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Biber an der Waldschlößchenbrücke

Vor fünf Jahren wurde an der Brücke erstmals ein Biber gesichtet. Nun ist er zurück und lockt Besucher in Scharen an.

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© Stefan Scharf

Von Paulina Glaner

Jeden Abend spielt sich am Johannstädter Elbufer ein illustres Schauspiel ab: Familien, Jugendliche, Fotografen und ältere Paare pilgern an die kleine Bucht zwischen Waldschlößchenbrücke und Fährgarten, um ihre Stars zu beobachten. Ein Biberpärchen, das täglich kurz vor Sonnenuntergang seinen Bau verlässt. Gemütlich paddeln sie stromauf- oder abwärts, um am Ufer Äste und Baumstämme abzunagen. Von ihren Zuschauern lassen sie sich nicht beeindrucken.

© Grafik: SZ

Schon einmal hatte sich 2010 ein junger Biber in den Hilfsstützen der Waldschlößchenbrücke seinen Bau eingerichtet. Leider wurde er dort nur kurz beobachtet. Ausgerechnet Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz hatte das etwa zwei Jahre alte Tier entdeckt. Jetzt ist genau dieser Brückenbiber, der damals von SZ-Lesern den Namen „Hubi“ bekam, in die Nähe der Elbquerung zurückgekehrt. Harald Wolf, Naturschutzexperte des Umweltamtes, geht davon aus, dass eines der beiden Tiere des jetzt gesichteten Paares Brückenbiber Hubi ist. „Er ist damals nicht markiert worden, es lässt sich also nicht zweifelsfrei nachprüfen. Ich glaube aber, dass der Biber damals ein paar Meter weitergezogen ist“, so Experte Wolf. Möglicherweise hatte er sich in der Zwischenzeit in anderen Bereichen des Elbufers niedergelassen.

Doch nun ist er zurück und hat sogar einen Partner gefunden. Die beiden haben in den letzten Wochen einen regelrechten Bibertourismus ausgelöst. Sogar mit Kameras und Ferngläsern kommen die Spaziergänger. Mario Oeser vom Johannstädter Fährgarten weiß schon lange, dass der Biergarten tierische Nachbarn hat. „Letzten Herbst haben wir den Biber das erste Mal durch die Elbe schwimmen sehen“, erzählt der 37-Jährige. „Seit diesem Jahr erkundigen sich bei uns immer mehr Gäste nach den Tieren. Wahrscheinlich hat sich herumgesprochen, dass die Biber kaum scheu sind und man sie hier gut beobachten kann“, so Oeser.

Eine Johannstädter Familie ist anders auf die Wildtiere aufmerksam geworden. Schon im Februar hatten Kay und Kathrin Rothe mit ihren Kindern Luise und Josephine Biberspuren entdeckt. An der kleinen Bucht waren ganze Bäume abgefressen. „Ab diesem Moment haben wir nach einem Biber Ausschau gehalten“, sagt Kay Rothe. „Ein Stück flussabwärts haben wir dann einen Bau entdeckt,“ so der 40-Jährige. Ostermontag wollte die Familie noch einmal die Fraßspuren begutachten. „Da haben wir zwei Biber im Wasser schwimmen sehen. Die beiden haben miteinander gespielt und sich von uns nicht stören lassen“, erzählt Rothe. Seine Töchter sind große Wildtierfans und haben sich sofort über die Tiere belesen. „Der Schwanz vom Biber heißt Kelle“, erzählt die achtjährige Luise. „Wenn er damit auf das Wasser klatscht, verjagt er andere Biber oder Wildtiere. So kann er sich verteidigen.“

Schwester Josephine hofft, dass die Biber Nachwuchs bekommen. Naturschutzexperte Wolf zufolge könnte das bald passieren. „Noch haben wir keine Jungen entdeckt. Biberweibchen bekommen aber im Frühling Nachwuchs. Es ist also durchaus wahrscheinlich, dass in der nächsten Zeit Jungtiere zu beobachten sind“, sagt er.

Wolf kennt die Dresdner Biber-Ansiedlungen, seit die ersten Tiere 1995 in Stetzsch gesichtet wurden. Der Elbebiber fühlt sich offenbar sehr wohl im Stadtgebiet. Mittlerweile gibt es rund zehn Ansiedlungen mit bis zu 40 Tieren. „Die Zahl schwankt jedoch, da Biber sich neue Reviere suchen, wenn die Nahrungsvorräte knapp werden“, so Wolf. Ihre Scheu haben sie weitgehend verloren und kommen teilweise schon vor Sonnenuntergang aus dem Bau. Konflikte zwischen Mensch und dem Wildtier treten selten auf und sind meist leicht zu lösen. Wie im Fall der Biberan-siedlungen im Strandbad Wostra. Die dort heimisch gewordenen Tiere hatten zahlreiche Bäume gefällt. Der Bäderbetrieb brachte nach Rücksprache mit der Naturschutzbehörde sogenannte Maschendrahthosen an. Diese schützen die Baumstämme jetzt.