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Betrug per Telefon

Unseriöse Strom- und Gas-Anbieter geben sich als Mitarbeiter der Stadtwerke aus. Nicht jeder fällt darauf herein.

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© Ralph Schermann

Von Ralph Schermann

Görlitz. Das war knapp: Als der freundliche Mann am Telefon alle Daten noch einmal langsam wiederholt und Karl-Heinz Kammler auffordert, nach jedem Detail laut und deutlich „Ja“ zu sagen, wird dem Angerufenen klar: Hier soll mit Tonaufzeichnung ein verbindlicher Vertrag abgeschlossen werden. „Nein“, sagt er, fordert alles schriftlich und bricht das Gespräch ab.

Das war am 27. September. Seitdem hat Karl-Heinz Kammler von dem Mann nichts mehr gehört. Dafür von einer Frau. Fast auf die Minute genau ebenfalls um 9.15 Uhr rief sie am 6. Oktober an. Wollte der Mann, der sich Lukas Stein nannte, ihn noch zu einem Wechsel des Gasanbieters überreden, bot die Frau als angebliche Stefanie Meier nun neue Stromlieferverträge an. Diesmal ließ sich der in Biesnitz wohnende Mann auf nichts ein und legte gleich auf.

„Schlimm genug, dass ich beim ersten Mal schon Kunden- und Zählernummern herausgegeben habe“, ärgert er sich. „Dabei sollte ich es doch besser wissen“, sagt Karl-Heinz Kammler und erzählt, dass er bereits vor längerer Zeit einmal mit solchen Angebotsdrückern zu tun hatte. Damals ging es um angebliche Kundenbefragungen, die in den Verkauf von Zusatzgeräten für den Fernsehempfang mündeten.

Das rät die Polizei

Lassen Sie sich nicht auf lästige Werbeanrufe ein. Legen Sie einfach auf!

Erhalten Sie unerlaubte oder nicht gewollte Werbeanrufe, notieren Sie sich Datum, Uhrzeit und den angeblichen Grund des Anrufs sowie Namen, Unternehmen und Rufnummer des Anrufers. Fragen Sie den Anrufer danach. Wenden Sie sich mit diesen Informationen an Ihre örtliche Verbraucherzentrale.

Am Telefon abgeschlossene Verträge sind gültig! Wenn Sie eine Auftragsbestätigung erhalten, obwohl Sie lediglich der Zusendung von Informationsmaterial zugestimmt haben, widerrufen Sie umgehend per Einschreiben.

Geben Sie nie Ihre Kontonummer preis und stimmen Sie auch nicht der Nutzung Ihrer Telefonnummer für Werbezwecke zu. Falls Sie es doch einmal tun: Ein einmal gegebenes Einverständnis können Sie jederzeit widerrufen.

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Die Anrufer sind geschult darin, ihre Angebote den Leuten schmackhaft zu machen und keine Zeit zum Nachdenken zu lassen. Dabei schrecken sie auch vor Betrug nicht zurück: „Beide Anrufer meldeten sich als Beauftragte der Görlitzer Stadtwerke“, berichtet Karl-Heinz Kammler. Erst später kam er drauf, dass das einen Haken haben könnte: „Wenn es wirklich Stadtwerker wären, dann bräuchten die mich doch eigentlich nicht erst nach meiner Kundennummer zu fragen!“

Stimmt genau, heißt es bei den echten Stadtwerken Görlitz. Deren Sprecherin Belinda Brüchner hört in diesen Tagen oft von solchen dubiosen Anrufen, bei denen sich Werber als Beauftragte der Stadtwerke Görlitz oder Weißwasser sowie der Energieversorgung Sachsen-Ost (Enso) ausgeben. Sie geht allen Hinweisen nach. Die Stadtwerke helfen jenen, die sich einen falschen Vertrag haben aufschwatzen lassen, mit dessen Stornierung oder Kündigung. Auch Mitarbeiter der Verbraucherzentralen raten bei Anrufen werbender Art immer zur Vorsicht. Nie sollte per Telefon gegenüber Unbekannten irgendetwas bestätigt oder gar gleich abgeschlossen werden, auch wenn die Karl-Heinz Kammler vorgegaukelte jährliche Einsparung von Strom- und Gaskosten von mindestens 310 Euro ziemlich verlockend klingen mag. Wenn überhaupt, dann sollte man sich höchstens ein schriftliches Angebot zuschicken lassen. Für ein solches aber ist es keinesfalls nötig, Kunden- oder Zählernummern herauszugeben. „So etwas würden wir am Telefon auch nie abfordern“, sagt die Görlitzer Stadtwerkesprecherin.

Es sind meist tatsächliche Energieanbieter, die sich für ihre Werbung nicht immer seriöser Firmen bedienen. Diese werden auf Provision bezahlt, sind also bestrebt, möglichst viele Abschlüsse zu erreichen – koste es, was es wolle. Doch dafür schrecken sie mitunter vor unlauteren Methoden nicht zurück. Das erlebte auch der in der Südstadt wohnende Heinz Konrad. „Bei mir meldete sich eine Frau Meier und stellte sich als Unterabteilung der Stadtwerke vor. Es ginge um preisgünstigere Stromverträge, und weil das Interesse daran groß sei, hätte sie nur zwei Minuten Zeit für jedes Telefonat. Ich solle mich daher beeilen und schnell Kunden- und Konto-Nummern heraussuchen.“ Heinz Konrad verständigte die Stadtwerke über das Kundenbüro in der Theaterpassage. „Dort kannte man wohl schon die mutmaßlichen Anbieter, und sie wollten sich drum kümmern.“ Seitdem hat auch Heinz Konrad nichts mehr von den Anrufern gehört.

Die in den Telefon-Displays angezeigte Rufnummer war in allen Fällen gleich. Die angeblichen Stadtwerker telefonierten aus dem Großraum Frankfurt/Main. Wer die mit 069 beginnende Nummer wählt, gerät in eine Warteschleife, die bittet: „Legen Sie nicht auf. Es ist gleich jemand für Sie da.“ In mehreren Tests war genau das auch nach zehn Minuten noch nicht der Fall, während lediglich der Gebührenzähler unerbittlich weiterlief. Wer hinter der Rufnummer steckt, wollten bisher scheinbar schon viele Betroffene wissen. Denn allein Clever Dialer, einer von zahlreichen Auskunftsdiensten, bescheinigt innerhalb von vier Wochen 145 Anfragen nach dieser Nummer. Vergeblich, denn es gibt keine Auskunft, womit sich die Telefonwerber einen weiteren Gesetzesverstoß leisten. Karl-Heinz Kammler und Heinz Konrad ist das mittlerweile aber egal. Beide betonen für die Zukunft: „Beim nächsten solchen Anruf wird gleich aufgelegt.“

Bei Verdacht auf unlautere Strom-, Gas- oder Wasservertragsangebote wenden Sie sich an die Stadtwerke Görlitz, Kundenbüro Theaterpassage, Telefon 0358133535

www.stadtwerke-goerlitz.de