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Betrugsskandal? Kein Thema

Thomas Müller ist zu einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt, führt aber einen Jugendverein in Weißig. Das scheint niemanden zu stören.

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© Ove Landgraf

Von Kay Haufe

Vor genau einer Woche ist der frühere Chef des Stadtjugendringes und der Kindervereinigung, Thomas Müller, vom Amtsgericht Dresden wegen Betruges verurteilt worden. Der 55-Jährige hat die Stadt und Kindervereine um eine sechsstellige Summe gebracht. Angeklagt war er auch wegen Bestechlichkeit und Urkundenfälschung. Doch die meisten Korruptionsfälle waren inzwischen verjährt.

Interessant ist, dass Herr Müller der Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Jugend im Schönfelder Hochland ist. Dieser betreibt in Weißig ein Kinder- und Jugendhaus, eine Sternwarte in Gönnsdorf und berät Jugendclubs in Pappritz, Schönfeld und Eschdorf. Das Geld dafür kommt vom Jugendamt. Und für Baumaßnahmen auch aus dem Verfügungsfonds der Ortschaft. Dieser hat unter anderem den rund 95 000 Euro teuren Abwasseranschluss des Kinder- und Jugendhauses (KJH) bezahlt. Ein Projekt unter Leitung von Thomas Müller, das sich im Vergleich zur Planung erheblich verteuerte. Außerdem bekam der Müller-Verein 86 000 Euro vom Ortschaftsrat für die Sanierung des alten Melkhauses am KJH. Auch dieses Vorhaben wurde deutlich teurer als zunächst geplant.

Dazu muss man wissen, dass Müller in früheren Jahren auch dafür gesorgt hat, dass bestimmte Firmen mit Abriss- und Sanierungsarbeiten beauftragt wurden, für die er im Gegenzug als Berater Geld kassierte. Zwei an dem Korruptionsfall beteiligte Komplizen aus Baufirmenwaren 2011 wegen Bestechung zu Geldstrafen verurteilt worden. Bei Müllers Verurteilung hatte der Richter noch gemutmaßt, der Angeklagte sei heute nicht mehr in der Lage, vergleichbare Taten zu begehen. Am Montagabend sollte sich der Verein zur Förderung der Jugend im Ortschaftsrat vorstellen und über seine Arbeit berichten. In der Tagesordnung waren dafür Thomas Müller und eine Vertreterin des Jugendamtes angekündigt. Doch keiner von beiden erschien. Stattdessen übernahm die stellvertretende Vorsitzende Renate Franz die Präsentation. Sie nahm mit keiner Silbe Bezug auf den Vereinsvorsitzenden. Und was noch erstaunlicher war: Auch kein einziger Ortschaftsrat wollte wissen, wie es um den Vereinsvorsitz bestellt ist. Ob dieser neu besetzt werden soll oder was genau geplant ist. Stattdessen hörte der Rat, dass der Verein derzeit maximal acht Mitglieder hat. Genau wusste es Renate Franz nicht. Wie viele Kinder und Jugendliche derzeit betreut werden, wurde auch nicht gesagt.

Ortsvorsteherin Daniela Walter (CDU) hat auf SZ-Anfragen, wie man jetzt mit der Personalie Müller umgehe, nicht geantwortet. Und auch auf eine Stellungnahme des Jugendamtes wartet die Sächsische Zeitung seit vergangenem Mittwoch vergeblich.

„Wir hoffen, dass wir in einer Sondersitzung in der kommenden Woche mehr darüber erfahren“, sagt Joachim Kubista, der für die SPD im Hochland-Ortschaftsrat sitzt. Renate Franz bat um Nachsicht. Man rede gerade über das Thema, habe aber noch keine Lösung gefunden.