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BGH prüft Presse-Vertriebssystem

Zeitschriften und Zeitungen gibt es überall in Deutschland. Möglich macht das die derzeitige Struktur der Zwischenhändler, sagen die Zwischenhändler. Stimmt nicht, sagt ein Verlag und klagt bis nach Karlsruhe.

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© dpa

Karlsruhe. Die derzeitigen Vertriebsstrukturen von Zeitschriften und Zeitungen nimmt seit Dienstag der Bundesgerichtshof (BGH) unter die Lupe. Es geht um dabei die Grossististen. Das sind Zwischenhändler für Verlage. Sie kaufen den Presseunternehmen die Zeitschriften und Zeitungen ab und verkaufen sie zu einem vorbestimmten Preis an den Einzelhandel in ihrer Region weiter. Das oberste Kartellgericht muss klären, ob die Verlage die Verträge weiterhin zentral mit dem Bundesverband Presse-Grosso aushandeln müssen.

Der BGH-Kartellsenat will im Laufe des Tages eine Entscheidung bekanntgeben (Az.: KZR 17/14). Ob das bereits ein Urteil in der Sache ist oder eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof im Luxemburg, blieb unklar. Denn in dem Verfahren spielt auch EU-Recht eine Rolle.

Den Prozess ins Rollen gebracht hatte die Bauer Media Group. Das Hamburger Unternehmen will auch mit einzelnen Grossisten verhandeln dürfen. Aber für nahezu alle Grossisten führt der Bundesverband die Verhandlungen mit den Verlagen. Auch untereinander machen sie sich kaum Konkurrenz, da ihre Liefergebiete abgesteckt sind. Diese besondere Art von Kartell ist ausnahmsweise gesetzlich erlaubt, um Meinungsvielfalt und Pressefreiheit zu erhalten.

Die Befürchtung ist, dass die Grossisten anderenfalls unrentable Verkaufsstellen wie Kioske oder Bäckereien im ländlichen Raum kaum mehr beliefern und dass auch kleinere Verlage ihre Produkte nicht mehr so gut verkaufen können. Zeitungen und Zeitschriften sollen aber in Deutschland überall und zum gleichen Preis erhältlich sein.

Als oberstes Kartellgericht muss der BGH daher prüfen, ob die Grossisten diese Stellung zurecht haben und welche Rolle EU-Recht dabei spielt. Denn dieses verbietet derartige Absprachen eigentlich.

Ziel von Bauer sei es, zulasten kleinerer Verlage und der Grossisten für sich bessere Vertragsbedingungen „herauszuschlagen“, warf der Anwalt des Bundesverbandes dem Verlag in Karlsruhe vor. Letztendlich würde das aber die Leser zu spüren bekommen. „Es ist am effizientesten, wenn auf einem Markt Wettbewerb herrscht“, widersprach der Anwalt der Bauer Media, Reiner Hall.

Für eine Überraschung sorgte die Stellungnahme des Bundeskartellamtes: Das Amt habe das derzeitige Grosso-System wegen der positiven Effekte bisher toleriert, sagte Jörg Nothdurft für die Kartellwächter. Deutschland stehe ein breites Angebot an Presseprodukten zur Verfügung, neue Zeitungen oder Zeitschriften könnten unkompliziert auf den Markt gebracht werden. Dennoch seien die kartellähnlichen Strukturen eigentlich nicht nötig. „Denn die Pressefreiheit geht von der Leistung der Verlage aus und nicht von den Händlern.“ (dpa)