfer stammten, die roten für Orte, die sie selbst bereist hat. Die 35-Jährige hat schon viel gesehen, vielleicht lässt sie sich auch deshalb nicht so leicht aus der Ruhe bringen.

Aus Australien kommt auch die Idee mit den Bienen beziehungsweise die besondere Art der Haltung. Das Bienenvolk lebt nämlich in einem „Flow Hive“, das ist ein Bienenstock, der für die Honiggewinnung nicht geöffnet werden muss. Stattdessen fließt der Honig ganz einfach über ein spezielles System aus einem Rohr ab.

700 Euro benötigt der Verein für die Pinnewitzer Bienen. Das Geld wird über eine Crowdfunding-Plattform im Internet gesammelt. Bisher sind 100 Euro zusammengekommen, drei Leute haben schon gespendet. „Wir werden aktiv und möchten dem weltweiten Bienensterben ein klein wenig entgegentreten und Bienen im Schlosspark Pinnewitz ein Zuhause bieten“, schreibt der Verein auf seiner Facebook-Seite. Wenn schon das Schloss nicht so einfach zu retten ist, dann doch wenigstens ein paar Bienen.

www.leetchi.com/c/schloss-pinnewitz