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Bewährungsstrafe für Nazi-Tattoo

Ein vorbestrafter NPD-Mann hatte sein Tattoo mit NS-Symbolen öffentlich gezeigt. An dem milden Urteil gibt es jetzt Kritik.

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© Privat/dpa

Von Alexander Riedel und Georg-Stefan Russew, Oranienburg

Ein Mann stellt in einem Spaßbad ein Tattoo zur Schau, das ein Konzentrationslager zeigt. Zunächst scheint sich niemand daran zu stören. Der Bademeister wird darauf angesprochen und unternimmt ebenfalls nichts. So schildert es ein Journalist, der das Tattoo schließlich fotografiert und ins Netz stellt, mit dem Kommentar: „Solche Typen laufen unbehelligt im Schwimmbad in Oranienburg rum.“ Nun wurde der Träger des Tattoos wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Ausgerechnet Oranienburg bei Berlin: Das Schwimmbad befindet sich quasi auf halbem Weg zwischen den Standorten der ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen und Oranienburg. Dass hier ein lokaler NPD-Politiker seinen einschlägig tätowierten Körper derart zur Schau stellt, wirft Fragen auf. Zeugt es auch von neuem Selbstbewusstsein in der rechten Szene?

Der 27-Jährige, wegen Körperverletzung vorbestrafter Kreistagsabgeordneter der rechtsextremen NPD, ließ sich zudem den Spruch „Jedem das Seine“ tätowieren, der am Haupttor des KZ Buchenwald stand. Auf dem Bauch des Mannes prangt nach Angaben des Journalisten ein Reichsadler – mit dem Bauchnabel dort, wo eigentlich das Hakenkreuz wäre.

Für Bernd Wagner von der Nazi-Aussteiger-Initiative Exit Deutschland ist das Zeigen solcher Tattoos im Schwimmbad ein „ziemlich krasser Fall“. „Das zeigt, dass der Träger sehr von sich überzeugt ist und die Gunst der Stunde für sich gegeben aufgefasst haben dürfte.“ Aussteiger berichten davon, dass sich die Szene ermutigt fühle, offener in Erscheinung zu treten, erklärt Wagner. Zwar wüssten ihre Mitglieder, dass die Tattoos in vielen Fällen strafrechtlich relevant sind, doch: „Man ist durchaus geneigt, etwas kecker zu werden.“

Der Angeklagte räumte vor Gericht ein, das KZ-Tattoo im Schwimmbad gezeigt zu haben. Damit billigte er die Verbrechen der Nationalsozialisten, meinte die Staatsanwaltschaft. Dem folgte das Gericht und verurteilte den Mann wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe – von sechs Monaten. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hatte ein schnelles und wehrhaftes Zeichen setzen wollen und nach dem Vorfall vom 21. November ein beschleunigtes Verfahren beantragt. Dadurch war bereits im Vorfeld das mögliche Höchstmaß der Strafe von fünf Jahren auf ein Jahr reduziert.

Nach Bekanntgabe des Strafmaßes äußerten Prozessbeobachter umgehend Zweifel an dessen Symbolkraft. Anklage und Verteidigung prüfen, ob sie Rechtsmittel einlegen. (dpa)