Von Ulrike Kirsten
Die anfängliche Skepsis ist schnell Neugier und langen Gesprächen gewichen. „Ich war erst zögerlich, aber das war rasch verflogen“, sagt Lily Wachs. Drei Nächte lang hatten die Studentin und ihr Freund den Regisseur Philipp Döring während des Filmfestes 2012 zu Gast, inklusive Freundin und Sohn des 37-Jährigen. „Unser Wohnzimmer wurde kurzerhand zum Schlafzimmer für Philipp und seine Familie“, sagt die junge Neustädterin.
Auch in diesem Jahr sucht der Veranstalter des Filmfestes Dresden wieder nach Gastgebern in den Stadtteilen Neustadt, Altstadt und Pieschen, die die Aktion „Kurzbesuch“ unterstützen und während des Kurzfilmfestivals vom 14. bis 19. April Filmschaffende bei sich aufnehmen möchten. Ob in einer Wohnung oder WG – wer ein Bett oder Sofa, möglichst in einem Zimmer frei hat und Filmschaffende wie Regisseure, Produzenten, Kameramänner oder Drehbuchautoren aus der ganzen Welt nicht nur im Kino bei den Filmgesprächen sehen, sondern auch in den eigenen vier Wänden begrüßen will, hat dazu nun Gelegenheit.
Wer bei der Aktion mitmacht, erlebt dabei oft so manche Überraschung. Wie Lily Wachs. Die räumliche Enge in der kleinen Neustädter Wohnung ist dabei kein Problem gewesen. „Man macht sich ja vorher so seine Gedanken, wie das ist, mit einem Regisseur zusammenzuwohnen“, sagt die 27-Jährige. „Wir haben uns aber von Beginn an super verstanden. Philipp ist bodenständig und hat keine Allüren. Am meisten hat mich erstaunt, dass so ein lockerer Typ einen so ernsten Film macht.“
Für sein Werk „Nagel zum Sarg“, einen Film über Schuld und Gerechtigkeit, erhielt der Regisseur beim Filmfest Dresden 2012 den Filmförderpreis der Kunstministerin. „Die Zeit war sehr interessant und überhaupt nicht anstrengend. Am Morgen sind wir bei einem guten Frühstück gemeinsam in den Tag gestartet, am Abend waren wir feiern“, sagt Lily Wachs. Aus dem Kurzbesuch ist eine Freundschaft erwachsen. „Wir sehen uns seitdem zu jedem Filmfest“, sagt Lily Wachs. „Als Dankeschön für die Gastfreundschaft der Teilnehmer gibt es Gutscheine, um gemeinsam mit Familie und Freunden Filmvorstellungen in der Festivalwoche zu besuchen, sagt Anika Schmidt, die für die Gästebetreuung während des Filmfestes verantwortlich ist. „Wir erwarten rund 400 Fachgäste. Viele suchen sich eigene Unterkünfte, aber die Aktion lief bisher immer sehr gut. Gastgeber aus den Vorjahren haben sich auch in diesem Jahr bereits wieder gemeldet.“
Lily Wachs wird in diesem Jahr allerdings nicht zur Gastgeberin. „Ich bin regelmäßig beim Filmfest aktiv und arbeite selbst mit in diesem Jahr. Da schaffe ich es einfach nicht. Wenn man schon einen Kreativen aus der Filmbranche auf Kurzbesuch hat, möchte ich schon auch Zeit mit demjenigen verbringen.“
Informationen zur Anmeldung für die Aktion „Kurzbesuch“ gibt es auf www.filmfest-dresden.de. Bewerbungen werden bis zum 23. März entgegengenommen.