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Bienen als Beute

Immer wieder werden Bienenvölker von den Feldern rund um Freital gestohlen. Die Polizei geht von Insidern aus.

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© Andreas Weihs

Von Andrea Schawe

Karl-Heinz Berthold kann nur mit dem Kopf schütteln. Er steht am Pesterwitzer Hang in der Obstplantage und betrachtet die Lücken in der Reihe mit Bienenkisten. 24 Völker hatte der Imker aus Weißig an der Zauckeroder Straße stehen. Jetzt sind sechs davon weg. „Das war auf jeden Fall jemand, der sich mit Bienen auskennt“, sagt er. Es würden genau die Kisten mit den starken Völkern fehlen. „Die fliegen viel. Das muss man vorher beobachten.“ Der Schaden: etwa 3 400 Euro, wenn man Material und den ausgefallenen Honigertrag mitrechnet. „Aber es geht eigentlich mehr um den ideellen Wert“, sagt der Imker. „Gerade hat man die Tiere gesund über den Winter gebracht und dann das.“

Kein Einzelfall, sagt die Polizei. „Wir beobachten in regelmäßigen Abständen, dass Bienenvölker gestohlen werden“, sagt Polizeisprecher Marko Laske. Erst Anfang April wurde ein Volk vom Standort am Waldrand zwischen Obercarsdorf und Ulberndorf gestohlen. Kurz vor Ostern verschwand ein weiteres Bienenvolk aus dem Höckendorfer Tiergarten.

Die Polizei ermittelt wegen Diebstahls. Sie gehe bei der Suche nach den Tätern nicht von Kleinkriminellen aus, sondern von Leuten, die sich mit Bienen auskennen. „Der Abtransport und die Ernährung der Bienen brauchen Expertise“, sagt Laske. Es können auch kaum Einzeltäter gewesen sein. Nur zwei Personen können die schwere, unhandliche Beute wegtragen. Außerdem brauchen sie einen Transporter oder ein Auto mit Hänger. Dass hier jemand klaut, um schnelles Geld zu machen, kann sich auch Gerhold Klotz, der Chef des Dippoldiswalder Imkervereins, nur schwer vorstellen. „Wahrscheinlicher ist, dass sich Imker auf diese dreiste Art bei Kollegen bedienen“, sagt er.

Auch für Lars Folde vom Gut Pesterwitz ist der Diebstahl ärgerlich. Über Jahre hatte er Probleme, überhaupt genügend Imker zu finden, die an den Plantagen Völker aufstellen. „Die brauche ich aber für die Bestäubung der Obstbäume“, sagt Folde. Früher musste er selbst Hummeln einkaufen. Jetzt wo er wieder Imker gefunden hat, die zur Blüte kommen oder wie Berthold die Völker fest aufstellen, braucht er keine Vorfälle, die die Leute wieder vertreiben. „Es wäre ein herber Verlust, denn seitdem wir die Imker hier wieder haben, ist der Ertrag viel voller geworden“, sagt Folde. Er baut in Pesterwitz unter anderem Kirschen, Pflaumen und Birnen an.

Karl-Heinz Berthold will sich nicht vertreiben lassen. Auch, wenn es nicht das erste Mal ist, dass seine Bienen verschwinden. Nachdem ihm schon im Herbst 2013 und im darauffolgenden Frühjahr drei Völker in Coschütz gestohlen worden waren, hatte er beschlossen, nach Pesterwitz umzuziehen. Die Obstplantagen des Guts Pesterwitz an der Zauckeroder Straße sind eingezäunt. Da dürfte so einfach kaum einer hinkommen, dachte Berthold. Bis im vergangenen September wieder acht Völker fehlten. „Das waren aber definitiv keine Imker, so dilettantisch, wie die vorgegangen sind“, sagt er. Überall auf der Wiese und an zwei Kästen seien Reste von Bauschaum zu finden gewesen. „Die haben offensichtlich damit das etwa drei mal 20 Zentimeter große Flugloch verschlossen, um die Bienen transportieren zu können“, vermutet Berthold. Den Bienen dürfte die Aktion kaum gut bekommen sein. Imker nehmen ein passendes Holzstück oder Schaumstoff, einen Lappen oder notfalls auch mal Gras. „Aber Bauschaum definitiv nicht“, sagt Berthold. Er geht davon aus, dass die Täter kaum an den Bienen interessiert waren, höchstens am Profit aus einem Verkauf – in Kleinanzeigen werden Bienen für etwa 120 Euro je Volk angeboten.

Berthold lässt seine Bienenvölker jetzt überwachen. „Wir haben eine Kamera angebracht“, sagt er. Außerdem will er die Beuten sichern, damit sie nicht einfach weggetragen werden können. „Wir nageln sie auf einem Gestell fest“, sagt Berthold. Das erschwere den Diebstahl erheblich.