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Bettwäsche allein macht nicht froh

Die Damastweberei Bauer aus Aue liefert Edles in die ganze Welt – muss sich aber umstellen.

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© dpa

Von Claudia Drescher

Aue. Mit atemberaubender Geschwindigkeit jagt die Webmaschine die Schussfäden durch die Webkette. 695 Schüsse pro Minute zeigt das Display des modernen Hochleistungswebstuhls. Auch die übrigen 43 Maschinen in der großen Fabrikhalle arbeiten auf Hochtouren, sie weben feinsten Damast oder auch strapazierfähiges Gewebe für die Automobilindustrie. Ein kräftiges, monotones Rattern füllt den Raum. „Das sind zwar die modernsten Maschinen, aber laut bleibt es in einer Weberei trotzdem“, sagt Michael Bauer.

Der 62-Jährige ist Geschäftsführer des Textilunternehmens Curt Bauer, das bereits in vierter Generation Bett- und Tischwäsche sowie Textilien für Hotellerie, Gastronomie oder Fluggesellschaften produziert. Mittlerweile sind auch technische Materialien auf dem Vormarsch.

Einen Namen gemacht hat sich die Firma mit heute 130 Mitarbeitern und 13 Azubis im Bereich der Haustextilien. „Seit Jahren verzeichnen wir hier Zuwachsraten, vor allem mit unserem Bettwäsche-Sortiment“, erklärt der Firmenchef, der gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Gert das Familienunternehmen bereits seit der Wende führt. Insgesamt exportiert Curt Bauer mehr als 60 Prozent seiner Waren.

Die edle Bettwäsche etwa ist nicht nur bei Deutschen und Österreichern gefragt. Auch Chinesen, Japaner, Russen oder Einwohner der Arabischen Emirate mögen die hochwertigen Brokat-Stoffe. „Katharina“ beispielsweise steht für ein opulentes Paisleymuster in Bordeauxrot, „Soraya“ erinnert mit Ornamenten und seinem Farbverlauf an die Gewürzstände auf einem Basar. Noch exotischer wird es im Segment Bekleidungsdamaste. Bereits seit DDR-Zeiten liefern die Auer hochwertige Stoffe nach Westafrika, die dort vor Ort zu traditioneller Kleidung weiterverarbeitet werden. 30 bis 40 Prozent des Umsatzes von rund 18 Millionen Euro macht laut Bauer das Geschäft mit den sogenannten „Boubous“ für Länder wie Nigeria, Mauretanien, Mali oder den Senegal aus.

Nach Familienverfassung arbeiten

„Die Stoffe müssen einen besonderen Glanz und eine ganz eigene Griffigkeit aufweisen. Zudem sind die Designs von Land zu Land unterschiedlich“, erklärt der Geschäftsführer das schwierige Geschäft, das sein Vater Alexander einst auf der Leipziger Messe ankurbelte. Die Zukunft gehört allerdings auch in Aue den technischen Textilien. „Derzeit liegt der Anteil zwischen fünf und zehn Prozent, das wollen wir ausbauen“, so Michael Bauer. Damit liegt das Unternehmen im Trend.

Mittlerweile erwirtschaftet die ostdeutsche Textilindustrie die Hälfte des Jahresumsatzes von 1,8 Milliarden Euro mit technischen Textilien. Knapp ein Drittel entfällt laut Verband der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie (vti) auf Heimtextilien, etwa 20 Prozent auf Bekleidung. Dass sich die Branche wieder im Aufwind befinde und 2015 ein Umsatzplus von sieben Prozent verbuchen konnte, verdanke sie der konsequenten Ausrichtung auf technische Textilien, sagt vti-Hauptgeschäftsführer Bertram Höfer. „Schwankungen im traditionellen Segment mit einem weiteren Standbein in diesem Bereich auszugleichen, ist daher der richtige Weg.“

Curt Bauer produziert bislang unter anderem Laderaumabdeckungen für Autos oder Thermosystemgewebe beispielsweise für die Kühltheke im Supermarkt. „Langfristig nur auf Haustextilien zu setzen, wäre tödlich“, sagt Michael Bauer. Daher arbeiten die Auer an neuen Produktideen und Vertriebswegen in diesem Bereich, vorneweg Sohn Ralph. Den 37-Jährigen hat die Leidenschaft für Textilien ebenso gepackt wie seine Schwester Claudia (36). Dass sie aber eines Tages die fünfte Generation bei Curt Bauer werden, sei kein Automatismus, betont der Vater. „Wir haben eine Familienverfassung, in der die Übertragung genau geklärt ist. Aber beide müssen sich beweisen.“ Da haben es die vier Enkelkinder leichter, um vor den Augen des Firmenchefs zu bestehen. Als Models für das Cover des aktuellen Kinderbettwäsche-Katalogs mussten sie nur eines: lachen. (dpa)